Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz
Sinn nur ‹entfernte Verwandte ›. Da müßten Sie sich anderweitig informieren. Aber den Mörder werden Sie dort kaum finden.»
«Könnten Sie die nächsten Verwandten überprüfen, Herr Kollege?» Lürmann nickte. Daran hatte er Gefallen. «Wie haben Sie selbst eigentlich vom Tod Ihrer Geliebten erfahren? Da Sie – noch – kein Verwandter oder Verschwägerter waren, können Sie von offizieller Seite keine Auskunft erhalten haben.»
Konrad dachte nur kurz nach. «Aus der Zeitung.» «Aber am nächsten Tag stand nur eine kleine, unauffällige Notiz drin. Ich nehme an, wegen des Redaktionsschlusses konnte an diesem Tag gar nicht ausführlicher über den Unfall berichtet werden.»
«Also schön, diese Notiz hab ich nicht gelesen. Ich habe übrigens gar keine lokale Tageszeitung abonniert, weil mich weder die Polizeiberichte noch die Schädel der Vereinsvorsitzenden interessieren. Ich hab über Franziskas Unfall zuerst woanders etwas gehört und erst danach Näheres in der Zeitung gelesen.»
«Gerade eben haben Sie ausgesagt, Sie hätten den Tod von Frau Ruhland aus der Zeitung erfahren! Solche Widersprüche können ein Grund für eine Festnahme werden!» «Na gut, ich sag Ihnen ganz genau, wie ich davon erfahren habe: Am Tag ihres Todes hab ich den vorhin erwähnten Gastvortrag besucht. Danach hab ich bei Franziska angerufen, es hat sich aber niemand gemeldet. Es war ja spät in der Nacht. Am nächsten Tag meldete sich am Telefon wieder niemand, was mich aber immer noch nicht erschreckt hat, höchstens verwundert. In der Universität sind jedoch erste Gerüchte kursiert. Deshalb bin ich am Abend, schon sehr in Angst um sie, zur Wohnung Franziskas gegangen, wo ich dann von Hausnachbarn wie nebenbei von ihrem Tod gehört hab. Vor dem Haus stand eines Ihrer Einsatzfahrzeuge, auch im Haus hielten sich Polizeibeamte auf, die Wohnungstüren der Nachbarwohnungen waren offen, die Leute schauten alle heraus. Die Beamten haben ein Foto von Franziska herumgezeigt und wollten wissen, was die Nachbarn über die Tote aussagen können. Ich bin so schnell ich konnte verschwunden; und zu Hause bin ich völlig zusammengebrochen. Ich konnte das einfach nicht ertragen – im Grunde bis heute nicht.»
Der Professor rang nach Luft, wollte seine Fassung nicht verlieren. Alle im Kommissariat warteten ab.
«Ich wollte nicht bei der Polizei anrufen und näher nachfragen; denn erstens hätte ich ja erklären müssen, daß ich kein Verwandter bin, sondern ‹nur › ihr Liebhaber; zweitens hielt ich das auch wegen meines Zölibats für beschämend.» «Dann spielte der Zölibat für sie also doch eine größere Rolle, als Sie es eben dargestellt haben.» Erneut konnte Glaser auf einen Widerspruch hinweisen.
«Freilich hat sich der Zölibat für mich nicht problemlos gestaltet. Er war ein Problem, aber nicht von der moralischtheologischen Seite her. Er war für mich auch nie ein Hindernis in dem wahren Liebesgefühl zu Franziska. Diese Zölibatsregel hätte, wie gesagt, die Eheschließung nicht verhindern können. Aber in gesellschaftlicher Hinsicht, verstehen Sie, da erschien es mir irgendwie blamabel, den Zölibat zu hintergehen. Ich bin nun mal sehr bürgerlich erzogen. Was werden die Leute denken? Werd ich nicht meine Glaubwürdigkeit verlieren?»
Der Kommissar schien das zu verstehen, reagierte jedoch kaum. So redete Konrad weiter, indem er die ursprüngliche Frage des Kommissars wiederum aufgriff. «Erst am darauffolgenden Tag hab ich endlich alles genauer in der Zeitung gelesen. Und zwar lag da im Hörsaal neben meinem Katheder ein großer Artikel, mit Fotos vom Unfallort – und der war provozierend aufgeschlagen, daß ich ihn ja nicht übersehen konnte. Den Artikel hat sicher einer absichtlich hingelegt, der mich sowieso kritisieren wollte.»
Glaser wußte nicht so recht, ob das stimmte. «Ganz überzeugt mich Ihre Darstellung nicht, daß Sie, nachdem Sie im Haus von Frau Ruhland die Todesnachricht vernommen haben, noch einen vollen Tag gewartet haben wollen, um dann alles Nähere bloß aus der Zeitung zu erfahren.» «Sie können sich nicht vorstellen, unter welchem Druck man als Theologieprofessor und Priester steht, wenn man die Konventionen durchbricht. Wie einen manche Kirchenleute oder diese Fundamentalisten betrachten. Und meiner Meinung nach schrecken einige vor keiner Untat zurück. Mit diesem Täterkreis sollten Sie sich befassen! Die ganze Zeit über verfolgt mich einer von denen.» «Von wem werden Sie
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