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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Wir sehen uns, Brad.«
    Er rannte beinahe zur Tür. Raoul sah ihm nach und seufzte. »Ich bin
ein Idiot.«
    Â»Nein, er ist ein Idiot.« Karla schwang ihren Rucksack über die
Schulter. »Gehen wir. Ich weiß ohnehin nicht, ob die Spur zu den Versatilen uns
wirklich weiterbringt.«
    Vor der Tür war es beinahe schmerzhaft ruhig nach dem Lärm im
Hotchpotch. Die Luft war weich und roch nach Sommer. Sie standen eine Weile nur
da und atmeten. »Ich bin ein wenig erschöpft«, brach Raoul das Schweigen. »Wenn
du nichts mehr vorhast, würde ich gerne nach Hause gehen.«
    Karla wandte ihm das Gesicht zu. Sie musterte ihn und machte dabei
ein zorniges Gesicht. »Ich bin doch …«, rief sie. »Raoul, du hast nichts
gegessen. Nach dem Blutverlust gestern hättest du heute Ruhe und ein paar
ordentliche Mahlzeiten gebraucht – und ich schleife dich den ganzen Tag durch
die Gegend!« Sie griff nach seinem Ellbogen und schob ihn zum Auto. »Fahr zu
Faustina, lass dich abfüttern«, befahl sie. »Danach legst du dich schlafen. Ich
besichtige morgen früh eine Wohnung, danach können wir zusammen frühstücken.
Und wenn du Langeweile hast, sieh dir die Kugel an, die ich aus deiner Schulter
operiert habe. Vielleicht findest du ja etwas über den Schützen heraus.«
    Raoul, der gerade in den Jaguar steigen wollte, hielt inne. »Du
besichtigst eine Wohnung? Warum?«
    Â»Weil ich schon lange genug auf deine Kosten lebe. Meine Ersparnisse
reichen noch, bis ich einen neuen Job gefunden habe. Ich hab schon ein paar
Bewerbungen draußen.«
    Â»Aber du musst nicht …«, widersprach Raoul. Ihm war schwindlig,
und er hielt sich am Türholm fest. »Du musst dir keine teure Wohnung suchen.«
    Â»Ich ziehe jedenfalls nicht in die Villa«, sagte Karla heftig. »Und
es ist auch keine Option, auf ewig in deinem Gästezimmer zu leben. Ich brauche
genauso meine Privatsphäre wie du.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sieh dir zuerst die Wohnung unterm Dach an,
ehe du irgend so ein Loch mietest.«
    Karla ging nicht auf seine Worte ein. Sie musterte ihn mitleidig.
»Du bist ganz blass. Schaffst du es zum Pagliacci, oder soll ich dich fahren?«
    Â»Warum kommst du nicht mit? Du hast auch noch nichts gegessen.«
    Â»Ich suche noch nach jemandem aus der Gens.«
    Raoul sah ihr nach, während ihre schlanke Gestalt in den Schatten
der lichten Sommernacht verschwand. Sie bewegte sich wie eine Nachtgeborene –
im einen Moment konnte er sie noch sehen, dann war sie verschwunden.
    Erst mit ein wenig Verzögerung begriff sein müdes Gehirn, was sie
mit ihren Worten gemeint hatte: Sie war auf der Suche nach einem Vampir, dem
sie ihr Blut und ihre Essentia anbieten konnte. Raoul schlug erbittert auf das
Lenkrad, ehe er den Wagen startete.

 

    12.19. 19. 10. 18.
    Karlas Rat war gut gewesen. Raoul hatte sich gründlich von
Faustina bemuttern lassen und war dann müde und satt nach Hause gefahren.
    Eigentlich hatte er vorgehabt, sich sofort ins Bett zu legen, aber
als er durch den nach Putzmitteln riechenden Hausflur ging, spürte er eine
Nervosität, die wie kribbelnde Ameisen unter seiner Haut saß. Er würde keine
Ruhe finden, also konnte er sich genauso gut noch mit einem Glas Wein und der
verdammten Pistolenkugel in sein Arbeitszimmer zurückziehen. Und nach Brad
fahnden, der ihm geschickt aus dem Weg ging. Raoul konnte seinen Daimon fühlen,
er hielt sich immer ganz knapp außerhalb des Radius auf, in dem Raoul ihn hätte
beim Kragen packen können. Es machte ihn rasend, wie das Gefühl, sich an einer
unerreichbaren Stelle kratzen zu müssen.
    Wenig später drehte er das beschlagene Glas mit einem angenehm
kühlen Pinot Grigio zwischen den Fingern und starrte auf die Kugel hinunter,
die auf einem Blatt Papier vor ihm lag. Das Geschoss war verformt,
»aufgepilzt«, wie er es einmal einen Ballistiker hatte nennen hören. Raoul war
kein Fachmann für Schusswaffen, aber so weit er es erkennen konnte, handelte
sich um ein relativ kleines Pistolenkaliber. Nicht gerade die Waffe eines
Profikillers.
    Mit einem Seufzen stellte er das Glas ab und zog eine Schublade auf.
Er war zu müde, um eine komplexe Untersuchung vorzunehmen, bei der allein die
Vorbereitung mehrere Stunden in Anspruch genommen hätte. Jetzt musste eine
flüchtige erste Ortung genügen.
    Er holte die

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