Lauf des Lebens
schmerzender Selbstdisziplin kletterte sie schließlich doch aus dem Bett, duschte und nahm den neuen Arbeitstag in Angriff.
Der Champagner hatte Blake offenbar nicht so sehr zugesetzt wie ihr. Er war genauso scharfsinnig wie immer und bereit, mit seinen Übungen zu beginnen. Nachdem sie ihm beim Aufwärmen geholfen hatte, überließ sie ihn eine Weile sich selbst, um sich Aspirin zu holen. Als sie gerade wieder hinuntergehen wollte, betrat Serena ihr Zimmer. Sie strahlte, wie so oft, über das ganze Gesicht. „Guten Morgen“, sagte sie. „Wo ist Blake? Na, ich bin ohnehin hier, um mit dir zu sprechen, nicht mit ihm. Und eigentlich wollte ich dich nur fragen, wie die Jagd läuft.“
Dione brauchte eine Weile, bis sie begriff, was Serena meinte. Ihr Verführungsprojekt hatte sich so schnell erledigt, dass es ihr im Rückblick lächerlich erschien, so viel Wirbel darum gemacht zu haben. Mittlerweile hatte sie ganz andere Sorgen. „Alles bestens, danke“, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich hoffe, auch bei dir steht es gut? Du siehst heute Morgen besser aus, als ich gestern Abend befürchtet habe.“
Serena zwinkerte ihr zu. „Ich habe gar nicht so viel getrunken“, gab sie unumwunden zu. „Die Gelegenheit schien mir nur so günstig. Du hast mich auf die Idee gebracht: Wenn d u den Mann deiner Träume ins Visier nimmst, dann kann ic h das doch wohl auch, oder nicht? Er ist immerhin mein Mann! Also habe ich ihn letzte Nacht verführt.“
Trotz ihrer Kopfschmerzen musste Dione lächeln.
„Die Schlacht ist noch nicht gewonnen, aber ich habe einige verloren geglaubte Territorien zurückerobert. Und: Ich möchte gerne schwanger werden.“
Überrascht sah Dione Serena an. „Ist das klug?“, fragte sie vorsichtig. Es gab so viele Dinge, die schiefgehen konnten. Wenn die Ehe in die Brüche ging, würde Serena mit dem Kind alleine dastehen. Oder Richard würde nur um des Kindes willen bleiben – eine entsetzliche Situation für alle Beteiligten.
„Ich kenne Richard“, sagte Serena zuversichtlich. „Ich habe ihn verletzt, und er wird eine Weile brauchen, um mir zu verzeihen, aber ich glaube, dass er mich ernsthaft liebt. Und wenn ich ein Kind von ihm bekomme, wird er das als Liebesbeweis ansehen.“
„Was er wirklich braucht, ist die Sicherheit, dass du ihn mehr liebst als Blake“, sagte Dione. Sie fühlte sich etwas unbehaglich dabei, Serena diesen Ratschlag zu erteilen. Was wusste sie schon davon, wie man ein glückliches Liebesleben führte? Ihre eigene kurze Ehe war schließlich in einem Desaster geendet.
„Das tue ich! Ich liebe Richard in einer völlig anderen Weise als Blake.“
„Wenn du in eine Situation kämst, in der du nur einen von beiden retten könntest, wen würdest du auswählen?“
Serena wurde blass und starrte Dione an.
„Denk darüber nach“, sagte Dione behutsam. „Das ist es, was Richard will. Das Eheversprechen bedeutet, notfalls alles andere aufzugeben.“
„Du rätst mir gerade, Blake aufzugeben und aus meinem Leben zu streichen?“
„Nicht ganz. Du solltest ihm nur nicht ganz so viel Zeit widmen.“
„Vielleicht sollte ich nicht jeden Abend hier essen?“
„Zum Beispiel. Ich bin mir sicher, dass Richard sich fragt, wo für dich dein Zuhause ist – bei ihm oder bei Blake.“
Serena war eine Kämpfernatur. Sie ließ Diones Worte sacken. Im ersten Moment sah sie dabei noch sorgenvoll drein, dann straffte sie ihre Schultern und reckte ihr Kinn vor. „Du hast recht“, sagte sie mit Nachdruck. „Und du bist eine ganz wunderbare Frau.“ Dann überrumpelte sie Dione mit einer heftigen Umarmung. „Der arme Richard. Er wird gar nicht wissen, wie ihm geschieht, denn ich werde ihn überschütten und verwöhnen mit zartesten Liebesbekundungen! Und du wirst die Patentante unseres Babys“, fügte sie augenzwinkernd hinzu.
„Ich werde dich zu gegebener Zeit daran erinnern“, sagte Dione, aber als sie wieder alleine war, fragte sie sich, ob Serena das Thema überhaupt noch einmal anschneiden würde. Und wenn, dann wäre Dione ohnehin nicht mehr da.
8. KAPITEL
Ohne jemandem etwas davon zu erzählen, begann Dione am nächsten Tag, die Übernahme eines neuen Patienten zu planen. Erst würde sie sich allerdings eine Auszeit gönnen, um die Trennung von Blake zu verarbeiten. In dieser Zeit würde sie sich daran gewöhnen müssen, morgens aufzustehen, ohne Blake in Reichweite und einen gemeinsamen Tag mit ihm in Aussicht zu haben. Anfang Januar würde Blake
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