Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
balancierte er seine
zarte Teetasse. »Keine Chance. Ich habe vorgefühlt, aber er ist für niemanden
von deiner Spezies zu sprechen.«
    Raoul beugte sich vor und sah Quass interessiert ins Gesicht. »Du
hast noch ein As im Ärmel, ich sehe es dir an. Spuck ’ s
aus.«
    Â»Raoul, alter Freund«, der Drache rührte in seiner Tasse, »du weißt,
ich bin ein altes und gerissenes Reptil. Und du hast mich in ein Xanass gedrängt. Das gefällt mir übrigens immer noch nicht,
mein Lieber. Das war ein unfeiner Schachzug.«
    Raoul nickte nachdenklich. »Das war es. Soll ich mich dafür
entschuldigen? Brad hat mir auch schon Vorhaltungen gemacht.«
    Â»Brad!« Quass ließ Funken aus seinen Nasenlöchern stieben. »Dein
Daimon wird langsam unverschämt, Freund Raoul. Er hat mich vier geschlagene
Monate deiner Gesellschaft beraubt! Das dulde ich nicht!«
    Â»Ich werde es ihm ausrichten.«
    Karla stellte ihre Tasse ab. »Gibt es hier ein Badezimmer?«
    Quass winkte mit der Klaue. »Geradeaus, dritte Tür links. Lassen Sie
sich ruhig Zeit, meine Liebe. Möchten Sie vielleicht ein Bad nehmen?«
    Karla blinzelte mehrmals verblüfft, lächelte dann und schüttelte den
Kopf. »Nein, danke. Ich bin frisch geduscht.«
    Â»Quass!«, sagte Raoul. »So etwas bietet man einer Dame nicht an!«
    Â»Du hast dieses Angebot gelegentlich gerne angenommen«, erwiderte
der Drache erstaunt und unerschütterlich.
    Karla verließ die Bibliothek und die sich leise und freundschaftlich
streitenden Männer und lehnte sich einige Atemzüge lang an die geschlossene
Tür. Sie lachte in sich hinein. Was für ein Typ, dieser Quass! Sie kannte bis
auf ihn keine Drachen persönlich und war in keiner Weise auf das vorbereitet
gewesen, was sie heute erlebt hatte. Er war beeindruckend, skurril, mit
vollendeten Manieren und gleichzeitig von exquisiter Unverblümtheit. Sie konnte
sich lebhaft vorstellen, dass Raoul seine Gesellschaft genoss – und umgekehrt.
    Das Gästebad war größer und weitaus luxuriöser ausgestattet als das
Badezimmer ihrer alten Wohnung. Quass ’ Angebot, ein
Bad zu nehmen, war kein Witz gewesen. Karla bewunderte die große, in den Boden
eingelassene Wanne und das Arsenal an Ölen, Badezusätzen, Seifen und
Duftwässern, das rundherum arrangiert war. Ein Stapel flauschiger Handtücher,
mehrere Bademäntel und ein breites Sofa vervollständigten das Angebot. Karla
erlag beinahe der Verlockung, sich ein heißes Schaumbad und danach ein
Schläfchen zu gönnen.
    Bedauernd kehrte sie der Pracht den Rücken, wusch sich nur die Hände
und verließ das Badezimmer. Sie konnte die gedämpften Stimmen der Männer hören,
leises Lachen, das melodische Klingeln von Gläsern.
    Quass von Deyen besaß eine überwältigende Präsenz, die davon
ablenkte, was er eigentlich war: ein Drache. Vor Urzeiten hatten die Drachen
diese Welt beherrscht – lange bevor der erste Mensch den aufrechten Gang
probiert hatte. Wenn man Quass plaudernd und teetrinkend in seiner Bibliothek
erlebte, vergaß man ganz schnell, was er wirklich war. Karla hatte einen
flüchtigen Blick auf das riesige, vieldimensionale, aus dem Æther nur teilweise
in diese Welt ragende Drachenwesen werfen können, als sie die Bibliothek zum ersten
Mal betreten hatte. Sein Körper hier war nur eine dreidimensionale Illusion, um
mit den in ihrer Wahrnehmung begrenzten Menschenwesen interagieren zu können.
    Karla wandte sich kurz entschlossen ab. Der Drache war abgelenkt,
sie konnte sich ein wenig umsehen.
    Die erste Tür, die sie öffnete, führte in einen saalähnlichen,
nahezu unmöblierten Raum. Durch die großen Fenster strahlte die untergehende
Sonne herein und tauchte alles in ein unwirkliches Licht. Kristalllüster glitzerten
wie Diamanten. Karla kniff die empfindlichen Augen zusammen und schloss hastig
die Tür. Ein Ballsaal? In einem Penthouse auf dem Dach eines Bankgebäudes, das
einem Drachen gehörte? Wie absurd!
    Kopfschüttelnd öffnete sie eine Tür auf der anderen Seite.
Wohltuende Dunkelheit, dicht geschlossene Vorhänge. Die Umrisse eines Bettes
schälten sich aus dem konturlosen Dunkel, in der Ecke schien ein großer Schrank
zu stehen, am Fenster ein Tisch. Ein Schlafzimmer – womöglich für einen Gast.
    Die nächste Tür führte in einen weiteren Korridor. Karla

Weitere Kostenlose Bücher