Last Exit
Fifteenth Street-Prospect Park und schlenderte zu Fuß zum Garfield Place. Um drei war er an der Tür, aber obwohl er einen Schlüssel hatte, benutzte er ihn nicht. Er setzte sich auf die Eingangstreppe und trank Wasser, das er sich unterwegs gekauft hatte. Junge Fachkräfte auf dem Heimweg von der Arbeit zogen an ihm vorbei. Als er sich David Bowie anhören wollte, stellte er fest, dass der Akku des iPod leer war.
Er dachte, was jeder denkt, wenn ein Leben vorbei ist und ein anderes beginnt. Fragte sich, welche Richtung das neue Leben nehmen würde. Nicht die praktischen Dinge, sondern der andere Teil, der im zweiten Stock des Sandsteinhauses hinter ihm wohnte. Der Teil seines Lebens, der ihn dazu verführt hatte, auf dem Weg zu einem Kunstraub riskante Anrufe zu machen.
Er hatte nichts vergessen, vor allem nicht die Drohungen von Senator Irwin, aber alle Ängste verlieren im Lauf der Zeit ihr Gift. Das kann Jahrzehnte dauern, einige Monate oder wie in seinem Fall nur ein paar Tage. Milo hatte kein Interesse daran, gegen den Senator vorzugehen. Er hatte, was er wollte, und war bestimmt nicht so dumm, es aufs Spiel zu setzen.
Kurz nach sechs kamen sie an, und während sich Stephanie ihm an den Hals warf und ihm einen Vortrag hielt, wie gefährlich es war, in der Kälte draußen herumzusitzen – eine nachgeplapperte Ermahnung ihrer Mutter –, hing Milos Blick an Tina. Sie schloss den Wagen ab und näherte sich mit misstrauischer Miene. »Ist was mit deiner Nase?«
»Hatte in letzter Zeit ein bisschen Pech.«
Sie nickte. »Wann geht die Maschine?«
»Ich hab die Schnauze voll von Flughäfen.«
Sie beobachtete, wie er mit den Fingern durch Stephanies Haar fuhr. »Bist du gekommen, um uns das Herz zu brechen?«
Sie bestellten beim Thai-Imbiss und aßen im Wohnzimmer, ohne auch nur einmal am Abend den Fernseher einzuschalten. Stephanie hatte anscheinend Schwierigkeiten in der Schule, und später bemerkte Tina, dass die Lehrerin die Ursache für ihre schlechter werdenden Noten in der Trennung der Eltern sah. »Halb Amerika hat eine gescheiterte Ehe hinter sich, und das ist alles, was ihr einfällt.«
»Dann müssen wir uns mit ihr zusammensetzen. Noch diese Woche.«
»Gute Idee«, antwortete Tina.
Erst da traf ihn die Realität der Rückkehr zu seiner Familie so heftig wie einer von Heinrichs Schlägen. Zukunftspläne. Verantwortung. Nicht nach Freiheit hatte er sich die ganze Zeit gesehnt, sondern nach einer anderen Art von Verpflichtung. Als Stephanie im Bett war, erkundigte er sich sogar nach Dr. Ray.
»Sie sagt, sie hat den Mittwochtermin für uns freigehalten. Bist du bereit dazu?«
»Auf jeden Fall.«
»Weißt du was?«, sagte sie kurz darauf.
»Nein.«
»Es ist fast, als wärst du nie weg gewesen.«
Sie meinte es nicht buchstäblich. Schließlich hatten sie und Stephanie den halben Abend damit verbracht, ihm von den Entwicklungen zu erzählen, die er verpasst hatte. Nein, sie sprach von der Leichtigkeit, die sie beide am Abend seiner Rückkehr erfüllte. Für sie war es wie
vor einem Jahr, bevor die Dinge aus dem Ruder gelaufen waren.
Danach war sie verlegen und relativierte ihr Bekenntnis. »Ich weiß, das klingt jetzt kitschig. Wahrscheinlich nur der erste Glanz. Morgen holt uns bestimmt schon wieder der alte Trott ein.«
Nachdem sie miteinander geschlafen hatten in dem breiten Bett, das sich nach Monaten in Hotels wie ein dekadenter Luxus anfühlte, und er mit einer vagen Ausrede über die Brandmale an seinem Arm hinweggegangen war, trat Milo nackt in die Küche und schenkte zwei Gläser Merlot ein, die er zurück ins Schlafzimmer trug. Auf dem Weg bemerkte er einen Umschlag auf dem Tischchen neben der Wohnungstür. Oben stand mit schwarzem Filzstift MILO. Er überprüfte die Tür, aber sie war verriegelt. Dann öffnete er das Kuvert.
Als sie getrunken hatten, wischte sich Tina einen Tropfen Wein von der Brust. »Ist was?«
»Nichts«, antwortete er. Doch dann überlegte er es sich anders. Lügen hatten alles ruiniert, und er hatte die Nase voll davon. Er holte den Umschlag und zeigte ihn ihr. »Hast du das gesehen?«
»Nein. Sollte ich?«
Er rieb sich die Augen. Sein Vater hatte das Kuvert im Flur abgelegt, während er und Tina Sex hatten. »Es ist von Jewgeni.«
»Sieht nach Arbeit aus.«
»Nur was Interessantes.«
»Na, dann lass dich nicht abhalten.«
»Was meinst du?«
»Du bist doch bestimmt neugierig.«
»Bin ich so leicht zu durchschauen?«
»Nicht oft genug.« Sie küsste
Weitere Kostenlose Bücher