Lauf des Lebens
Paar stritt sich hin und wieder und schrie sich an, wohl wissend, dass ein Streit die Liebe nicht zerstört. Blake würde sich immer zügeln und zurückhalten, weil er Szenen wie diese fürchten musste. Würde er sie irgendwann hassen, weil sie ihn einschränkte? Blake verdiente eine intakte Partnerin, jemanden, der wirklich frei war, so wie er selbst frei war.
„Ich glaube, es ist besser, wenn ich gehe“, sagte sie. Obwohl sie verzweifelt um einen ruhigen Ton bemüht war, zitterte ihre Stimme.
Der Arm, der unter ihrem Nacken lag, spannte sich an. Blake stützte sich auf einen Ellbogen. Seine Silhouette ragte in der Dunkelheit auf. „Nein“, sagte er, und in seiner Stimme lag die Festigkeit, um die sich Dione gerade vergeblich bemüht hatte.„Du gehörst hierher und wirst hierbleiben. Wir heiraten bald, erinnerst du dich?“
„Das versuche ich doch gerade, dir zu erklären“, protestierte sie. „Wie können wir ein gemeinsames Leben aufbauen, wenn du permanent aufpassen musst, was du sagst und tust, um mich nicht zu erschrecken? Du wirst mich hassen, und ich werde mich selbst hassen!“
„Du siehst Probleme, wo es keine gibt“, sagte er knapp. „Ich werde dich niemals hassen, also denk nicht weiter darüber nach.“
Sein scharfer Ton ließ sie zusammenzucken und verstummen. Sie fragte sich, wie sie jemals so naiv hatte sein können, an ein normales gemeinsames Leben zu glauben. Nach all ihren Erfahrungen hätte sie doch wissen müssen, dass die Liebe in ihrem Leben nichts zu suchen hatte. Blake liebte sie nicht. Hatte ihr gesunder Menschenverstand ihr das nicht von Anfang an gesagt? Er hatte sich von ihr lediglich betören lassen, war fasziniert gewesen von der Herausforderung, sie zu erobern, und von der Treibhausatmosphäre, die die intensive Therapie erzeugt hatte. Treibhäuser produzierten Blumen mit spektakulären Blüten, aber diese Blumen verblühten schnell, wenn man sie nach draußen pflanzte. Sie waren auf die geschützte Atmosphäre angewiesen, die sie hervorgebracht hatte. Sie verkümmerten und gingen ein, wenn man sie den rauen Bedingungen der wirklichen Welt aussetzte.
Schon jetzt war die Blüte von Blakes Verliebtheit am Verblühen, und zwar nicht, wie Dione zunächst befürchtet hatte, weil sie der Attraktivität einer anderen Frau ausgesetzt war, sondern weil ihr das ganz normale Leben zusetzte.
12. KAPITEL
Die Notwendigkeit einer Trennung erkannt zu haben, war eine Sache, sich seelisch auf die Trennung vorzubereiten, eine andere. Jedes Mal, wenn Dione Blakes grüblerischen Blick auf sich spürte, musste sie wegschauen, um ihren Schmerz zu verbergen. Sie wusste, dass er seinen Heiratsantrag bereute, dass sein Stolz ihn jedoch daran hinderte, ihn zurückzunehmen. Von sich aus würde er sie wahrscheinlich nie darum bitten, die Verlobung aufzulösen. Deshalb musste die Trennung von ihr ausgehen, ganz klar. Aber sie spürte, dass er noch nicht so weit war, sich seinen Irrtum einzugestehen, deshalb unternahm sie vorerst noch nichts. Sie würde den richtigen Moment schon erkennen – und Blake dann ziehen lassen.
Nach dem Jahreswechsel begann Blake, wie geplant, Vollzeit zu arbeiten. Dione meinte, die Erleichterung zu spüren, mit der er morgens das Haus verließ. Und abends kam er immer mit einer Aktentasche voller Papiere und Dokumente zurück. Natürlich fragte sich Dione, ob er sich nur deshalb Arbeit mit nach Hause nahm, um sich mit einem guten Vorwand ins Arbeitszimmer verkriechen und ihrer Gesellschaft entziehen zu können. Doch als Blake erwähnte, dass Richard seinen Vorschlag angenommen und seine Urlaubsreise angetreten hatte, bekam sie ein schlechtes Gewissen. Ohne Richard musste Blake förmlich in Arbeit ertrinken.
Einmal kroch er erst nach Mitternacht ins Bett und seufzte erschöpft, als er seinen Körper endlich ausstrecken konnte. Dione drehte sich zu ihm um und strich mit dem Finger über die weiche Haut seiner Wange und die knisternden Bartstoppeln. „Brauchst du eine Entspannungsmassage?“, fragte sie leise.
„Würde es dir etwas ausmachen?“, seufzte er. „Mein Nacken und meine Schultern sind völlig verspannt von der permanenten Schreibtischhockerei. Mein Gott, kein Wunder, dass Richard und Serena Probleme miteinander haben. Richard hat zwei Jahre in diesem Stil durchgearbeitet. Das treibt jeden Mann in den Wahnsinn.“
Er rollte sich auf den Bauch. Dione zog sich ihr Nachthemd bis zu den Hüften hoch, setzte sich rittlings auf seinen Rücken und beugte sich
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