Last days on Earth
blitzte noch einmal grell auf und verglühte.
Raoul stieà den unwillkürlich angehaltenen Atem aus und lieà sich in
den Schreibtischsessel fallen. Er zog einen Stadtplan aus der Schublade und
pflückte die Kugel aus dem Pentagramm, um sie sie in die Mitte des ausgebreiteten
Plans zu legen. »Jetzt zeig es mir«, murmelte er. Die Kugel begann wild zu
kreiseln, wie eine Kompassnadel, unter die man einen Magneten hält, und tanzte
schlingernd auf dem Plan herum, bis sie endlich auf einem Punkt zur Ruhe kam.
Raoul pflückte sie ab und sah sich den Ort an. Die Patrone hatte
einen kleinen Schmierfleck aus Ruà darauf hinterlassen, und dieser Fleck
bezeichnete erstaunlich präzise â sein eigenes Haus.
Raoul fluchte und begann zu lachen. Die ganze Arbeit für die Katz â
er hatte nichts weiter geschafft, als die Kugel auf sich zu prägen. Das konnte
geschehen, wenn man die Sigille unsauber konstruierte, und wahrscheinlich hatte
er genau diesen Teil des Zaubers verbockt. Er hätte nicht nach dem Auftraggeber
des Killers suchen sollen, sondern nach dem Wurdelak selbst, dann wäre das
Ergebnis wahrscheinlich zufriedenstellender ausgefallen. Aber um das Ritual
erneut durchzuführen, musste er die Kugel zuvor von ihrer Prägung reinigen.
Raoul warf das Projektil wieder zu den anderen Sachen, wo es weiter
vor sich hin kreiselte. Morgen. Er schleppte sich ins Schlafzimmer und lieÃ
seine Kleider liegen, wo er aus ihnen herausgestiegen war, zog die Decke über
sich und schlief schon tief und fest, als sein Kopf das Kissen berührte.
Raoul erwachte aus unruhigen Träumen, weil jemand sich unter
seine Bettdecke schob. Raoul lag ein paar Atemzüge lang starr da und fragte
sich, wo und wer er war und wieso ein offensichtlich weibliches Wesen sich so
unvermutet vertraulich an seine Seite schmiegte. Dann legte er mit
aufdämmernder Erkenntnis seine Hand behutsam auf den Kopf des unerwarteten
Gastes und fragte leise: »Karla?«
Er spürte das Nicken und hörte, dass sie laut und stoÃweise atmete.
Seine Hand glitt an ihrer Wange entlang und erspürte Feuchtigkeit. Er fasste
ein wenig beherzter zu, murmelte tröstende Worte, unsicher, wie er sich
verhalten sollte und was sie von ihm erwartete. Aber allem Anschein nach tat er
das Richtige, denn sie rutschte noch ein wenig näher, barg ihr Gesicht an
seiner Brust und schniefte leise. Raoul brummte, wie er hoffte, beruhigend und
legte behutsam seine Arme um sie. Karla erwiderte die Umarmung, und so lagen
sie da, bis sie ruhig, seine Brust feucht und sein rechter Arm vollkommen eingeschlafen
war.
»Besser?«, sagte er schlieÃlich, als sie sich aufrichtete, nach
einem Taschentuch angelte und ihre Nase putzte. »Was ist passiert?«
Er ahnte ein Kopfschütteln. Ihr helles Haar leuchtete in der
Dunkelheit. Sie schnaubte noch einmal in ihr Taschentuch und sagte: »Danke. Ich
gehe wieder in mein Bett.«
Seine Hand entwickelte ein bemerkenswertes Eigenleben. Raoul sah
verblüfft zu, wie sie sich ausstreckte und nach Karlas Arm griff. »Bleib doch«,
sagte er.
Sie zögerte. Dann seufzte sie und lieà sich zurücksinken. Er legte
sich wieder hin und zog sie an sich. Ihr Kopf lag an seiner Brust, und der Duft
ihrer Haare stieg in seine Nase. Es roch gut, wie Wald im Sonnenlicht.
Er dämmerte weg. Dunkle, gestaltlose Welt, ein See mit spiegelnd
schwarzem Wasser, in dem er versank. Nur sein Herzschlag, sein Atem, das
Rauschen des Blutes in seinen Ohren, dann nichts mehr.
»Du verdammtes Schwein!« Ein Faustschlag traf ihn und warf ihn
zurück. Sein Kopf knallte gegen etwas Hartes, und einen Moment lang sah er nur
Sterne. Er hob die Hände, aber zu langsam. Eine Ohrfeige lieà seine Zähne
aufeinanderschlagen.
»He«, protestierte er. Er war vollkommen orientierungslos. »Du
Drecksack, du verfluchter ScheiÃkerl«, schrie die Stimme, und wieder folgte ein
Schlag, vor dem er sich dieses Mal rechtzeitig wegducken konnte. Seine Hand
fuhr nach oben und packte das Handgelenk der Angreiferin. Sie schrie und wehrte
sich wie eine Besessene.
Seine Erinnerung kehrte zurück. Karla. Sie war es, die auf ihn
einschlug und ihn beschimpfte. Sie waren in seinem Schlafzimmer, in seinem
Bett. Er hatte tief und fest geschlafen, bis â¦
»Karla«, brüllte er und schüttelte sie ein wenig. »Ich bin es!
Raoul!«
Sie wehrte sich noch einen Moment lang, dann erstarb ihr
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