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Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Titel: Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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Ärger gab, stellte er die Musik lauter und öffnete das Fenster, so daß die Knef «Ich brauch Tapetenwechsel» hinaussang oder «Ich zieh' mich an und langsam aus», was schon mal den Hausmeister auf den Plan rufen konnte. Sein Büro war nur durch das gemeinsame Sekretariat vom Büro seines Chefs, Professor Dr. Raimund Hanauer, getrennt, dem Hort der Moral als kritischer Wissenschaft. Philipp Laubmann arbeitete nicht gern in seinem Dienstzimmer, obwohl er darin Sprechstunden für Studenten anbot – und es kamen gar nicht so wenige – oder Seminararbeiten korrigierte. Der Ausblick auf den begrünten Innenhof der Fakultät entschädigte ihn für die spartanische Einrichtung des schmalen Raums: metallene Regale, ein einfacher Tisch ohne Schubfächer, PC,Waschbecken,Tauchsieder und Telefon. Die entscheidenden Besprechungen fanden sowieso im Büro seines Chefs statt.
    Philipp Erasmus Laubmann gab sich aber auch so gar keine Mühe, sein Büro ein bißchen freundlicher zu gestalten. Die Papiere und Bücher wirkten darin wie ungeliebte Begleiter, achtlos verstreut. Ähnlich die Karteikarten, in den bevorzugten Größen A6 und A5, blau, rot, grün, weiß, gelb, mit und ohne aufgesteckte Reiter. So pedantisch er war, so chaotisch wirkte ihre Verteilung im Raum. Die Ordnung erschloß sich nur ihm allein.
    Ihm kamen kriminelle Ereignisse gerade recht, um sich von der dringend gebotenen Arbeit an seiner Habilitation ablenken zu lassen. Eine Arbeit, bei der kein Anfang und kein Ende abzusehen waren. Und Laubmann, der Pedant, war zudem überzeugt, für dieses Werk zuerst die 2000 Jahre Theologie seit der Antike verarbeiten zu müssen. Es überwältigte ihn jedesmal aufs neue, wenn er die ungeheueren Dimensionen seines Themas innerlich gefaßt überblicken wollte.
    Professor Hanauer war sich als sein Vorgesetzter mittlerweile darüber im klaren, daß er eingreifen und mit ihm über eine vernünftige Reduzierung seines Themas auf wenige, der durchschnittlichen Lebenszeit angemessene Schwerpunkte sprechen mußte. Doch Hanauer schob diese schon lange fällige Unterredung mit schlechtem Gewissen vor sich her, denn als er seinem Assistenten vor einiger Zeit eine diesbezügliche Andeutung gemacht hatte, hatte Laubmann gleich überreagiert und sich mit einem nicht enden wollenden Wortschwall verteidigt. Hanauer war anschließend in seine Vorlesung über Fundamentalmoral geeilt und hatte sich kategorisch jede Zwischenfrage von seiten der Studenten verbeten, aber wirklich jede. Dr. Laubmann hatte sich bei nächster Gelegenheit zwar dafür entschuldigt und Besserung gelobt, aber Hanauer blieb skeptisch. Er mußte in Zukunft strenger sein.
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    Der Kommissar berichtete dem Theologen Laubmann, wie geplant, über die Ereignisse, um von ihm im Gegenzug Interna zu erfahren. Glaser äußerte sich zwar mit der dienstlich nötigen Zurückhaltung, aber eindeutig in der Sache. Eine Täuschung hätte Laubmann durchschaut, und Offenheit schmeichelte ihm. Er berichtete von Konrads Auftreten im Kommissariat, dessen verhaltenen Aussagen, die dem Kommissar insgeheim so erschienen, als wolle sich der Professor ein Hintertürchen offenhalten, und seiner gebetsmühlenartigen Beteuerung: «Ich habe Franziska Ruhland geliebt!»
    «Als ginge er mit diesem Bekenntnis hausieren», meinte Laubmann trocken. «Das hat er mir ebenfalls mitgeteilt. Ich bin mir nicht sicher, ob er nicht bloß damit kokettiert.» «Sie halten ihn nicht für aufrichtig?»
    «Kann ich nicht sagen; will ich auch nicht. Er wirkt nur so schwankend, als wär er sich seiner Rolle nicht sicher. Die Frage ist nur, welcher Rolle? Ist es die Rolle eines unglücklichen Professors und Priesters, der mit einer ihm völlig unbekannten Situation konfrontiert wird, und das heißt schon was, plötzlich trauernd und im katholischen Sinne schuldhaft dazustehen…» «…oder die Rolle eines Täters?»
    «Möglich.» Laubmann schob nachdenklich die Unterlippe vor. Dann begann er seinerseits mit einer ausführlichen Schilderung der Vorgänge, die sich seit ihrem letzten Treffen im Kommissariat ereignet hatten und sich auf Konrad, Hüttenberger und den ominösen Verfolger bezogen, und nicht zuletzt erzählte er, nicht ohne Begeisterung, von dem Essen bei ihm zu Hause. Nachdem Professor Konrad ja mittlerweile selber der Polizei sein Verhältnis mit Franziska Ruhland eröffnet hatte, dem Kommissar also das meiste, was Laubmann dazu wußte, bekannt war, sah Philipp Laubmann sich nicht mehr an die dem

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