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Lauf des Lebens

Lauf des Lebens

Titel: Lauf des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LINDA HOWARD
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wirklich komisch, aber in ihrem hypersensibilisierten Zustand fand Dione sie sogar urkomisch und verfiel in ein haltloses Kichern. Blake stützte sich auf einen Ellbogen und musterte sie. Seine blauen Augen schienen von innen zu leuchten. Seine feste, warme Hand wanderte zu ihrem Bauch, glitt unter den dünnen Stoff ihres T-Shirts und blieb dort ganz leicht und beruhigend auf ihrer nackten Haut liegen. Diese intime Berührung wirkte auf sie nicht im Geringsten bedrohlich, sondern fast augenblicklich beruhigend. Schweigend lag sie da und musterte sein Gesicht mit großen, unergründlichen Augen, in denen immer noch Tränen glitzerten.
    „Das schreit geradezu nach Champagner“, murmelte er und beugte sich vor, um seine Lippen auf ihre zu pressen. Doch er zog sich zurück, bevor die Berührung seine Entdeckungsfreude erneut entfachte.
    Dione hatte sich inzwischen ebenfalls unter Kontrolle. Die Therapeutin in ihr übernahm wieder das Ruder. „Champagner, ganz klar. Aber zuerst sollten wir mal vom Boden aufstehen.“ Sie erhob sich anmutig und streckte ihm ihre Hand entgegen. Mithilfe seiner Hände brachte er seine Füße in eine stabile Position, dann drückte er seinen Unterarm gegen ihren, während seine Hand ihren Ellbogen umklammerte. Sie machte ihren Arm steif, und er nutzte ihn als Hebel, um sich hochzuziehen. Schwankend fand er schließlich sein Gleichgewicht.
    „Was nun?“, fragte er.
    Dione kannte Blake mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er sich nicht nach dem weiteren Ablauf des Nachmittages erkundigte, sondern danach, wie es mit seiner Therapie weitergehen sollte.
    „Üben, üben, üben“, antwortete sie. „Je mehr du es übst, umso leichter fällt es dir irgendwann. Aber du darfst es auch nicht übertreiben, sonst kannst du dich verletzen. Wenn man müde ist, wird man ungeschickt und schwerfällig und riskiert, sich Arme und Beine zu brechen. Der daraus resultierende Zeitverlust würde wirklich wehtun.“
    „Nenn mir eine Zeit“, beharrte er. Sie schüttelte den Kopf über seine Hartnäckigkeit. Er konnte sich einfach nicht zügeln, hatte keine Geduld. Er überstürzte die Dinge und war sogar sich selbst gegenüber ungeduldig.
    „Nächste Woche kann ich dir eine genauere Einschätzung geben“, sagte sie mit Nachdruck. Sie wollte sich nicht von ihm drängen und festnageln lassen. „Aber ich werde definitiv mein Versprechen halten, dass du Weihnachten wieder laufen kannst.“
    „Sechs Wochen“, rechnete er.
    „Mit einem Gehstock“, ergänzte sie hastig. Er funkelte sie an.
    „Ohne Gehstock“, beharrte er. Sie zuckte die Achseln. Wenn er sich in den Kopf setzte, ohne Stock zu gehen, würde er es womöglich sogar schaffen.
    „Ich habe daran gedacht, meine Arbeit wieder aufzunehmen“, hörte sie ihn sagen. Erschrocken blickte sie auf und war augenblicklich im Bann seiner blauen Augen gefangen, wie eine hilflose Fliege in einem Spinnennetz. „Ich könnte jetzt schon beginnen, aber ich möchte den Fortlauf der Therapie nicht stören. Was sagst du zu Anfang Januar? Bin ich dann so weit, dass die Arbeit meine Therapiefortschritte nicht hemmt?“
    Dione hatte einen Kloß im Hals. Anfangdes Jahres würde sie also gehen. Sie schluckte und sagte mit leiser, aber gefasster Stimme: „Die Therapie wird dann zu Ende sein, und du kannst wieder in deinen normalen Alltag einsteigen. Wenn du mit den Übungen weitermachen willst, kannst du das natürlich gerne tun. Du hast ja die Ausrüstung hier. Du wirst nicht mehr ganz so hart trainieren müssen wie jetzt, denn wir mussten ja von einem ganz anderen Niveau beginnen. Du musst eigentlich nur zusehen, dass du das jetzige Level hältst. Das erfordert kein sonderlich intensives Training. Wenn du möchtest, skizziere ich dir noch ein kleines Programm, das du dann selbstständig trainieren kannst.“
    Blaue Blitze schossen aus seinen Augen.
    „Was meinst du damit?“, fragte er barsch. Seine Hand schoss nach vorne und griff sich Diones Handgelenk. Trotz ihrer Kraft war sie so schlank, dass seine Finger ihren Arm locker einmal umfassten. Dione spürte, wie die Innenseiten ihres Arms zu kribbeln begannen. War ihm etwa nicht klar, dass sie ihn nach erfolgreicher Therapie verlassen würde? Vielleicht nicht. Patienten waren oft so mit sich selbst und ihren Fortschritten beschäftigt, dass sie die Existenz anderer Verpflichtungen vollkommen ausblendeten. Wochenlang hatte sie nun schon in dem schmerzhaften Bewusstsein gelebt, ihn bald verlassen zu müssen –

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