Lauf des Lebens
Angst vor Verletzungen hatte, und er hatte recht damit. Aber war ihre Angst tatsächlich so groß, dass sie freiwillig einen Mann verlassen hatte, der sie liebte?
Nie zuvor hatte jemand sie geliebt. Nie zuvor hatte sich jemand Sorgen um sie gemacht, hatte sie getröstet, wenn es ihr schlecht ging …
Außer Blake. Er hatte all das getan. Selbst Richard hatte geglaubt, sie wäre stark und selbstbewusst. Aber Blake hatte hinter die Fassade geschaut und begriffen, wie verletzlich sie war. Blake hatte ihre Erinnerungen an Gewalt durch Erinnerungen an Liebe ersetzt. Wenn sie von den Berührungen eines Mannes träumte, dann von seinen Berührungen. Und diese Träume weckten ein fast schmerzhaftes Begehren in ihr.
Blak e liebt e sie ! Es war unvorstellbar, aber sie konnte wohl tatsächlich davon ausgehen, dass es so war. Sie hatte ihn ziehen lassen und gedacht, er würde sie sofort vergessen. Aus den Augen, aus dem Sinn – das hatte sie ihm unterstellt. Aber so war es nicht. Er hatte sich die Mühe gemacht, herauszufinden, wer sie wirklich war. Und ihr hatte er Zeit gelassen, über ein Leben ohne ihn nachzudenken. Dann hatte er sie angerufen. Keine Sekunde lang hatte er aufgegeben.
In den folgenden Tagen trainierte sie Kevin mit einem Dauerlächeln und einem erstaunlichen Repertoire fröhlicher Melodien auf den Lippen. Kevin folgte ihren Anweisungen so bereitwillig, dass es eine Freude war, mit ihm zu arbeiten. Dione wusste, dass er sie bald nicht mehr brauchen würde. Der Autounfall, bei dem er sich verletzt hatte, war längst vergessen. Einzig die Frage, ob er rechtzeitig bis zum Sommer würde Ball spielen können, beschäftigte ihn noch.
„Wie geht es deinem Patienten?“, fragte Blake, als er das nächste Mal anrief. Dione lächelte beim Klang seiner Stimme.
„Es geht ihm sehr gut. Ich bin dabei, ihm das Laufdiplom zu erteilen.“
„Das freut mich – und nicht nur für ihn. Denn das bedeutet, dass du Zeit für eine lange Hochzeitsreise hast.“
Sie sagte nichts, sondern stand einfach lächelnd da. Nein, Blake Remington gab einfach nicht auf. Jeder andere Mann hätte längst entnervt das Handtuch geworfen, aber wenn Blake sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann ließ er es nicht mehr los.
„Bist du in Ohnmacht gefallen?“, fragte er vorsichtig.
„Nein“, sagte sie und brach in Tränen aus. „Es ist nur … ich liebe dich so sehr, und ich vermisse dich!“
Er tat einen tiefen, etwas stockenden Atemzug. „Gott sei Dank, na endlich“, murmelte er. „Ich hatte mich schon fast mit dem Gedanken abgefunden, dich kidnappen zu müssen. Also, du wirst mich lebenslang massieren müssen, um die Hölle wiedergutzumachen, durch die du mich geschickt hast.“
„Das können wir sogar vertraglich fixieren, wenn du möchtest“, sagte sie und wischte sich die Tränen ab.
„Oh ja, sehr gerne. Mit einem wasserdichten Vertrag. Wann kann ich dich abholen? Wie ich dich kenne, hast du Kevins Therapieplan detailgenau bis zum Tag eures Abschiedskusses ausgearbeitet. An dem Tag werde ich vor der Tür stehen und dich in Empfang nehmen. Ich werde dich nicht mehr außer Sichtweite lassen, bis du Mrs. Remington bist.“
„Zwölfter April“, sagte sie lachend und weinend gleichzeitig.
„Am zwölften stehe ich vor der Tür.“
Blake wa r da. Um Punkt neun Uhr morgens lehnte er an der Türklingel, inmitten eines Frühlings schneesturms, der seine weiße Pracht auf seinem ungeschützten Kopf ablud. Als Francine die Tür öffnete, grinste er sie an. „Ich bin wegen Dione hier“, sagte Blake. „Ist sie schon wach?“
Francine machte die Tür weiter auf und lächelte den stattlichen Mann an, der mit einem leichten Hinken ins Haus trat. Er hatte etwas Draufgängerisches und Unbekümmertes an sich. Er war eindeutig nicht der Typ Mann, der eine Frau, die er liebte, einfach ziehen ließ.
„Sie versucht, ihre Sachen zu packen, aber da die Kinder ihr helfen, könnte es noch eine Weile dauern“, erklärte Francine. „Ich nehme an, sie haben sich beide um Diones Beine gewickelt und weinen.“
„Das kenne ich“, murmelte er und musste über Francines fragenden Blick lachen. „Ich bin einer von Diones Expatienten“, erklärte er.
„Passen Sie gut auf sie auf“, bat Francine. „Sie hat Kevin so gutgetan, sie hat ihn motiviert und ihm die Langeweile vertrieben. Sie ist etwas ganz Besonderes.“
„Ich weiß“, sagte er sanft.
Mit zwei weinenden Kindern im Arm kam Dione die letzte Biegung der Treppe hinunter. Sie
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