Last days on Earth
saà alleine an ihrem Tisch und sichtete ihre Notizen. Sie
blickte auf. »Gehen wir?«
Er berichtete kurz von seiner Begegnung. Karla stand auf und
verstaute ihr Notizbuch. »Wie heiÃt der Typ?«
Raoul schnaubte. »Keine Ahnung.« Er schob Karla durch das Lokal bis
zu der Nische. Der Mann blickte auf und nickte freundlich. »Sie sind also Brads
Bekannte. Sehr erfreut.« Er erhob sich halb und reichte Karla die Hand.
»Karla van Zomeren«, sagte sie und lächelte.
»Libor Wolf«, erwiderte er. »Setzen Sie sich doch.« Er legte das
Buch hin und faltete seine Hände darüber. »Sie haben bei der MID gearbeitet?«
Raoul spürte, wie Karla erstarrte. »Ja«, sagte sie knapp.
Wolf störte sich nicht an ihrer offensichtlichen Zurückhaltung. Er
sagte: »Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass all diese Regelungen
vollkommen unnötige Begrenzungen unserer Fähigkeiten darstellen? WeiÃer Zweig,
Schwarzer Zweig â alles nur Methoden, unabhängig denkende Geister zu
verkrüppeln, sie möglichst schon als Kinder so zu indoktrinieren, dass sie
niemals mehr zu freier Entfaltung ihrer Fähigkeiten kommen â¦Â« Er schüttelte
den Kopf. »Das ist so krank. Unsere schöne Kunst so zu deformieren.«
Raoul warf ihm einen Blick zu, schüttelte leicht den Kopf. Karla saÃ
da und starrte mit angewiderter Miene an Wolf vorbei ins Leere.
»Was macht deine Arbeit?«, fragte Raoul ins Blaue hinein.
Libor Wolf drehte den Kopf und sah ihn verwundert an. »Willst du das
wirklich hier �« Seine plumpe Hand kreiste in der Luft und deutete dabei
auch auf Karla.
Raoul lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Warum nicht?
Wir arbeiten schlieÃlich zusammen.«
Wolfs kleiner Mund formte ein verwundertes O. »Ja«, sagte er dann
zögernd. »Nun gut. Ich habe einige Fortschritte bei der Bündelung der
verschiedenen Phasen gemacht. Du weiÃt, dass es extrem schwierig ist,
Ãtherströmungen zu verfolgen, ohne sie schon durch die Beobachtung zu
verändern. Das macht jede daimonenunabhängige Kommunikation im Ãther so gut wie
unmöglich. Wenn man aber den Schwarzraum anzapft und daraus Energie für die
Ãbermittlung â¦Â«
Karla beugte sich heftig vor. »Sie spielen wahrhaftig mit
Schwarzraumenergie herum? Sind Sie wahnsinnig?«
Libor Wolf blinzelte beleidigt. »Ich spiele nicht herum. Ich bin der
anerkannte Schwarzraumexperte dieses Landes â nein, dieses Erdteils! Sie werden
niemanden finden, der mehr darüber weià als ich. Nur weil der WeiÃe Zweig zu
engstirnig ist, von seinem konservativen Ansatz â¦Â«
»Also bitte«, unterbrach Karla ihn erneut. »Ich bin vielleicht keine
Expertin, aber ich weià genug darüber, um zu begreifen, dass Schwarzraumenergie
vollkommen unkontrollierbar ist. Niemand kann vorhersagen, was alles geschehen
könnte, wenn man daran herumpfuscht!«
»Sie haben keine Ahnung!«, fauchte Wolf. »Schwarzraumenergie könnte
mit einem Schlag eine Menge unserer Energieprobleme lösen. All diese
schmutzigen Atomkraftwerke, die wirklich vollkommen unkalkulierbar und unkontrollierbar
sind â wir haben doch erlebt, was im letzten Jahr in Japan passiert ist, und
das kann jederzeit überall geschehen. Wie viele dieser Kraftwerke sind weltweit
in Betrieb? Wie viele davon sind marode, überaltert, überlastet?«
Karla biss sich auf die Lippe. Raoul wusste, dass ihre Schwester in
so einem Kraftwerk arbeitete und was Karla von den Dingern hielt. Wenn sie Wolf
auch noch so abscheulich fand â sie würde ihm kaum widersprechen.
»Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun«, sagte sie. »Ich halte
ganz sicher nichts von Atomkraftwerken, aber meiner Meinung nach ist
Schwarzraumenergie noch weitaus unkontrollierbarer und gefährlicher.«
»Libor, hast du jemanden im Kollegenkreis, der sich mit Memplexen
auskennt?«, warf Raoul hastig dazwischen.
Wolf erstarrte. Seine Hände schlossen sich um das Buch, und seine
Augen flackerten nach rechts und links. »Memplexe? Nein. Nein, auf keinen Fall.
Das ist nicht mein Gebiet, Brad. Warum fragst du mich so etwas? Oh! Ich habe
völlig vergessen, dass ich noch einen Termin habe. Wichtig. Ich muss dringend
weg.« Er stand so hastig auf, dass der Tisch einen Satz machte, und drückte
sich an Karla vorbei. »War mir ein Vergnügen.
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