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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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nicht gerade ein Mekka für Urlauber, aber er konnte die Möglichkeit nicht ganz ausschließen. Es gab andere Führer in der Gegend, das wusste er von seinen Nachforschungen, und dann waren da noch Jäger, die sich vielleicht ein Camp mieteten und ohne Führer loszogen.
    Aber sie würden nicht wissen, was passiert war; sie würden nicht nach ihm Ausschau halten, es sei denn, Angie war unterwegs auf der Flucht irgendwie über eine weitere Jagdgruppe gestolpert. Wenn das geschehen war, musste er annehmen, dass jeder, dem er begegnete, über ihn Bescheid wissen würde und eliminiert werden müsste. Die anderen würden nicht damit rechnen, dass er einfach anfing zu schießen, was ihm einen Vorteil verschaffen mochte, den er auch bräuchte, wenn er eine ganze Gruppe von Jägern ausschalten musste. Falls seine Überraschungstaktik nicht funktionierte, würde er lieber mit Glanz und Gloria untergehen als nach allem, was er durchgemacht hatte, um hierherzukommen, aufzugeben. Er würde sich todsicher nicht auf den Boden legen und sich ergeben.
    Inständig hoffte er, dass Angie Powell tot war. Die Chancen dafür standen mindestens fünfzig zu fünfzig. Es gab so viel, was sie hätte umbringen können: Unterkühlung, dann dieser Scheißbär oder ein Sturz in einen Abgrund, fortgerissen von dem Hochwasser. Es war ihm egal, wie sie starb, er wollte nur, dass sie weg vom Fenster war.
    Er betete, dass sie tot sein möge, war aber darauf vorbereitet, dass sie noch lebte.
    Was auch geschah, er durfte sich nicht schnappen lassen. Im Gefängnis würde er keine Woche lang überleben. Und selbst wenn – was unwahrscheinlich war, weil Davis’ Bosse überall ihre Leute hatten, selbst im Knast –, würde die Gefangenschaft und die Sorte von Kriminellen, mit denen er es gezwungenermaßen zu tun haben würde, ihn auf die eine oder andere Weise umbringen. Er wusste, dass er wie ein totaler Schwächling aussah, wusste, wie ihn die harten Knastjungs einschätzen würden. Dann wäre er lieber tot.
    Dieser Gedanke trieb ihn an. Er überprüfte seine Waffen – Gewehr und Pistole –, stopfte sich noch ein paar Kraftriegel in die Taschen, wo sie leicht greifbar sein würden, und zog sich die Stiefel an, die er verschnürte und fest zuband. Er nahm den schweren Mantel, die Handschuhe, den Regenmantel und etwas Wasser. Er überlegte, auch seine Reisetasche mitzunehmen, wog das Pro und Kontra ab. Er würde vielleicht die Ausrüstung benutzen können, die er dann mitnehmen könnte, aber alles, was darüber hinausging, wäre ein zusätzliches Gewicht. Nicht nur das, denn wenn er die Reisetasche hierließ, würde das die Leute, die nach ihm suchten, vielleicht auf die Idee bringen, dass er noch in der Nähe war. Er musste sich darauf festlegen, denn er würde nicht zurückkommen. Ihm lief die Zeit davon.
    Mit seiner neuen Route im Kopf ging er zu dem Pferch. Der Boden war nass und schlammig, daher wählte er seine Schritte mit Bedacht. Das Pferd war unruhig und rollte etwas mit den Augen. Chad blieb stehen, und ihm sträubten sich die Haare bei der Erinnerung an das Verhalten der Pferde, als der Bär um das Lager geschlichen war. Das Gewehr im Anschlag schaute er sich um, sah oder hörte aber nichts. Nach einigen Minuten zuckte er die Achseln und stellte das Gewehr beiseite. Vielleicht hatte das verdammte Pferd einfach genug vom Herumstehen.
    Er sattelte den Fuchs und sprach leise mit ihm, um ihn zu beruhigen. Er war auch selbst ein bisschen aufgeregt, jetzt, da das Ende seiner Qualen zum Greifen nahe war. Einige Stunden – vielleicht etwas länger, je nachdem, auf welche Bedingungen er traf und wie groß die Umwege waren, die er machen musste –, und er würde frei sein.
    Er war inzwischen schon zu weit gekommen, hatte zu viel getan, um sich mit weniger zufriedenzugeben.
    Er saß auf und wendete den Kopf des Pferdes nach Süden. Ein leichter Wind wehte, während die Sonne hell am Himmel stand. Der Fuchs kam nicht gerade gut voran, aber der Boden war bereits etwas fester als noch vor zwei Tagen, und nach wenigen Minuten beruhigte sich das Pferd. Chads Stimmung hob sich. Allein die Möglichkeit, etwas
tun
zu können
,
war schon eine Erleichterung.
    Eine halbe Stunde später kreuzte der Bär seine Duftspur.

28
    »Wie kommst du zurecht?«, fragte Dare, nachdem sie eine Stunde gelaufen waren. Sie hatten nicht viel gesprochen, weil sie beide genau darauf achteten, wo sie hintraten. Der Boden war matschig, mit einer dünnen Eisschicht obenauf; da

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