Last Exit
fertig miteinander.«
»Hör zu.« Etwas Beschwörendes lag im Ton seines Vaters. »Ich hab sie gefunden, aber da war sie schon tot.«
»Und wer hat sie umgebracht?«
»Deine Leute, da wette ich.«
»Sie wissen nicht, wer es war.«
»Das haben sie dir erzählt?«
Mehrere mögliche Erwiderungen schossen Milo durch den Kopf, aber sie waren alle zu grob und kindisch, und gegenüber Jewgeni wollte er sich nicht wie ein Kind benehmen. Also hängte er auf.
Er besorgte sich einen Drink, aber die Nicorette-Kaugummis waren aus, und er musste sich am Nachbartisch von ein paar hübschen jungen Frauen mit extravaganter Wimperntusche und dazu passendem platinblonden Haar Zigaretten schnorren. Sie redeten über Politik. Nach anfänglicher Neugier erkannten sie bald, dass sie wieder mal einen betrunkenen Amerikaner vor sich hatten, und schickten ihn zum Teufel.
»Fahr in den Irak«, meinte die attraktivste, und die anderen lachten.
Um elf lag er sinnlos betrunken im Bett, der Fernseher
lief, und das um ihn rotierende Zimmer stank nach den Zigaretten, die er auf dem Weg zurück ins Hotel gekauft hatte. Er schaltete kurz auf BBC World News, wo ausführlich über Fidel Castros Rücktritt und die einstimmige Wahl seines jüngeren Bruders Raúl durch die kubanische Nationalversammlung berichtet wurde. Endlos wurde die Phrase »das Ende einer Ära« wiederholt. Dann lenkten ihn die Ergebnisse der Oscarverleihung am Tag zuvor von den weltpolitischen Fragen ab.
Aber das sind alles nur kleine Stimmen , sagte seine Mutter.
Nachdem er kurz weggedriftet war, hoben sich seine Lider wieder, als ein hochgewachsener BBC-Reporter, den Milo kannte, neben einem Chinesen durch einen Park spazierte. Es handelte sich um Zhang Yesui, den chinesischen UN-Botschafter. Seine Gestik und sein Tonfall waren von der faden diplomatischen Zurückhaltung geprägt, die für Außenstehende nach Schwäche aussieht, aber er fand deutliche Worte. »Nachdem wir von den Gesprächen gehört haben, die vor der Unabhängigkeitserklärung zwischen Kosovo und gewissen aktuellen Mitgliedern des Sicherheitsrates stattgefunden haben, möchten wir unsererseits diesen Mitgliedern nahelegen, ihre unilaterale Position gegenüber anderen Nationen aufzugeben.«
»Damit meinen Sie wohl die Vereinigten Staaten«, bemerkte der Reporter.
»In der Tat. Die aktuelle Politik der Einmischung in die Angelegenheiten souveräner Staaten ist wenig förderlich für den globalen Frieden. Das haben wir im Irak, in Kosovo und im Sudan erlebt.«
»Im Sudan?«
Blinzelnd rieb sich Milo die Augen.
»Uns ist zu Ohren gekommen, dass bestimmte Elemente innerhalb der amerikanischen Regierung die Hände
im Spiel hatten bei den Unruhen des letzten Jahres, die fast hundert unschuldige Zivilisten mit dem Leben bezahlen mussten. China und die gesamten Vereinten Nationen messen der Stabilität in dieser Region höchste Bedeutung bei, und wir nehmen voller Bedauern zur Kenntnis, dass unsere Friedensbemühungen von einem anderen Mitglied untergraben werden.«
Erstaunlicherweise folgte keine weitere Frage auf diese Anschuldigung, doch noch erstaunlicher war, dass sie überhaupt erhoben worden war. Milo sah noch eine Weile zu und wartete darauf, dass jemand auf die Äußerung des Botschafters Bezug nahm, aber es war, als wäre nichts geschehen.
Er überlegte, ob er Drummond anrufen sollte, aber der stand wahrscheinlich bereits im Kugelhagel. Das Ganze war ein weiterer Beleg für Zubenkos Geschichte, und gewisse Politiker – vor allem Nathan Irwin – würden sich bestimmt bei ihm melden und Antworten verlangen. In diesem Moment war Milo froh, nicht mehr in der Verwaltung zu arbeiten.
Seine Sorgen lösten sich wieder auf, als ihn die Müdigkeit einholte. Schließlich schaltete er auf einen polnisch synchronisierten Thriller und drehte die Lautstärke herunter.
Er schnarchte so laut, dass er mehrmals selbst davon aufwachte, und als sich kurz nach drei leise seine Tür öffnete und drei Besucher hereinschlüpften, nahmen sie die Schallentwicklung belustigt zur Kenntnis. Im Schein des stummen Fernsehers, in dem inzwischen ein Softporno lief, postierten sie sich um ihn.
Einer packte ihn an den Füßen, der Zweite nahm ihn in den Schwitzkasten. Als Milo hochschrak, hoben sie ihn kurz vom Bett und knallten ihn wieder nach unten. Er
versuchte nach dem Mann zu krallen, der ihn am Kopf hielt, war aber zu verwirrt, um etwas auszurichten. Dann spürte er einen scharfen Nadelstich im Arm.
Er wand sich
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