Last days on Earth
Fähigkeit, sich zu verbreiten. Ein einzelnes Mem braucht sehr lange,
um sich in vielen Gehirnen zu verankern â ein Memplex schafft das unter
Umständen rasend schnell. Und er wächst.«
»Es wäre gefährlich, so etwas künstlich zu erzeugen«, sagte Karla
nachdenklich. »Wer Memplexe herstellen kann, kann damit Gedankengebäude erzeugen,
die Gültigkeit erlangen. Religionen, Kulte, Weltanschauungen â¦Â« Sie
schnappte nach Luft. »O nein«, sagte sie. »Bei Thors Testikeln!«
Raoul legte das Gesicht in die Hände. »Die Weltuntergangsstimmung.«
Er atmete langsam ein und wieder aus. »Es besteht also die Möglichkeit, dass so
ein Memplex-Generator das alles erzeugt?«
»Nicht die Katastrophen selbst«, erwiderte Karla. »Die müssen immer
noch auf anderem Wege bewirkt werden. Aber dabei hilft dann wieder die
Sheldrake-Energie â und so ein Generator müsste unglaubliche Mengen davon
erzeugen.«
Sie schwieg und starrte ins Kaminfeuer. Die Reflexe der Flammen in
den violetten Augen des Drachen schmerzten in ihrem Kopf. Seine
Bewusstseinsvisitation hatte sie ordentlich durchgeschüttelt und einen kleinen,
penetranten Schmerz hinter den Augen hinterlassen. Sie rieb unwillkürlich über
ihre Stirn. Was hatte er gesehen? Musste ihr irgendetwas davon peinlich sein?
Ja. Wenn er wirklich gesehen hatte, was in den letzten Monaten alles mit ihr
geschehen war, dann war das sogar ungeheuer peinlich.
Sie hob den Blick und zwang sich, dem Drachen gerade in die Augen zu
sehen. Was haben Sie gesehen?, fragte sie lautlos.
Die Bürgschaft, die Raoul für Sie abgegeben hat , wäre nicht nötig gewesen, erwiderte der Drache. Seine Stimme
dröhnte in ihrem Kopf wie eine Glocke. Ich habe das nur
getan, um seine Einstellung zu Ihnen zu überprüfen. Sie sind ein
bemerkenswertes Exemplar Ihrer Spezies. Wenn er Sie seine Freundin nennen darf,
ist er zu beneiden.
Karla senkte den Blick, der Gedankenkontakt brach ab. Sie legte die
Hände an die Wangen. »Wer hat diesen Generator gebaut?«, fragte sie.
Quass antwortete nicht. Er blies kleine Flammen in den Kamin und sah
zu, wie sie sich mit dem Feuer verbanden.
»Quass«, sagte Raoul eindringlich. »Du musst uns helfen. Wenn du
nicht selbst dahintersteckst, dann ist es möglicherweise ein anderer Drache. Du
kannst nicht wollen, dass die Welt untergeht!«
Der Drache seufzte einen langen FeuerstoÃ, der das Kaminfeuer
geradezu explodieren lieÃ. Weit über ihren Köpfen sprang ein Lüftungssystem an
und saugte die Flammen ab. »Lass mir Zeit, darüber nachzudenken«, bat er. »Der
Mensch, der den Generator gebaut hat, ist ein wenig scheu. Ich möchte ihn nicht
unnötigerweise exponieren.«
Karla knurrte frustriert. »Ist er ein Hexer oder ein Dunkelmagier?«
»Weder â noch.«
»Das geht nicht. Er muss der einen oder der anderen â¦Â« Karla
unterbrach sich. »Ein Versatiler?«
Der Drache bestätigte ihre Vermutung weder, noch dementierte er sie.
Er schwieg und atmete Flammen. »Ich bin müde«, sagte er. »Gesellschaftsmüde.
Seid so freundlich, Raoul und Raouls Freundin, und geht.«
Raoul erhob sich und griff nach Karlas Arm. Sie folgte ihm
widerstrebend. »Wenn er weië, flüsterte sie, »wer dahinterstecken
könnte â¦Â«
»Lass ihn.« Raoul drückte besänftigend ihre Hand. »Er wird uns
helfen.«
Sie gingen zur Tür, und kurz bevor sie die Bibliothek verlieÃen,
sagte Quass: »Ich werde eine Gesellschaft geben. Einen Wohltätigkeitsball.
Norxis von Felsenstein wird anwesend sein.«
Raoul blieb auf der Schwelle stehen. »Du bist ein Genie.«
»Ich weiÃ.« Die Stimme des Drachen bebte vor unterdrücktem
Gelächter. »Die Einladungen gehen morgen raus. Ich hoffe, du besitzt einen
Frack, mein Freund. Und Sie ein Abendkleid.«
Die Tür schloss sich hinter ihnen. Der schweigsame Butler wartete
bereits in der Diele und hielt ihre Jacken bereit.
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12. 19. 19. 10. 18.
Sie schwiegen beide, während sie im Aufzug hinunterfuhren.
Als die Tür des Aufzugs aufglitt, sagte Raoul: »Das war eine unbedachte Aktion,
Karla.«
In seiner Stimme schwang keinerlei Vorwurf mit, deswegen reagierte
sie nicht weniger gelassen. »Ich weiÃ. Es war spontan, und es hat Ergebnisse
gebracht.«
Er nickte mit einem Gesichtsausdruck, der
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