Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz
eingetragen wird.» «Gott bewahre! Schon ein Gerücht könnte da fatale Folgen haben!» Prestl reagierte aufgebracht.
«Ich stehe allerdings Herrn Konrad gegenüber im Wort. Ich kann hier nichts Persönliches erzählen, was er mir anvertraut hat. Was Sie selbst betrifft: Ich weiß von der Polizei, daß Sie zur Sache befragt werden sollen.»
«Muß es denn so weit kommen?» Prestl sah seine Chancen schwinden.
«Das ist doch kein Beinbruch. Wenn Sie wollen, kann ich es vermitteln, daß erst einmal ein ganz diskretes Gespräch stattfindet. Wenn sich nichts weiter ergibt, dann bleibt es dabei.»
«Das könnte mir natürlich eine unschätzbare Hilfe sein. Wenn es nur nicht publik wird, daß ich von der Polizei verhört worden bin.»
«Sie können sich auch von sich aus ans Polizeipräsidium wenden», warf Laubmann scheinbar belanglos ein. «Aber das wäre ja noch schlimmer!» schrie Prestl fast hysterisch.
«Vielleicht könnte Kommissar Glaser genauso über einen geheimen Gang in Ihr Büro kommen, wie ich es gerade gemacht habe.»
Prestl war einen Moment verdutzt. «Da haben Sie recht, das wär eine Möglichkeit. Es gibt sogar einen separaten Eingang für mich. Wenn Sie diesen Kommissar dazu überreden könnten? Bei aller gebotenen Verschwiegenheit, versteht sich.»
«Warum eigentlich nicht?» sagte Laubmann – und mit Vergnügen registrierte er, daß er immer neue Einblicke in das Räderwerk dieses Falles erhielt.
XVIII
War er das wieder? Konrad visierte angestrengt einen Mann in der nebeligen Dämmerung des späten Nachmittags an. War es der, der ihm in der Krypta des Domes und in der «Grube» aufgelauert hatte? Es ärgerte ihn, daß er alles nur so undeutlich sehen konnte. Und es ärgerte ihn, daß er immer noch Zweifel hatte, ob alles nicht nur Einbildung war. Vielleicht malten ihm seine Gefühle ein Trugbild in diese Dunstigkeit.
Aber Konrad blieb ganz sachlich; denn Angst hatte er mit einem Mal keine mehr. Immerhin hatte er der Polizei Bescheid gesagt. Und vor allem den Laubmann neuerlich ins Vertrauen gezogen, obwohl dies ohne die zufällige und unglückliche Begegnung in der Bibliothek niemals geschehen wäre. Der hegte seines Wissens nach schon wieder einen Plan; jedenfalls sollte Konrad ihn sofort verständigen, falls er den Verfolger erneut entdecken würde.
Nein, Erich Konrad war sich sicher. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen. Jetzt würde eine Gegenaktion erfolgen, und nicht so ungestüm wie beim letzten Mal. Genau derselbe Mann, der sich vorhin so verhalten und entfernt als Silhouette bewegt hatte, erschien unvermittelt auf der anderen Straßenseite, also näher und damit endlich greifbarer. Der Mann war zwar wiederum nur ein Schattenriß im Nebel; an der Größe, an der Art, wie er sich bewegte, und nicht zuletzt an dem schwarzen Anzug oder Umhang glaubte Konrad ihn jedoch unter den wenigen vorbeihuschenden Passanten ausmachen zu können. Er hatte ihn oft genug gesehen. In den letzten Tagen, vor allem seit dem Ereignis in der «Grube», hatten die Nachstellungen zugenommen; sogar ein Wagen war ihm gefolgt.Auch wenn Konrad lange kaum Angst empfunden hatte, die fortwährenden Verfolgungen hatten ihn mürbe gemacht, so daß er sich einem Gefühl des Bedrohtseins nicht mehr entziehen konnte. Nun schien endlich die Gelegenheit für Laubmanns Plan günstig zu sein. Er wußte nicht genau, wie sein junger Universitätskollege die Identifizierung des Unbekannten anstellen wollte. «Wenn dich einer verfolgt, dann verfolge ihn, bis er davon abläßt», hatte sich Laubmann geäußert und etwas von einer Autofahrt gemurmelt.
Konrad wandte sich in der im späten Nachmittagslicht immer dämmriger werdenden Straße einem Schaufenster zu, das noch keine nächtliche Beleuchtung aufwies. Somit konnte der Verfolger vermutlich nicht beobachten, wie er das Mobiltelefon hervorholte, das er sich neulich extra für diesen Zweck gekauft hatte. Laubmann war gleich am Apparat, und Konrad sagte fast beschwörend: «Herr Dr. Laubmann? Es ist soweit: Rauhenstein!»
Diese theatralische Parole hatte sich natürlich Philipp Laubmann ausgedacht. Konrad hatte zwar keine Ahnung, warum er gerade diesen Namen gewählt hatte – aber warum hätte er nicht darauf eingehen sollen? So abwegig manche Gedanken Laubmanns auch sein mochten – vielleicht führten sie ja zum Ziel.
Sogleich trat der Laubmannsche Plan in Kraft: Unverzüglich begab sich Konrad in die nahegelegene Tiefgarage, wo er seinen Volvo, einen Caravan, geparkt hatte.
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