Last days on Earth
zusammen und blieb
schlieÃlich als kleiner Nebelfleck an der Wand eines Containers hängen.
»Dort?«, flüsterte sie. Raoul schnaufte und stemmte die Hände auf
die Knie. Er nickte.
»Saubere Arbeit.« Sie klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.»Kleiner Schnüffelzauber«! Das war die Untertreibung des
Jahres gewesen, dachte sie dabei.
Karla wartete, bis Raoul sich wieder erholt hatte, und lief dann
voraus. Im tiefen Schatten neben der Metallwand blieb sie stehen und beruhigte
ihren Atem. Sie konnte immer noch den Rest des Zaubers sehen, der an der
abblätternden Farbe haftete. In dem Raum dahinter hielt sich möglicherweise der
Mann auf, der ihnen die Killer auf den Hals gehetzt hatte.
Karla legte die Hände auf die Wand und spürte den hässlichen,
scharfen Schwingungen des Metalls nach. Das Metall behinderte sie bei der
Sondierung des Raumes, aber dennoch hätte sie zumindest spüren müssen, ob sich
im Inneren des Containers ein Lebewesen aufhielt. Sie wandte Raoul den Blick zu
und schüttelte den Kopf.
Er lehnte sich neben sie, berührte mit dem Vogelkopf seines Stabes
die Wand und flüsterte ein paar Silben. Der Vogelschnabel flammte grellweià auf
und erlosch wieder. Es roch nach Hitze und glühendem Metall, und ein
Rauchwölkchen stieg von einem kleinen Loch auf, durch das schwaches Licht aus
dem Raum dahinter in die Nacht fiel.
Raoul wartete, bis die Ränder des Loches sich abgekühlt hatten, und
blickte hindurch. Einen Moment lang stand er reglos da, dann hörte Karla ihn
tonlos pfeifen. Er löste sich von der Wand, sah sich um, deutete auf die Tür
des Containers. Karla folgte ihm schweigend. Was auch immer er gesehen hatte,
es hatte ihn wütend gemacht. Seine Schultern in der dunklen Jacke waren
angespannt.
Raoul stieà die Tür auf und trat ein. Er versperrte Karla die Sicht,
aber sie hörte ihn fluchen. Dann stand auch sie in dem Raum und sah sich um: Da
waren mehrere billige Schreibtische, Aktenschränke, ein Sicherungskasten,
Lampen und Regale mit Warenproben, an den Wänden hingen Stadtpläne, eine
Landkarte, ein Dienstplan, mehrere Plakate und ein Haufen Haftnotizen.
Raoul kniete sich hin. Jetzt konnte sie sehen, was ihn so wütend
gemacht hatte: zwischen zwei Schreibtischen lag jemand reglos auf dem Boden.
Sie kniete sich neben Raoul und half ihm, den Mann umzudrehen, aber
der starke Blutgeruch, der von ihm ausging, und das Fehlen jeder Spur von
Essentia verrieten ihr schon genug.
Das war nicht der erste Tote, den Karla zu Gesicht bekam. Sie
musterte ohne Emotion die durchgeschnittene Kehle und den starren Blick der
Leiche.
Raoul durchsuchte die blutdurchtränkte Jacke des Mannes. Er fand die
Brieftasche des Toten und breitete den Inhalt auf dem Boden aus. Geld, ein paar
Quittungen, ein Foto, Briefmarken, ein kleiner Schlüssel. Kein Ausweis, kein
Führerschein. Er hob den Kopf und sah sie an. »Wir haben ihn gefunden.« Er
reichte ihr das Foto.
Karla erkannte sich und Raoul auf einem verwackelten Schnappschuss,
auf der Rückseite stand Raouls Adresse. »Wieder eine Sackgasse«, sagte sie
erbittert.
Raoul durchsuchte die Hosentaschen des Toten. »Keine
Ausweispapiere.«
»Raoul!« Karla hielt seine Hand fest. »Sind hier Spuren? Kannst du
etwas erkennen?«
Raoul sah sich um. Karla konnte spüren, wie seine magischen Sinne
sich durch den Raum tasteten. Er stand auf und drehte sich um die eigene Achse.
»Es ist wie bei den beiden Leichen im Frühjahr«, sagte er. »Kein Anzeichen
dafür, dass sich hier in den letzten Stunden jemand aufgehalten hat.« Er lachte
auf. »Aber wer auch immer das getan hat: Er war voller Blut, als er sich wieder
entmaterialisierte.«
»Was denkst du, wie lange ist er schon tot?«
»Ich bin kein Pathologe. Aber das Blut sieht noch frisch aus, und
ich glaube nicht, dass er während der Geschäftsstunden umgelegt wurde.«
Karla hockte wieder neben dem Toten und beugte sich dicht über die
Wunde. »Das ist ein unsauberer Schnitt, wie von einem stumpfen oder schartigen
Werkzeug.«
»Möglicherweise Zähne? Klauen?« Raoul musterte die klaffenden Ränder
und die zerfetzte Luftröhre.
Karla stand auf und wischte die Hände an einem Taschentuch ab. »Wir
müssen den Mord melden.« Sie blickte sich um. »Die Spurensicherung wird uns
verfluchen.«
Raoul hatte schon sein Handy am Ohr.
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