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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Sonne, von ölverschmierten Chinesen und Killern aus Graingers geheimer Dienststelle, der Abteilung Tourismus. Um acht war er wieder wach und rieb sich in dem trüben, von der Straße einfallenden Licht die Augen. Zsuzsa atmete tief und gleichmäßig, und er blinzelte Richtung Fenster. In der Leistengegend spürte er ein angenehmes Ziehen. Sollte er es sich nicht noch einmal anders überlegen?
    Zsuzsa konnte ihm zwar bei der Suche nach den Beweisen
für Graingers Geschichte kaum helfen, trotzdem war er auf einmal entschlossen, sie zu seiner Partnerin zu machen. Hatte ihn ihr Tantragriff zu diesem Sinneswandel bewegt? Oder ein schwer definierbares Schuldgefühl wegen einer falschen Bemerkung? Wie ihre Gründe dafür, dass sie schließlich doch mit ihm geschlafen hatte, spielte es keine Rolle.
    Viel wichtiger war, dass eine Menge Arbeit auf ihn wartete; er war ja erst am Anfang. Er zog sich an. Thomas Grainger hatte selbst zugegeben, dass seine Geschichte auf wackeligen Beinen stand. »Bis jetzt habe ich Ihnen noch keine klaren Beweise zu bieten, nur mein Wort. Aber ich hoffe, bald von einem meiner Mitarbeiter Material zu bekommen. « Allerdings endete der Brief ohne ein weiteres Wort über diesen Mitarbeiter und beschränkte sich auf die Wiederholung der entscheidenden Tatsache, dass sein Autor inzwischen tot war, und die Erwähnung realer Namen, bei denen die Recherchen einsetzen konnten: Terence Fitzhugh, Diane Morel, Janet Simmons, Senator Nathan Irwin, Roman Ugrimow, Milo Weaver. Letzterer, so behauptete Grainger, war dabei die einzige Person, von der Gray Unterstützung erwarten konnte. Er sollte den Brief Milo Weaver – und nur Milo Weaver – zeigen, dann hatte er den Schlüssel in der Hand.
    Er küsste Zsuzsa und schlich sich mit seiner Umhängetasche hinaus in den gelb erleuchteten Habsburger Vormittag. Er beschloss, zu Fuß nach Hause zu gehen. Es war ein herrlicher Tag, voller Möglichkeiten, auch wenn um ihn herum die mürrischen, zu ihrer banalen Arbeit hastenden Ungarn kaum Notiz davon nahmen.
    Sein Apartment lag an der Vadász Utca, einer schmalen, rußigen Gasse mit verfallenen, einst stattlichen Gebäuden. Da der Aufzug permanent kaputt war, stieg er
langsam zum vierten Stock hinauf und tippte an der Tür den Code der Alarmanlage ein.
    Mit dem Honorar für die Taszár-Story hatte er die Wohnung gekauft und renoviert. Die Küche war ganz in Edelstahl, das Wohnzimmer mit W-LAN und Einbauregalen ausgestattet, und er hatte die instabile Balkonterrasse zur Vadász Utca instand setzen und verstärken lassen. Im Gegensatz zu den Buden von vielen seiner flüchtigen Bekannten spiegelte dieses Zuhause tatsächlich seine Vorstellung von Komfort wider, statt sich mit üblichen Budapester Gegebenheiten abzufinden: riesige Apartments, die in der kommunistischen Ära aufgeteilt worden waren, mit ungünstig geschnittenen Küchen und Bädern und sinnlos langen Korridoren.
    Er schaltete den Fernseher ein, wo eine ungarische Popband auf dem heimischen MTV-Sender spielte, ließ die Umhängetasche auf den Boden fallen und überlegte sich beim Pinkeln im Bad, ob er die Arbeit an der Story allein beginnen oder zuerst diesen Milo Weaver ausfindig machen sollte. Allein, beschloss er. Aus zwei Gründen. Erstens wollte er so viel wie möglich in Erfahrung bringen, bevor er sich die unvermeidlichen Lügen Weavers anhörte. Zweitens wollte er die Genugtuung erleben, die Story möglichst selbst zu knacken.
    Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, kehrte er ins Wohnzimmer zurück und erstarrte. An seinem Bo-Concept-Sofa, das ihn ein Vermögen gekostet hatte, lehnte ein blonder Mann und fixierte eine tanzende Frau mit schweren Brüsten auf dem Bildschirm. Henry bekam auf einmal keine Luft mehr, und sein Mund arbeitete hilflos, als sich der Typ lässig lächelnd zu ihm umwandte und ihm nach Männerart zunickte.
    »Klasse Frau, was?« Amerikanischer Akzent.

    »Wer …?« Henry konnte den Satz nicht beenden.
    Immer noch lächelnd drehte sich der Mann ganz zu ihm. Er war groß und trug einen Anzug ohne Krawatte. »Mr. Gray?«
    »Wie kommen Sie hier rein?«
    »Ein bisschen dies, ein bisschen das.« Er klopfte auf das Polster neben sich. »Kommen Sie, wir müssen uns unterhalten. «
    Henry bewegte sich nicht. Ob er nicht wollte oder konnte, hätte er selbst nicht sagen können.
    »Bitte«, sagte der Mann.
    »Wer sind Sie?«
    »Oh, Entschuldigung.« Er stand auf. »James Einner.« Er streckte eine große Pranke aus und kam näher.

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