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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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sehen, ob er sich während ihrer Abwesenheit gemeldet hatte. Es waren zwar einige Anrufe da, aber keiner von ihm. Während Tage zu Wochen wurden und Wochen zu Monaten, hatte er immer noch nicht angerufen. Enttäuscht hatte sie dann nach einer Weile die Erwartung aufgegeben.
    Während dieser Zeit hatte sie bemerkt, dass ihr Geschäft abflaute, und weil die Gemeinde so klein war, hatte sie unweigerlich von den Leuten gehört, die Dare Callahan als ihren Wildnisführer buchten, und unter den Namen erkannte sie mehrere wieder, die sie selbst einmal geführt hatte. Er stahl ihr das Geschäft! Okay, er stahl es nicht, weil es nicht so war, dass er sich Zugang zu ihren Akten verschafft und diese Leute angerufen hatte; sie hatten ihn von selbst ausfindig gemacht, nicht andersherum. Aber das Endergebnis war trotzdem dasselbe.
    Monate später hatte er sie wieder eingeladen, und da war sie so wütend gewesen, dass sie ihm einfach mit einem knappen »Nein, danke« geantwortet hatte und davongegangen war. Mit ihm ausgehen? Lieber würde sie ihn auf einem Ameisenhaufen festbinden.
    Doch wie sehr sie es auch versucht hatte, sie konnte den Moment ihrer ersten Begegnung nicht ganz vergessen, das Gefühl, zu fallen, während jede Zelle ihres Körpers wie elektrisiert war. Sie versuchte es zwar, aber obwohl sie sich auf das konzentrierte, was vor ihr lag, auf das Erledigen von Dingen, war sie sich auf irgendeiner Ebene doch immer dessen bewusst, was hätte sein können.
    Nichts. Das war es, was hätte sein können: absolut nichts. Und das durfte sie nicht vergessen. Dafür hätte sie sich selbst stundenlang in den Hintern treten können.

5
    Harlan war nachdenklich, als er über die schmale Lehmstraße zurückfuhr, die sich von Angies Haus mehrere Meilen weit zu einer Asphaltstraße schlängelte. Da war einiges, was ihn beschäftigte. Er mochte Dare Callahan, doch er liebte Angie, und zwar so, wie man ein Kind liebte, das man sein Leben lang gekannt hatte. Diese Situation, zwischen zwei Stühlen zu sitzen, bereitete ihm Unbehagen.
    Seine professionelle Loyalität galt Angie; sie war diejenige, die den Vertrag mit ihm unterzeichnet hatte, sie war auch diejenige, die seine Provision bezahlte. Er würde Dare das Gegenangebot unterbreiten, kein Problem; er war sogar erleichtert, dass sie überhaupt ein Gegenangebot gemacht hatte, statt Dare rundheraus abzulehnen, wie er befürchtet hatte. Er mischte sich nicht in Dinge ein, die ihn nichts angingen, aber was er gestern auf dem Parkplatz unterhalb seines Büros gesehen hatte, hatte klargemacht, dass die beiden nicht gut miteinander auskamen. Er war sich wie ein Zuschauer vorgekommen, der zwei Boxer im Ring beobachtete, die sich Beleidigungen an den Kopf warfen, bevor der Kampf begann.
    Er wusste nicht, was ihr Problem war, und in diesem Teil des Landes kümmerten sich die Leute ja auch um ihre eigenen Angelegenheiten. Er hatte nie von einer Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen gehört, aber manchmal mochten sich zwei Menschen einfach nicht, und das war alles. Angie blieb seit diesem Problem auf ihrer Hochzeit mehr für sich als vorher, und Dare war auch kein Luftikus, Punkt. So wütend, wie die beiden herumliefen, war es nicht besonders überraschend, dass sie schließlich aneinandergeraten mussten. Viel überraschender war es, dass es bislang niemand bemerkt hatte.
    Ihm machte noch etwas zu schaffen. Im Grunde war es albern, denn es war ja wirklich nicht so, als wäre die Situation etwas Neues. Aber es beunruhigte ihn trotzdem, dass Angie mit zwei Männern losziehen würde, die sie nicht kannte. Dabei spielte es keine Rolle, dass einer ein Wiederholungskunde war; er klang wie ein Weichei, und Weicheier konnten gefährlich sein, weil sie dazu neigten, sich auf die Seite des Stärkeren zu schlagen und sich in einer üblen Situation nicht zu wehren.
    Harlan wusste, dass diese Situation in Wirklichkeit nichts Ungewöhnliches war, dass Angie das Unternehmen jetzt seit drei Jahren betrieb und routinemäßig Leute führte, meistens Männer, die sie nicht kannte. Aber Logik hatte nichts mit Bauchgefühl zu tun, und er hatte plötzlich ein sonderbares Bauchgefühl. Vielleicht lag es daran, dass diese andere Situation seinen Beschützerinstinkt geweckt hatte, aber es war die gleiche Art von Bauchgefühl, die ihn veranlasste, ohne erkennbaren Grund auf einem Highway plötzlich langsamer zu fahren, und fünf Minuten später traf er dann auf einen Unfall, oder ein Reh sprang vor ihm über die

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