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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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eine dieser
schrecklichen totgekochten Widerwärtigkeiten zu bereiten, auf die ihr so großen
Wert legt?«
    Â»Nein, danke«, wehrte Raoul hastig ab. »Um neun?«
    Â»Um neun.«
    Raoul lächelte. Seine Laune hob sich. Ein Abend mit einem amüsanten
Gesprächspartner – das war es, was er brauchte.
    Raoul lehnte sich in seinem bequemen Sessel zurück, wärmte den
Cognacschwenker zwischen den Händen und streckte die Füße zum Feuer, das in
einem zimmergroßen Kamin brannte. Ihm war warm, viel zu warm, vom Feuer und von
dem Cognac, zu dem sie inzwischen übergegangen waren, aber die Wärme füllte ein
wenig die Leere in seinem Inneren. Er war müde, zufrieden und nicht mehr ganz
nüchtern.
    Sein Gastgeber hatte sich elegant dicht vor dem Kamin
zusammengerollt und hielt sein Glas behutsam zwischen seinen Klauen. Sein
langes, geschupptes Gesicht mit den kugeligen violetten Augen war so
ausdruckslos, wie es ein Reptiliengesicht nur sein konnte, aber Raoul glaubte
einen Hauch von Sorge darin lesen zu können.
    Â»Was ist, alter Junge?«, fragte er. »Du hast doch was auf dem
Herzen. Komm, spuck es aus! Der liebe Onkel Raoul hört dir zu.«
    Der Drache wandte langsam den Kopf und sah ihn belustigt an. »Du bist
betrunken, Raoul, mon cher.«
    Raoul bemühte sich vergeblich um eine empörte Miene. »Ich bin
allenfalls ein wenig angeheitert, Quass. Wenn überhaupt!«
    Der Drache nippte an seinem Cognac. Die Funken, die aus seinen
Nüstern sprühten, entzündeten den Alkohol und ließen bläuliche Flammen über die
Oberfläche tanzen. Sie spiegelten sich in den Drachenaugen, deren schwere Lider
halb gesenkt waren. Der Drache drehte das Glas mit klickenden Geräuschen
zwischen den Klauen. Raoul sah gebannt zu. Es faszinierte ihn immer wieder, wie
behutsam Quass von Deyen mit fragilen Gegenständen umzugehen verstand.
    Der Drache wohnte in einem riesigen Penthouse, das auf dem Dach
eines fünfzehnstöckigen Bankgebäudes thronte. Quass leugnete, seit Raoul ihn
kannte, dass die Bank unter seinem Haus ihm ebenfalls gehörte. Er bezeichnete
sich selbst als Privatier und Mäzen der Künste. Auch wenn er ein Drache sei –
schnöde Geldgeschäfte seien seine Sache nicht, hatte er einmal geklagt. Raoul
wisse doch, dass er Sammler, Schöngeist und Menschenfreund sei – alles Dinge,
die im krassen Gegensatz zu Wucherbetrieb und Zinshandel stünden.
    Raoul hatte nicht nachgebohrt. Es stimmte, Quass war ein Freund der
Menschen, was man nicht von jedem Drachen behaupten konnte. Es hieß, dass er
sogar der legendäre Gründer des »Dragons Club« gewesen sei – eines der größten
und einflussreichsten Wohltätigkeitsclubs weltweit. Es passte zu Quass, dass er
das Gerücht weder dementierte noch bestätigte.
    Â»Dir liegt etwas auf der Seele«, sagte Raoul so gleichgültig wie möglich.
Drachen mochten es nicht, bedrängt zu werden. Sie waren Meister im Verschleiern
und Herunterspielen.
    Quass beugte sich vor, um Raoul nachzuschenken, aber der legte eine
Hand über sein Glas. »Ich möchte noch ein wenig klaren Verstand behalten«, sagte
er. »Erzähl schon. Ich sehe es dir an der Nasenspitze an, dass du etwas
loswerden willst.«
    Der Drache schnaubte. Funken stoben aus seinem Maul und landeten im
Kamin.
    Â»Ich bin bestohlen worden«, sagte Quass von Deyen. Er klang nicht
zornig, eher verwundert, was Raoul verstehen konnte. Welcher Dieb war so
tollkühn, ausgerechnet einen Drachen zu bestehlen?
    Â»Was ist es?«, fragte Raoul. Quass besaß eine Menge Stehlenswertes.
Allein hier im Rauchzimmer befanden sich etliche Kunstgegenstände, die ein
Museum nur unter schärfster Bewachung ausgestellt hätte. Da war eine Vitrine
mit Kelchen und Pokalen aus Muranoglas aus dem siebzehnten und achtzehnten
Jahrhundert und ein Tisch mit kostbaren Uhren. Zwei der Landschaftsbilder an
den Wänden stammten aus der Flämischen Schule und besaßen unschätzbaren Wert.
An der Stirnwand des Raumes stand ein Bücherregal, das angefüllt war mit
bibliophilen Schätzen, und auf der anderen Seite des Raumes waren dezent
angeleuchtet einige Skulpturen aufgestellt, die gelegentlich auch schon an
Museen ausgeliehen worden waren. Die wertvollsten darunter waren sicherlich
eine zierliche Bronzeskulptur von Brancusi und die kleine Marmorbüste einer
jungen Frau von Rodin.
    Raoul

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