Lasst uns ueber Liebe reden
wickelte mit ihren Essstäbchen Nudeln auf. Seit der Nate-Porträtserie vom
letzten Dezember hatte sie nichts Neues mehr gemalt. Damals hatte sie sein
Gesicht in allen möglichen Stilrichtungen verewigt. Sie hatte einen
Picasso-Nate, einen Monet-Nate, einen Chagall-Nate, einen Dali'-Nate, einen
Warhol-Nate und einen Pollock-Nate gemalt.
Aber
nachdem Nate ihr das Herz gebrochen hatte, hatte sie die Bilder in einem
Mülleimer auf der 99. Straße verbrannt. Es war ein reinigender Moment gewesen,
eine Katharsis: Ihre Liebe war zu Asche verglüht. Im Nachhinein bereute sie es,
die Asche nicht aufgehoben und zu einem anderen Kunstwerk verarbeitet zu haben
- einem Selbstbildnis oder einem tröstlichen Meerespanorama -, aber jetzt war
es zu spät.
Elise nahm
sich sogar noch ein Dim Sum. »Malst du mich auch mal?«, fragte sie.
Jenny warf
einen Blick durchs verdreckte Wohnzimmerfenster auf das Schneegestöber
draußen. Die Flocken wirbelten so dick vom Himmel, dass es aussah, als würden
da oben gigantische Daunenkissen explodieren. »Klar.« Sie stand auf, um ihre
Malsachen zu holen. Es war ja nicht so, als hätte sie was Besseres zu tun.
»Geil!«
Elise warf den Rest ihres Dim Sums in den Karton zurück, knöpfte sich ihre zu
enge Seven-Jeans auf, zerrte den rosa GAP-Pulli über den Kopf und zog auch
gleich ihr Bustier mit aus. Als Jenny mit einer weißen Leinwand und ihren
Ölfarben zurückkehrte, hatte sie sich schon auf dem Sofa in Positur gelegt, die
Spitzen ihrer störrischen blonden Haare kitzelten ihre sommersprossigen
Schultern, und sie war splitternackt.
»Was wird
das denn?«, fragte Jenny entgeistert.
Elise
streckte die Arme über den Kopf und schmiegte sich in die Kissen. »Ich wollte
schon immer mal nackt gemalt werden«, sagte sie. »Du weißt schon, wie in
>Titanic<.«
Jenny
setzte sich ihr gegenüber im Schneidersitz auf den Boden und tauchte den Pinsel
in die Farbe. »Na gut.« Sie betrachtete ihr übereifrig aufreizendes Aktmodell
mit gerunzelter Stirn.
Vielleicht
war ihre neue Freundin doch nicht so unsicher, wie sie geglaubt hatte. Und
dafür um einiges verrückter.
manche mögen's heiß
Blair saß
an einem Ecktisch in der Bar des Red, dem neuen romantischen Boutique-Hotel in
der Perry Street, trank einen Absolut mit Tonic und vermied jeden Blick auf den
Fernseher, wo der Metro Channel gerade Impressionen von der Fashion Week
brachte. Es war wie verhext. Jedes Mal, wenn sie zufällig doch hochguckte,
tänzelte gerade Serena in ihrem Schulrock und diesem bescheuerten »I Love
Aaron«- T-Shirt bei Les Best über den Laufsteg. Selbst hier in der Bar hörte
sie die Leute wispern: »Wer ist sie?« und »Wer ist Aaron?« Blair hätte vor
lauter Wut die mit rotem Samt bespannten Wände hochgehen können.
»Diesmal
hab ich meine Yale-Krawatte an«, sagte Owen mit viel sagendem Grinsen, als er
die Bar betrat. Er trug einen beigen Burberry-Trenchcoat und einen schwarzen
Hut, mit dem er noch umwerfender und männlicher aussah als bei ihrer ersten
Begegnung. Er rutschte neben Blair auf die rote Samtbank und küsste sie auf die
Wange. Sein Gesicht war kühl und feucht vom Schnee draußen, und als sie seine
Haut spürte, durchlief sie ein Prickeln von den Zehen bis zu den Haarspitzen.
»Hallo, Schönheit!«
Blair
vergaß Serena. Schlagartig. Sie hatte ein Date mit einem sexy älteren Mann, der
sie »Schönheit« nannte. Ätsch!
»Hi.« Sie
spielte nervös an ihrem schmalen Rubinring. »Es tut mir Leid, dass ich Sie an
so einem Abend vor die Tür locke. Mir war bloß so... langweilig.«
Die
Kellnerin kam an den Tisch und Owen bestellte einen Martini mit Bombay Sapphire
Gin. Er zog eine Schachtel Marlboro Lights aus dem Jackett, steckte sich zwei
Zigaretten zwischen die Lippen, zündete beide an und gab eine an Blair weiter.
Die dunklen Brauen sorgenvoll zusammengezogen, sah er sie mit seinen
durchdringenden blauen Augen an. »Aber es ist doch alles in Ordnung? Oder haben
Sie ein Problem?«
Ein Problem? Blair zog nachdenklich an ihrer Zigarette. Wenn man es
als Problem bezeichnen wollte, dass sie in den verheirateten Mann verknallt
war, der das zweite Yale- Bewerbungsgespräch mit ihr geführt hatte, lautete die
Antwort: Ja. Sogar ein gewaltiges. »Könnte sein«, antwortete sie
zurückhaltend. »Und Sie?«
Die
Bedienung brachte Owen seinen Martini. Er fischte die grüne Olive heraus, aß
sie und wischte sich mit der Cocktailserviette über die Lippen. Ein Hauch von
Bartstoppeln umschattete sein
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