Last days on Earth
Zeit. Erfreut dieses Bild nicht auch
Ihre Sinne, Frau van Zomeren? Wäre es nicht an der Zeit, diesem maroden Globus,
der unter der Last seiner Bewohner ächzt, in den Zustand der Unbeflecktheit und
Jugendfrische zurückzuversetzen?«
Karla lieà sich wieder in ihren Sessel sinken und trank einen
Schluck Wasser, um ihre Sprachlosigkeit zu überspielen.
»Was soll das?«, fragte Raoul scharf, »Quass, du redest irre!«
Der Drache lachte. »Ihr Menschen«, sagte er, »nehmt euch so
schrecklich wichtig. Was wollt ihr von mir wissen? Ob ich ein verrückter
Wissenschaftler bin, der vorhat, die Erde und ihre Bewohner pünktlich zum
Jahreswechsel in die Luft zu jagen?«
»Hör auf, dich lustig zu machen«, sagte Raoul müde. »Quass, wir
haben Hinweise gefunden, dass jemand genau so etwas plant. Seit Jahrzehnten.
Jemand mit einem sehr langen Atem. Mit unendlich groÃer Geduld und unerschöpflichen
finanziellen Mitteln. Jemand, der die organischen Geschöpfe dieser Welt hasst.
Jemand, der möglicherweise einmal einen groÃen Einfluss hatte und sich nun
seinen Platz mit anderen teilen muss â und dem das nicht gefällt.« Er
verstummte und starrte in sein Glas.
Der Drache lieà ein amüsiertes Grunzen hören. Sein Blick, der immer
noch auf Karla geruht hatte, schwenkte zu Raoul. »Und du denkst, ich wäre
derjenige?«
»Nein«, sagte Raoul heftig. »Das denke ich nicht. Ich kenne dich,
Quass. Du gibst gerne den Zyniker, aber in deinem Herzen, falls du so etwas
besitzt, bist du ein Menschenfreund.«
»Oh«, murmelte der Drache pikiert. »Ich möchte dich bitten, solch
eine ÃuÃerung niemals in der Ãffentlichkeit zu tätigen. Das ist rufschädigend.«
Karla schenkte Raoul einen Seitenblick mit hochgezogener Braue und
wandte sich wieder an Quass: »Was ist das für eine Maschine in Ihrem
Arbeitszimmer?«
Der Drache stieà eine verblüfft wirkende kleine Rauchwolke aus. »Sie
sind aber wirklich eine emsige Schnüfflerin, junge Frau«, sagte er. »Es grenzt
an Unverschämtheit, was Sie hier aufführen.«
»Ja, und das tut mir in gewisser Weise auch leid«, erwiderte Karla.
»Sie sind Raouls Freund, und ich nutze Ihre Gastfreundschaft aus â¦Â«
»Sie überdehnen sie schamlos, wollten Sie sagen«, unterbrach der
Drache.
Karla vergaà die Regeln und erwiderte seinen Blick direkt. Tief in
den kugeligen violetten Augen strahlte ein helles, schmerzhaft scharfes Licht,
das sie erstarren lieÃ. Etwas packte ihren Verstand mit unbarmherzigen Klauen.
Karla wehrte sich schwach gegen die Sondierung, aber das machtvolle
Drachenwesen war zu stark für sie. Ihr Bewusstsein wurde seziert, begutachtet
und wieder zusammengesetzt, dann gab der Drache sie frei. Karla sank zusammen.
»Was hast du mit ihr gemacht?«, hörte sie Raoul in weiter Ferne
rufen.
»Nichts, was dauerhafte Schäden hinterlässt«, antwortete Quass. »Du
kennst die Prozedur. Sie ist ein wenig unangenehmer, wenn man sich ihr nicht
freiwillig aussetzt, das gebe ich zu. Aber ich habe nur das mit ihr gemacht,
was sie zuvor mit meinem Privatissimum getrieben hat. Eine oberflächliche
Durchsuchung.«
Karla schüttelte den Kopf, um die Benommenheit loszuwerden, und
richtete sich wieder auf. »Könnte ich etwas zu trinken bekommen?«
Quass nickte und schenkte ihr eine groÃzügige Portion aus der
staubigen Cognacflasche ein. Karla, die Cognac hasste, kippte ihn mit
Todesverachtung hinunter und ignorierte das Ãchzen, das aus Raouls Kehle kam.
»Gut, damit wären wir wohl quitt«, sagte sie und blickte auf die Nüstern
des Drachen. »Was ist das für eine Maschine?«
»Hartnäckig, deine Freundin«, sagte Quass amüsiert. »Was denken Sie,
was es sein könnte?«
Karla stützte das Kinn in die Hand. Der Cognac hatte ein warmes
Feuer in ihrem Magen entzündet und füllte ihren Mund mit einem angenehmen Aroma
von Holz und Orangen. »Sie beschäftigen sich mit Magie. Ich habe die Bücher in
Ihrem Arbeitszimmer gesehen â das waren keine Sammlerstücke.«
»Richtig.«
Karla bemerkte den verwunderten Blick, den Raoul seinem Freund
zuwarf. Hatte er das nicht gewusst? Er öffnete den Mund, als wollte er etwas
sagen, schüttelte dann aber den Kopf. Sein Blick wanderte von Quass zu Karla
und wieder zurück.
Karla fuhr fort. »Bei
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