Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Titel: Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
Vom Netzwerk:
verfolgt?»
    Konrad berichtete alles bis ins kleinste. Außerdem überreichte er Glaser triumphierend ein Bündel mit anonymen Briefen, die er nacheinander in seinem Fach in der Universität vorgefunden hatte, wie er zu Protokoll gab. Jeder Professor und jeder wissenschaftliche Assistent besaß ein solches Fach mit seinem Namen darauf, das wie ein Briefkasten funktionierte. Die Post und sonstige Schriftstücke konnten jederzeit eingeworfen werden. Diese verschließbaren Fächer waren über- und nebeneinander in die Wand einer Nische im Eingangsbereich der Fakultät eingelassen.
    Lürmann war nahe an Glasers Schreibtisch herangetreten und betrachtete die Briefe eingehend. Sogar die Sekretärin hatte sich auf ihrem fahrbaren Stuhl so herübergebeugt, daß dieser wie von selbst zum Schreibtisch hingerollt kam. «Die werden wir alle untersuchen lassen», merkte Glaser an. «Wir machen schon unsere Arbeit, Schritt für Schritt, darüber brauchen Sie sich nicht den Kopf zu zerbrechen.» «Da haben Sie es mit einem echten Verbrecher zu tun; gegen den müssen Sie vorgehen, nicht gegen mich», beschwerte sich Konrad.
    «Sehen Sie: Wenn wir Sie in Ruhe gelassen hätten, wären wir womöglich gar nicht an die Briefe gelangt.» Diese Logik ließ Konrad auf seinem Stuhl zurücksinken.
    «Die Sache mit den Briefen und den Nachstellungen ist natürlich eine wichtige Spur, zunächst aber stehen für mich noch Fragen zu Ihrem Vortragsabend im Raum.» Der Kommissar blätterte wieder mit einer Hand in den Akten und blickte nach Beamtenart akkurat auf die Seiten, manchmal mit der anderen Hand den Füllfederhalter zu Hilfe nehmend und die eine oder andere Zeile damit nachfahrend. An einigen Stellen setzte er Häkchen, was bedeutsam aussah. Während dieser Prozedur ergriff Lürmann das Wort: «Was ist das denn: ein Gastvortrag? Wo liegt denn da der Unterschied, zwischen einem Vortrag und einem Gastvortrag, meine ich?»
    «Zusammen mit Professor Hanauer, dem Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie, hatte ich für diesen Abend eine auswärtige Kollegin eingeladen, um einen Vortrag über ein aktuelles Forschungsthema zu halten: ‹Die moderne Frau in der theologischen Moraldiskussion der Gegenwart ›. So ein Gastvortrag gehört zu den besonderen Ereignissen im Semesteralltag.»
    «Und warum war Frau Ruhland dann nicht bei diesem ‹ besonderen Ereignis › anwesend?» Lürmann kam sich schlagfertig vor.
    «Wie oft denn noch: Franziska und ich, wir vermieden es, einander in der Öffentlichkeit zu begegnen, vor allem im Bereich der Fakultät.»
    «Fakultät heißt hier: Fachbereich Katholische Theologie», erklärte Glaser, seine durch Laubmann erlangte Kenntnis nutzend. «Und was glauben Sie, hatte Frau Ruhland während des Gastvortrags im Park zu suchen?»
    «Das ist mir unerklärlich. Darüber mach ich mir schon lange Gedanken.»
    ­­
    Das Telefon unterbrach die Befragung. Der Kommissar schloß nach dem Telefonat fürs erste die Akten. «Leider muß ich weitere Fragen aufschieben und Sie statt dessen heute zusätzlich bemühen, aber es ist unumgänglich: Wir können jetzt rüber zur Identifizierung der Leiche.» Glaser schien wenig bekümmert.
    «Ich soll mir jetzt die Leiche ansehen … Franziska?» Konrad war entsetzt.
    «Tut mir leid.»
    Widerspruch war anscheinend nicht möglich; denn alle erhoben sich, Glaser zog sein Jackett an, die Sekretärin packte ihre Unterlagen zusammen. Nach dem Verlassen des Büros ging Konrad auf seine Haushälterin zu, die nicht ohne Sorge und daher mit zunehmender Ungeduld auf einem der fünf Stühle gewartet hatte, die dem Büro des Kommissars gegenüber an der kahlen Wand des Gangs aufgereiht standen. Er sprach leise auf sie ein, nämlich daß die Beamten darauf bestehen würden, ihn einer zusätzlichen Befragung zu unterziehen. Er schlug ihr vor, ohne ihn aufzubrechen, was sie entschieden ablehnte, zumal er blaß und angegriffen aussah. Sie habe vorhin schon nachfragen wollen, wie lange das Verhör noch dauern würde. Konrad drückte ihr dankbar den Arm.
    «Wenn das Protokoll fertig ist, werden wir's Ihnen zur Unterschrift vorlegen», bemerkte Glaser, während sie zum Ausgang im Parterre gingen. Die Sekretärin hatte sich bereits verabschiedet, um es ins reine zu schreiben und zwischendurch der weiterhin wartenden Haushälterin einen Kaffee mit Milch und Zucker anzubieten. Dann schritten die Kommissare und der Professor über einen Hof, fuhren mit einem Dienstwagen zur Pathologie und dort mit dem

Weitere Kostenlose Bücher