Lauf, so schnell du kannst
konnte ein falscher Schritt, wie sie ihn in der Nacht des Gewitters gemacht hatte, zu einem echten Notfall führen.
»Ich bin okay. Der Stiefel macht viel aus.« Die stramme Schnürung und die Bandage boten den nötigen Halt und halfen, den Knöchel zu stabilisieren.
»Tut dein Fuß weh?«
»Es ist nur eine Art dumpfer Schmerz. Mir geht es gut.«
Dare behielt ein langsames Tempo bei, und sein Adlerauge maß ihr Vorankommen und die Anstrengung, die sie unternahm. Angie ging einfach und machte gar nicht erst den Versuch, ihr Humpeln zu verbergen; er hätte es ohnehin gemerkt und sich noch größere Sorgen gemacht. Sie war unendlich dankbar für den Gehstock, der sie auf dem unebenen Gelände stützte und den Löwenanteil der Belastung von ihrem Knöchel nahm. Morgen würden ihr vielleicht der Arm und die Schulter von der Anstrengung wehtun, aber das war jetzt egal.
In einer idealen Situation würde sie auf einem Sofa oder Fernsehsessel sitzen, mit einem Kissen unter dem Fuß und einem Eisbeutel auf dem Gelenk, aber »ideal« war Traumland, und die Realität war, dass sie laufen musste. Wenn sie über flachen Boden gegangen wären, hätte sie kein großes Problem gehabt, aber so war es nicht. Rauf, runter – die Anpassung an das Gelände stellte eine große Belastung für das Gelenk dar. Dare versuchte, es zu mildern, indem er so weit wie möglich schräg am Berghang abstieg, aber die harte Realität war, dass sie hinuntergehen mussten.
Die Berge waren nicht vollständig mit Bäumen bedeckt; es gab zwar dichte Baumgruppen, aber auch Wiesen, Felsformationen, Vorsprünge und steile Abhänge. Die Wiesen sahen aus, als wären sie am leichtesten zu begehen, aber sie waren so steinig, dass sie keinen geraden Schritt machen konnten und Angies Tempo sich zu einem Kriechen verlangsamte. So kamen sie an einen Bereich, wo es einfach keine sichere Stelle gab, auf die sie ihren Fuß setzen konnte. Dare hob die Hand. »Warte da.« Er legte sein Gewehr und die Satteltaschen beiseite, dann kehrte er zurück, um sie um die Taille zu fassen. Ohne wahrnehmbare Anstrengung hob er sie hoch und schwang sie über den tückischen Teil auf festeren Boden.
Sie analysierte den Moment nicht, sondern legte ihm einfach die Arme um den Hals und küsste ihn. Seine Größe und Stärke gaben ihr das Gefühl, weiblicher zu sein, als sie sich je zuvor in ihrem Leben gefühlt hatte. Aber das verblasste im Vergleich zu der Art, wie er ihr das Gefühl vermittelte, geschätzt zu werden. Ohne zu zögern, schlang er die Arme um sie und zog sie fest an sich, eroberte hungrig ihren Mund, küsste sie leidenschaftlich, als stünde ihnen der ganze Tag zur Verfügung – und als wäre es Teil seiner Pläne, ihr dort an Ort und Stelle die Kleider vom Leib zu reißen und in sie einzudringen. Selbst wenn es das war, was er wollte, wusste sie nicht, ob sie Einwände erheben würde. Ihr Körper kannte ihn nun, wusste, wie er roch und schmeckte und wie er sich anfühlte, kannte sein Gewicht und seine Kraft, kannte auch die Geräusche, die er machte, wenn er kam, und sie reagierte auf ihn auf einer Art Molekülebene. Es war eine Anziehung von Gleich und Gleich.
Doch dann hob er den Kopf, und seine schmalen blauen Augen glitzerten auf sie herab. »Nicht, dass ich mich beschwere, aber wofür war das?«
Sie musste hörbar schlucken, aber sie sagte ehrlich: »Dafür, dass du mich behandelst, als wäre ich wichtig.«
Er hob sie vom Boden hoch und hielt sie so, dass ihre Augen fast auf gleicher Höhe waren. Seine Stimme wurde noch rauer als gewöhnlich. »Du bist mir wichtig, du bist sogar verdammt wichtig.«
»Du bist mir auch verdammt wichtig«, antwortete sie und küsste ihn wieder, schwelgte in dem Augenblick.
Nach einem Moment zog er den Kopf zurück und atmete tief ein, während er ihren Hintern knetete und sie an seiner Erektion rieb. »Entweder hören wir jetzt auf, oder du bekommst den Wind auf deinem nackten Arsch zu spüren.«
»Wenn mein Arsch nackt wird, wird deiner es auch sein«, neckte sie ihn, dann lehnte sie ihr Gesicht an seins und seufzte. »Aber wir sollten besser weitergehen. Es tut mir leid, dass ich so langsam bin; bei diesem Tempo werden wir es nicht vor Einbruch der Dunkelheit bis zu Lattimore schaffen.«
»Wenn nicht, dann nicht«, antwortete er ungerührt.
Es machte ihr jedoch zu schaffen, der Grund für ihr langsames Vorankommen zu sein. Wenn man zügig ging, konnte man in einer Viertelstunde etwa eine Meile laufen; sie hatte keinen
Weitere Kostenlose Bücher