Lauf, so schnell du kannst
Straße – solche Dinge. Er hatte jetzt ein seltsames Gefühl im Bauch, und langsamer zu fahren würde rein gar nichts nützen.
Er überprüfte regelmäßig, ob sein Handy Empfang hatte; manchmal stieß er auf ein Funkloch, von dem er vorher nichts geahnt hatte, oder atmosphärische Störungen sorgten wie durch Zauberei für Empfang, wo es fünf Minuten vorher keinen gegeben hatte. Hier draußen war der Empfang schlecht, aber seiner Erfahrung nach lebten die Menschen aus bestimmten Gründen hier, und einer davon war der, dass das Leben hier einen gemächlicheren Gang ging. Er hatte nicht das Bedürfnis, ständig in Kontakt mit der Welt zu stehen, und die anderen auch nicht. Falls er in Noahs Nähe ziehen würde – zum Teufel,
wenn
er in die Nähe von Noah und seiner Familie zog, er konnte auch aufhören, mit der Idee zu spielen und Nägel mit Köpfen machen –, dann musste er sich an die Informationsflut gewöhnen. Natürlich konnte er auch der alte Kauz bleiben, der sein Handy nur dann einschaltete, wenn er einen Anruf tätigen wollte, und es dann prompt wieder ausschaltete. Damit konnte er leben.
Kurz bevor er sein Büro wieder erreichte, bekam er endlich Empfang, das war normal. Es hatte keinen Sinn, seine Minuten zu verschwenden, daher benutzte er das Festnetz im Büro. Der Anrufbeantworter meldete sich, aber es hätte ihn ohnehin überrascht, wenn Dare abgehoben hätte; es war nicht so, als würde er im Haus herumsitzen und auf einen Anruf warten. Der Handyempfang war draußen bei Dare genauso schlecht wie überall in der Gegend, also versuchte er es gar nicht erst unter dieser Nummer. »Dare, ich bin’s, Harlan. Ich habe Angie dein Angebot unterbreitet, und sie hat ein Gegenangebot gemacht. Ruf mich an.«
Der Rückruf kam weniger als eine halbe Stunde später. Dares Stimme klang so roh und rau wie der Januar, so wie immer, und auch schroff, ebenfalls wie immer. Dare war ein guter Kerl, und Harlan mochte ihn, aber selbst seine Freunde dachten, dass er stahlhart sei und so störrisch wie ein Stier. »Wie hoch ist das Gegenangebot?«
»Zehntausend weniger als die ursprüngliche Forderung. Es ist eine faire Summe.«
»Vor zwei Jahren mag das eine faire Summe gewesen sein, aber die Grundstückswerte sind seitdem in den Keller gegangen. Das sind zwanzigtausend mehr, als ich geboten habe. Ich bin kein Goldesel«, sagte er gereizt. »Ich weiß nicht, ob ich die Bank dazu bringen kann, die Finanzierungssumme zu erhöhen.«
Wenigstens hatte er nicht strikt abgelehnt. »Denk darüber nach«, drängte Harlan. »Im Moment braucht noch nichts entschieden zu werden. Angie bricht morgen früh zu einer einwöchigen Tour mit zwei Männern auf, also wird sie ohnehin nicht zu erreichen sein. Ich werde mich mit der Bank in Verbindung setzen und eine Schätzung vornehmen lassen. Dann werden wir beide eine bessere Vorstellung vom Wert des Besitzes haben. Aber ich denke, sie liegt im Rahmen unserer Preisvorstellung. Ich hätte es ihr gesagt, wenn ich gedacht hätte, dass sie zu viel verlangt.« Und sie
musste
verkaufen, aber diesen Gedanken behielt Harlan für sich. Ihre finanziellen Probleme waren ihre Sache, und es war nicht an ihm, sie hinauszuposaunen.
»In Ordnung, ich werde darüber nachdenken«, knurrte Dare.
»Das ist gut. Ich werde mich bei dir melden, wenn sie wieder da ist.« Harlans Bauchgefühl meldete sich; vielleicht sollte er Dare nach seiner Meinung zu der Situation fragen. Es spielte keine Rolle, dass Dare und Angie nicht die besten Freunde waren, dies war eine Art professioneller Beratung. Und wenn er es richtig anstellte, würde er aus dem Gespräch vielleicht noch etwas Wichtigeres herausholen können. »Hör zu, es gibt da etwas, das mir keine Ruhe lässt, und ich würde gern deine Meinung dazu hören.«
Dare stutzte; er war niemand, der sich verpflichtete, ohne die Einzelheiten zu kennen. Harlan zweifelte nicht daran, dass Dare »Nein« gesagt und aufgelegt hätte, wenn sie sich nicht gekannt hätten. Aber das taten sie, daher nutzte er den Vorteil. »Es geht um Angie.«
Ein leises Knurren erklang. »Was ist mit ihr?«
»Diese Tour … ich habe irgendwie kein gutes Gefühl dabei. Sie geht für eine Woche mit zwei Männern weg, die sie nicht kennt. Na gut, den einen hat sie schon mal geführt, aber sie sagte, er sei eigentlich kein Outdoor-Mensch, daher werde ich das Gefühl nicht los, dass er einem Geschäftspartner in den Arsch kriecht. Hast du jemals von weiblichen Führern gehört, die
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