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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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wollte ihren Ohren nicht trauen.
    Michael griff in seine Tasche und zog das kleine Schmuckkästchen heraus, das Jane ihm am Tag zuvor zurückgeschickt hatte. »Ich habe ihn für dich gekauft, Jane. Ich möchte, daß du ihn trägst.«
    Jane ballte die Hände an ihren Seiten zu Fäusten. War das sein Plan? Hoffte er, sie würde versuchen, ihn zu schlagen?
    »Du fehlst mir, Jane. Mir fehlt unser gemeinsames Leben. Mir fehlt unsere Tochter.«
    »Die Tochter, von der du mir sagtest, sie wäre tot.«
    Michael fuhr sich mit ruhiger Hand durch das Haar. »Ich weiß, du glaubst fest, ich hätte dir das gesagt...«
    »Ich verstehe. Auch auf mein Gehör ist also kein Verlaß.«
    »Jane, du warst völlig durcheinander. Du warst hysterisch. Wie kannst du sicher sein, wer dir was gesagt hat?«
    Jane schloß die Augen und sagte nichts.
    »Ich liebe dich, Jane.« Er setzte sich neben sie. »Ich weiß, was du glaubst, was ich dir und unserer Tochter angetan habe, aber ich weiß auch, daß du mit der Zeit und mit der richtigen Therapie schließlich einsehen wirst, daß nichts sich so abgespielt hat, wie du meinst; daß ich nichts von dem getan habe, was du mir vorwirfst.«
    »Und Emily?« fragte Jane. »Wie lange wird es dauern, bis sie das einsieht?«
    »Emily ist sieben Jahre alt«, erwiderte Michael geduldig. »Nichts würde sie glücklicher machen, als ihre Eltern wieder zusammen zu sehen.« Er neigte sich zu ihr und hob eine Hand.
    Jane sah, wie seine langen, beweglichen Finger sich ihren Händen näherten. Sie hob den Blick zu seinem Gesicht. Sie musterte die eigenwillige Nase, die vollen Lippen; das helle Haar, die blaßgrünen Augen und versuchte, all diese Teile zu einem erkennbaren
Ganzen zusammenzubringen. Aber er war ihr jetzt noch fremder als vor zwei Monaten, als er sie in Dr. Meloffs Praxis abgeholt hatte.
    »Wenn du mich anrührst, bringe ich dich um«, sagte sie, ohne die Stimme zu erheben.
    Michael zog sofort die Hand zurück und sprang auf. Er war offensichtlich betroffen. Jane hätte gern gewußt, ob es ihre Worte waren oder die Gelassenheit, mit der sie sie ausgesprochen hatte, die ihn so erschüttert hatten.
    »Drohst du mir, Jane?« fragte er und schüttelte scheinbar ungläubig den Kopf.
    In diesem Moment kam Jane der Gedanke, daß in dem Zimmer Abhörvorrichtungen versteckt sein könnten. Hatte sie jetzt alles verpfuscht? Lieber Gott, wo blieb nur ihre Anwältin? Wieso brauchte die Frau so lange?
    »Das ist genau die Einstellung, durch die wir in dieses Schlamassel geraten sind«, sagte Michael. »In deinem Leben gibt es keinen Platz für Kompromisse. Weshalb solltest du Kompromisse schließen, wo du doch sowieso immer recht hast? Du weißt alles, nicht wahr, Jane? O nein, Jane Whittaker kann kein Mensch was Neues sagen. Sie weiß alles. Sie weiß, wo’s lang geht, und sie bestimmt. Ohne ihre Genehmigung geht gar nichts. Du mußt immer die Oberhand haben, stimmt’s, Jane? Du mußt die wichtigen Entscheidungen treffen: wohin wir gehen; wen wir besuchen; was wir tun; wann wir miteinander schlafen; wie wir miteinander schlafen...«
    Jane versuchte, den Sinn hinter dieser plötzlichen Flut von Anschuldigungen zu entdecken. »Willst du behaupten, es sei meine Schuld, daß du unsere Tochter mißbraucht hast?«
    »Himmelherrgott noch mal! Ich habe Emily niemals mißbraucht.« Er hob flehend die Hände. »Sie kam eines Abends ins Badezimmer, als ich pinkelte. Du warst bei irgendeiner deiner Veranstaltungen. Sie war neugierig, genau wie jedes normale
Kind. Sie fragte, ob sie mich anfassen dürfe. Ich sah nichts Schlimmes daran. Es war völlig harmlos. Ich hatte keine Ahnung, was daraus entstehen...««
    »Ach, jetzt ist es also Emilys Schuld.«
    »Wieso bist du so versessen darauf, Schuldzuweisungen zu machen?«
    »Wieso gehst du nicht endlich zum Teufel!« fuhr Jane ihn an, lauter als beabsichtigt.
    Prompt klopfte es an die Tür. »Alles in Ordnung?« erkundigte sich eine Frau auf der anderen Seite.
    Michael ging zur Tür und öffnete sie mit einem Ausdruck tiefer Bekümmerung auf dem Gesicht. »Ich glaube, Sie können Mr. Wadell bitten, wieder hereinzukommen«, sagte er der Sekretärin in tief enttäuschtem Ton. »Es sieht nicht so aus, als könnten wir allein weiterkommen.«
    »Sehr gekonnt, Michael«, sagte Jane ironisch.
    Er sah sie an, als hätte er keine Ahnung, was sie meinte, und Jane fragte sich, ob sie vor Gericht auch nur die geringste Chance gegen ihn haben würde.
    »Nun sehen Sie mal, wer inzwischen

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