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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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meiner Weisheit am Ende. Ich habe alles versucht. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich weiß ganz einfach nicht, was mir anderes übrigbleibt.«
    O Gott, dachte Jane, während Dunkelheit sich über sie senkte, o Gott, hilf mir doch jemand.

19
    Sie träumte, Emily hätte sie angerufen und gebeten, sie am Bostoner Hafen zu treffen. Aber als sie dort ankam, war Emily schon weg. Wie gejagt rannte sie am Charles River entlang, vorbei an den Ausflugsdampfern und am Aquarium, an den Kais und den Piers der Wasserwacht, weiter über die Charlestown-Brücke, vorbei an den Touristengruppen rund um die U.S.S. Constitution , zur Marinewerft. Sie erreichte den Kai, als Emilys Schiff gerade auslief.
    »Emily! Emily!«
    »Tut mir leid, aber Sie gehören nicht zu dieser Gruppe«, sagte eine Frau in tadelndem Ton. »Sie können sich auf dem Common einer anderen Gruppe anschließen. Dort erwartet Emily Sie.«

    »Emily!« rief Jane wieder, während sie über den Common hetzte. »Emily, wo bist du?«
    »Sie haben sie verpaßt«, sagte jemand.»Sie ist mit Gargamella weggegangen.«
    »Nein!«
    »Sie hat gesagt, sie wartet um vier Uhr an der Faneuil Hall.«
    Jane sprang in ein wartendes Auto und brauste los. Jedem, der ihr in die Quere kam, tat sie ihren Unmut mit Hupen und obszönen Fingerzeichen kund.
    »Geduld, Geduld«, warnte Michael vom Rücksitz. »Du möchtest doch keinen Unfall bauen, oder?«
    Plötzlich sah sie, wie ein dunkelgrüner Volvo außer Kontrolle geriet und direkt auf sie zuraste. Sie versuchte, das Steuer herumzureißen, aber es war völlig blockiert. Mit aller Kraft trat sie auf die Bremse, um das Unvermeidliche doch noch abzuwenden.
    »Nein!« schrie sie und fuhr so heftig in die Höhe, daß sie beinahe aus dem Bett gefallen wäre. Angstvoll und gehetzt sah sie sich um und beruhigte sich etwas, als sie erkannte, daß sie zu Hause in ihrem Bett war.
    Ihr Blick ging zum Nachttisch neben dem Bett, zu dem Platz, an dem das Telefon gestanden hatte, ehe Michael es hinausgebracht hatte, und sie begriff, daß Emily in Wirklichkeit gar nicht versucht hatte, sie zu erreichen. Oder vielleicht doch? Vielleicht hatte sie nach ihr gerufen; der Schrei einer verängstigten Seele zur anderen. Flüsternde Stimmen hallten in ihrem Kopf - Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ihr habt keine Ahnung, wie es ist. Sie ist so unberechenbar.
    Michael?
    Sie hat sich nach dem Unfall völlig verändert.
    Wieso sagst du das? Hast du mir irgend etwas über den Unfall verschwiegen?
    Wenn es nicht bald besser wird, muß ich mich vielleicht mit dem Gedanken vertraut machen, sie einweisen zu lassen.

    Einweisen? O Gott. Das konnte sie doch nur geträumt haben!
    Was bleibt mir andres übrig?
    Einweisen. Michael hatte allen Ernstes gesagt, er müßte sie vielleicht einweisen lassen. In eine Anstalt. Er hatte sie verraten und vergiftet und dann einer ihrer engsten Freundinnen unter Tränen gestanden, daß ihm vielleicht nichts anderes übrigbleiben würde, als sie einweisen zu lassen. Kein Traum. Dieser Alptraum war Realität.
    Sie mußte weg von hier.
    Als sie die Decken abwarf, entdeckte sie, daß sie noch die Kleider vom vergangenen Abend anhatte. Das war gut so; sie hätte wahrscheinlich nicht die Kraft gehabt, sich anzuziehen. Nur ihre Füße waren nackt, aber in ein Paar Schuhe war sie schnell hineingeschlüpft.
    Ihre Zehen berührten den Teppich, und das schrecklich vertraute Schwindelgefühl drohte, sie zu überwältigen. Nimm dich zusammen, ermahnte sie sich. Konzentrier dich auf das, was du tun mußt. Konzentrier dich darauf, aus diesem Haus zu verschwinden, solange du noch kannst.
    Und was willst du tun, wenn du hier raus bist? Immer schön der Reihe nach. Jetzt mußt du erst mal hier rauskommen.
    Jane zog die Schranktür auf und schob die Füße in die schwarzen Lackschuhe.
    »Was tun Sie da?«
    Beim Klang von Paulas Stimme erstarrte sie.
    »Ich muß zur Toilette«, log sie und nahm sich eisern zusammen, um ruhig zu bleiben und nicht umzukippen.
    »Na, da finden Sie die aber nicht.« Paulas Hände berührten ihre Schultern und lenkten sie sachte schiebend in die richtige Richtung. »Da geht’s hin. Immer geradeaus.« Sie gab Jane einen letzten kleinen Stoß, wie man das vielleicht mit einem Kind tut, das gerade laufen lernt, dann ließ sie sie los.
    »Ich glaube, allein schaff ich’s nicht.« Jane taumelte. Sofort
war Paula an ihrer Seite. »Um Gottes willen, was ist das?« schrie Jane laut und wies auf die Badewanne.
    »Was

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