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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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geriet. Sie hatte immer noch einiges zu erledigen, und sie fand, sie sollte sich besser darauf konzentrieren. Sie konnte jetzt rein gar nichts in Bezug auf Dare Callahan unternehmen und was er tat oder nicht tat, aber sie konnte sehr wohl dafür sorgen, dass sie ihren Job als Tourleiterin erledigte. Das musste doch auch etwas zählen, oder?
    Sie wünschte nur … na ja, es hatte keinen Sinn, sich etwas zu wünschen, denn nichts konnte die Vergangenheit ändern. Doch sie war sich immer einer tiefen Traurigkeit bewusst, wenn sie an Dare Callahan dachte, einer Traurigkeit, die sie sorgfältig unter einer dicken Schicht von Zorn vergraben hielt. Denn es hatte keinen Sinn, irgendein anderes Gefühl zuzulassen als Zorn. Die Realität war eben so, wie sie war.
    Aber trotzdem, für eine kurze, aufregende Zeit, als sie sich damals gerade kennengelernt hatten, hatte sie ein flaues Gefühl im Magen gehabt, ihr Puls war in die Höhe geschnellt, und trotz des gesunden Menschenverstandes hatte sie es sich gestattet, sich in Vorfreude zu verlieren. Sie konnte sich noch immer an den genauen Moment erinnern, als man sie miteinander bekannt gemacht hatte – in dem Tierfutterladen, wo sie neben Fünfzig-Pfund-Säcken mit Getreide gestanden hatten. Sie hatte in das starke Gesicht aufgeschaut, das von der Krempe seines schwarzen Hutes überschattet gewesen war, hatte in diese lebhaften blauen Augen geblickt, und sie hatte das Gefühl gehabt, man hätte ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie erinnerte sich an seine harte, warme Hand, die sich um ihre schloss, an die Schwielen in seiner Handfläche, an die stählerne Kraft, die er fest unter Kontrolle gehalten hatte, um ihr nicht die Finger zu zerquetschen. »Miss Powell«, hatte er flüchtig gesagt, und seine Stimme war so heiser gewesen, dass sie sich gefragt hatte, ob er erkältet war oder so was. Dann hatte sie die Narbe an seiner Kehle bemerkt und gewusst, dass er immer mit dieser Reibeisenstimme sprechen würde.
    »Nennen Sie mich Angie«, hatte sie gesagt, und er hatte genickt.
    Dann hatte jemand seinen Namen gerufen, und er hatte sich abgewandt, und obwohl sie noch etwas länger als notwendig geblieben war, um ihre Vorräte zusammenzustellen – sie war sich so durchschaubar und unbeholfen vorgekommen wie eine Vierzehnjährige, die versuchte, die Aufmerksamkeit eines Jungen zu erregen –, trotzdem dachte sie nicht, dass er noch einmal in ihre Richtung geschaut hatte. Sie hatte tausend Dinge für die Tour erledigen müssen, die für den nächsten Tag gebucht gewesen war, und da war sie nun und verschwendete so viel Zeit in der Hoffnung, dass er noch etwas zu ihr sagen würde.
    Schließlich hatte sie sich im Geiste geschüttelt und bezahlt. Das Futter war auf ihren Pick-up geladen worden, und gerade als sie in die Fahrerkabine gestiegen war, war Dare aus dem Laden gekommen. Angie hatte sich nicht erlaubt zu warten; sie hatte den Motor gestartet und den Gang eingelegt, als er ihr bedeutete, das Fenster herunterzulassen.
    Sie hatte auf den Knopf gedrückt, und das Fenster war heruntergeglitten. Dann hatte sie eine betont neutrale Miene aufgesetzt, weil ihr ihre nervöse Unentschlossenheit im Futterladen ein bisschen peinlich gewesen war. Nach ihrem Hochzeitsfiasko hatte sie Männer bewusst auf Abstand gehalten, aber ein Paar (sehr) breiter Schultern und ein Paar (sehr) blauer Augen hatten ihre Selbstbeherrschung dann doch gefährlich ins Wanken gebracht.
    Diese blauen Augen hatten sich wie ein Laser in sie hineingebohrt. »Essen Sie morgen mit mir zu Abend?«, hatte er abrupt und ohne Einleitung gefragt, ohne jedes Geplauder – nur eine nüchterne und unverblümte Einladung war es gewesen.
    Ihr wurde beinahe übel vor Bedauern. Warum morgen Abend? Sie brach früh am Morgen auf und würde erst in einer Woche zurück sein. Warum konnte er ihr keine anständige Vorwarnung geben, mindestens eine Woche? »Ich kann nicht«, platzte sie heraus, und ihre Absage musste genauso schroff geklungen haben wie seine Einladung.
    Sie hatte keine Zeit für eine Erklärung gehabt. Er hatte ein Nicken angedeutet, sich umgedreht und war zu seinem Truck gegangen, bevor sie ein weiteres Wort hatte herausbekommen können.
    Und damit war der Fall erledigt gewesen. Als sie später von der Tour zurückgekommen war, müde und mit tausend Sachen, die sie zu erledigen hatte, bevor die nächste Gruppe von Kunden eintraf, war sie trotzdem ins Haus gerannt, um ihren Anrufbeantworter abzuhören und zu

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