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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Raoul
Winter. Lauf zu deinem Herrchen zurück, kleiner Daimon, und belästige keine
fremden Leute.«
    Seine Energiefäden zogen sich enger. »Das ist nicht mein Name«,
wiederholte er. Genauso stur wie sein Wirt.
    Â»Im Namen des Æthers, aus dem du kommst und zu dem du zurückkehren
wirst«, intonierte Karla. »Im Namen des ewigen Gleichgewichts und des Ersten
und Obersten Memplexes, der dich geschaffen hat: Kehre zu deinem Wirt zurück,
Daimon, der von ihm den Namen Brad erhalten hat. Kehre zu Raoul Winter zurück
oder vergehe hier und jetzt im ewigen Æther!«
    Einen schreckerfüllten Augenblick lang fürchtete sie, einen Fehler
in der Beschwörung gemacht zu haben. Waren Daimonen überhaupt
Memplex-Konstrukte?
    Die Sinnesfäden des Daimons lockerten sich widerwillig. »Du weist
mich zurück?«
    Â»Ich weise dich zurück«, dachte Karla erleichtert.
    Wieder verfestigte sich der Griff. Die Fäden durchzogen ihren
Ætherkörper wie Schimmel einen Käse. »Du brauchst mich«, lockte der Daimon.
»Ich kann dir Information geben – jederzeit, ganz zu deiner Verfügung. Wissen.
Macht.«
    Karla bemerkte, dass ihr realer Körper zu hyperventilieren begann.
Die Verlockung war echt, bei allem Ekel und aller Furcht. »Du hast bereits
einen Wirt. Du gehörst Raoul Winter«, erwiderte sie, während sie ihren
Widerstand bröckeln fühlte.
    Der Daimon begann sie zu umschmeicheln wie ein Liebhaber. Seine Berührungen
hatten aufgehört zu prickeln und brennen, sie wurden sanft und zärtlich. »Ich
gehöre dem, der mich ruft. Ich bin kein Sklave, Hexe.«
    Sie hielt den Atem an. »Nein«, dachte sie. »Es widerspricht dem,
woran ich glaube. Weiche zurück, Daimon!«
    Â»Schade«, dachte der Daimon. Seine Energiefäden lockerten sich
gemächlich. »Wenn du es dir anders überlegen solltest – ich komme, wenn du mich
rufst.« Sein Energiekörper entfernte sich langsam. »Soll ich dir meinen Namen
verraten?«
    Â»Nein«, keuchte Karla entsetzt. »Hau endlich ab, Brad!«
    Â»Wir sehen uns wieder, schöne Hexe«, hörte sie ihn noch flüstern,
dann war sie allein.
    Karlas Ætherkörper zitterte derart, dass sie seine drohende
Auflösung befürchten musste. Das würde eine unangenehm abrupte Rückkehr in
ihren materiellen Körper bedeuten und den Verlust von einer wertvollen Stunde
Daimonenzeit. Sie zwang sich zur Ruhe und rezitierte im Geiste die erste Seite
der Dienstvorschrift für bösartige geistige Annäherungen. So knapp wie gerade
eben war sie noch nie einer geistigen Infiltration entkommen.
    Der Netztechniker kehrte zurück und mit ihm die von ihr
angeforderten Informationen, die jetzt in einem steten, machtvollen Strom in
ihr Bewusstsein zu fließen begannen. Es würde Tage dauern, sie alle zu sichten
und einzuordnen, aber darauf freute Karla sich. Das war Arbeit, die sie
verstand und die sie von dem beunruhigenden Erlebnis mit Raouls Daimon ablenken
würde.
    Als Nächstes spürte sie, wie jemand die Gurte löste, mit denen sie
an ihre Liege geschnallt war.
    Â»Du hast gestöhnt«, sagte Alex und säuberte ihre Maske mit
routinierten Bewegungen. »Ich hätte dich fast aus dem Netz geholt. War etwas?«
    Karla richtete sich auf und rieb über die Druckstellen an ihren
Armen. »Alles in Ordnung«, erwiderte sie nur. Hinter ihren Augen stach der
Schmerz wie mit heißen Nadeln.
    Sie machte sich auf den Weg ins Untergeschoss. Dort befanden
sich die gesicherten und abgeschirmten Labors.
    Sie öffnete die rot lackierte Tür, auf der »Unbedingt anklopfen!«
stand. Marlene, die hinter dem Empfangspult des hallenartigen Raumes saß,
lächelte und rügte sanft: »Du weißt doch, meine Liebe, dass du vorher klopfen
solltest.«
    Karla zwang sich, zurückzulächeln und eine Entschuldigung zu
säuseln. Die mollige Hexe griff nach dem Medaillon, das Karla ihr reichte, und
schob es in das Lesegerät. »Wie ich sehe, musst du einhundertsieben Punkte
ausgleichen. Du solltest ein wenig mehr Selbstbeherrschung üben, meine Liebe.«
    Â»Danke, Marlene«, fauchte Karla nun doch und riss ihr das Säckchen
mit den aromatischen Essenzen aus der Hand.
    Karla trug ihre Ausrüstung zum anderen Ende der Halle, wo ein Feuer
in einer Bronzeschale brannte. Die Holzkohle war gut durchgeglüht und bereit
für das

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