Lauf, so schnell du kannst
zwar noch etwas dick, aber sie dachte, dass sie zumindest in der Lage sein würde, eine Socke anzuziehen. Ob sie auch in der Lage wäre, den Fuß weit genug zu biegen, um in ihren Stiefel hineinzukommen, war die große Frage.
Schweigend griff sie nach der dicken Socke und begann sie über ihren Fuß zu streifen. Die Socke ging problemlos über ihren Knöchel. Der erste Schritt war vollbracht.
Dare setzte sich ihr gegenüber und hob ihren Fuß sanft auf seinen Schoß, dann griff er nach der Bandage. »Du wirst den Verband als zusätzlichen Halt benötigen, aber ich werde ihn so anlegen, dass er um deinen Knöchel nicht zu dick ist.« Schnell rollte er den Verband auf, dann wickelte er ihn ihr um den Fuß und den Knöchel und entrollte ihn dabei. Sobald er gesichert war, streckte Dare sich aus, um sich ihren Stiefel zu angeln, und hielt ihn ihr schweigend hin.
Vorsichtig zog sie den Stiefel an, wobei sie ihn hin und her bewegte, um den Fuß zu schonen; als es aber nicht weiter ging, ohne den Fuß zu biegen, biss sie die Zähne zusammen und bewegte das Gelenk so wenig wie möglich, und dann glitt ihr Fuß ganz in den Stiefel hinein.
»Geschafft!«, sagte sie und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Zumindest teilweise.« Sie war sich ziemlich sicher, dass sie laufen konnte, obwohl sie definitiv einen dicken, festen Stock brauchen würde, um sich aufzustützen. Die nächste Frage war, ob sie gut genug laufen konnte, um einen Berg hinunterzuwandern, was durch rutschigen Boden noch erschwert wurde.
»Willst du jetzt einen Gehversuch machen oder lieber erst Kaffee trinken?«
»Kaffee«, antwortete sie inbrünstig.
»Also kann bei dir sogar das Laufen bis nach dem Kaffee warten?«
»Ganz genau, Cowboy, und vergiss das bloß nicht.«
Nachdem sie sich mit zwei Tassen Kaffee und einer Schale heißen Haferbreis gestärkt hatte, fühlte sie sich angeregt und bereit zu gehen. »Okay, dann lass es uns mal versuchen.«
Er stand auf und hielt ihr die Hände hin. Ohne zu zögern, legte Angie ihre Hände in seine, und er zog sie mühelos auf die Füße. Sie balancierte auf dem linken Fuß, bis sie sich ganz aufgerichtet hatte, dann verlagerte sie ihr Gewicht, bis sie auf beiden Füßen stand. Er ließ ihre Hände los, und sie machte einen Schritt und dann noch einen. Ihr Knöchel schmerzte zwar, und sie humpelte, aber sie konnte jetzt viel besser gehen als am vergangenen Tag. Sie machte noch ein paar weitere Schritte und spürte, wie sich das Gelenk noch mehr lockerte. »Es fühlt sich besser an, als ich erwartet habe«, bemerkte sie.
»Durch das Laufen wird dein Knöchel schmerzen, das weißt du.«
»Ja. Aber die Alternative besteht darin, noch einen Tag zu warten, und das möchte ich nicht.« Zuvor hatten sie nichts tun können, aber jetzt, da sie imstande war zu laufen und das Wetter aufgeklart hatte, würde sie Schuldgefühle haben, wenn sie noch länger zögerten und Chad deswegen entkam. Sie wollte nicht, dass Dare allein ging, und er wollte sie nicht hierlassen, also würde sie gehen. Solange ihr Knöchel ihr Gewicht trug, würde sie weiterlaufen.
Nachdem die Entscheidung getroffen war, hatte es keinen Sinn mehr zu zögern, darum machten sie sich gleich fertig. Dare räumte die Laterne und den Campingkocher wieder in die Staukiste, sicherte ihre Abfälle, um sich beim nächsten Besuch darum zu kümmern, und packte seine Trockennahrung fort. »Du wirst einen Stock brauchen«, stellte er fest und nahm ein kleines Beil aus der Kiste. »Ich werde mich darum kümmern, während du alles einpackst, was wir unterwegs für eine Nacht im Freien brauchen, falls es dazu kommt.«
Während er fort war, leerte Angie ihre Satteltaschen aus, sah ihre Ausrüstung durch und machte sich daran, die notwendigen Dinge einzupacken: Lebensmittel und Wasser, den Feuerstahl, um ein Feuer zu machen, Müllbeutel, die sie notfalls als Plane benutzen konnten, den Schlafsack, den sie zusammenlegte und so fest wie möglich aufrollte und dann verschnürte.
Sie öffnete eine neue Patronenschachtel, die sie in der Gewitternacht aus ihrem Zelt mitgenommen hatte, und lud ihr Gewehr nach, dann packte sie die übrigen Patronen in die Satteltaschen. Ihr schwerer Mantel war zum Glück trocken; mit ihm und den Joggingsachen sollte sie genug warme Kleidung für eine Nacht unter freiem Himmel haben. Sie würden sich auch gegenseitig sowie am Feuer und unter dem Schlafsack wärmen können – es würde vielleicht etwas ungemütlich werden, aber es
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