Lauf, so schnell du kannst
Tonfall und überging die Erwähnung ihrer Mutter vollkommen, weil es jetzt einfach irrelevant war. Einige Leute hatten großartige Mütter; sie gehörte nicht dazu. Sie hatte einen großartigen Dad gehabt, also immerhin fünfzig Prozent – das war nicht schlecht gewesen. Das Leben war nun mal, was es war, und sie hatte mehr Glück gehabt als andere.
Sie versuchte noch einmal, aus dem Zimmer zu gehen, aber Mitchell Davis stellte noch ein paar gezielte Fragen, als versuchte er, sie zum Stolpern zu bringen. Chad bemühte sich immer wieder ungeschickt, das Thema zu wechseln, und handelte sich schließlich einen kalten, spitzen Blick von Davis ein, wonach er aufgab und einfach nur dasaß und sich unglücklich wand; er aß etwas, aber darüber hinaus wirkte er in sich gekehrt. Angie stand währenddessen ruhig da und beantwortete Davis’ Fragen, als wären sie nichts Ungewöhnliches. Sie trug eine leere Miene zur Schau und ließ nicht zu, dass er sie fertigmachte.
Endlich entkam sie in die Küche, wo sie sich mit einem dicken, fetten Stück Schokoladenkuchen tröstete, dem ersten, das sie abschnitt. Als es Zeit wurde, den Kuchen zu servieren, sorgte sie dafür, dass Mitchell Davis’ Stück etwa doppelt so dick war wie das von Chad, und bediente beide mit einem Lächeln, bevor sie sich hastig in die Küche zurückzog. Als sie Zeit genug gehabt hatten, um aufzuessen, kehrte sie zurück und schlug vor, dass sie jetzt alle ordentlich schlafen sollten, da sie morgen früh aufbrechen würden.
Chad stand sofort auf und begann ein leicht unzusammenhängendes Gute Nacht zu wünschen, gemischt mit einem Dankeschön für die Mahlzeit. Aber Davis unterbrach ihn mit einem abrupten »Ich habe noch etwas im Internet zu tun, bevor ich mich hinlege. Gehen Sie schon vor, Krugman«.
Chad ging natürlich sofort. Angie lächelte Davis zu. »Ich werde eine halbe Stunde brauchen, um aufzuräumen; ich hoffe, das wird Ihnen reichen.« Sie würde ihn unter keinen Umständen im Haus bleiben lassen, während sie sich fürs Bett bereit machte, und ebenso wenig wollte sie bis in die Puppen aufbleiben, wenn ein langer Tag – eine lange
Woche
– vor ihr lag. Diese Nacht war die letzte, in der sie gut schlafen würde, bis sie wieder in ihrem eigenen Bett lag. Sie glaubte nicht, dass sie sich Gedanken darüber machen musste, dass Davis ein Wiederholungskunde werden würde, daher gab es eine Grenze, wie viel sie sich von ihm gefallen lassen würde.
Er bedachte sie mit einem seiner kalten Blicke. »Ich brauche etwas mehr Zeit als eine halbe Stunde.«
»Tut mir leid, aber mehr kann ich Ihnen heute Abend nicht geben. Wenn Sie noch etwas Zeit im Internet verbringen wollen, während ich morgen früh das Frühstück zubereite, wird die Tür unverschlossen sein. Ich werde um vier Uhr aufstehen.«
»Das ist wirklich ein zweitklassiges Unternehmen, nicht?« Seine Lippe verzog sich zu diesem schwachen Hohngrinsen, das sie auf seinem Gesicht gesehen hatte, als er sich nach der Ankunft umgeschaut hatte.
»Ich bin Jagdführerin. Dies ist mein Haus, kein Hotel. An manchen Orten hätten Sie überhaupt keinen Internet-Zugang.« Sie warf ihm einen plötzlich besorgten Blick zu. »Sie
sind
doch ein erfahrener Jäger, oder?« Laut ihrer Buchungsinformation war er es, aber nach all seinen fast unverschämten Bemerkungen konnte sie der Versuchung einer eigenen kleinen Spitze gegen ihn nicht widerstehen. Sie würde so höflich sein wie möglich, aber das, was möglich war, wurde immer weniger. Was auch geschah, sie würde nicht zulassen, dass er sie schikanierte.
»Ich habe wahrscheinlich an mehr Jagden teilgenommen als Sie«, blaffte er. »Mal ganz abgesehen von diesem Märchen darüber, dass Sie Ihrem Vater von Kindesbeinen an geholfen haben.«
»Es war kein Märchen, Mr Davis. Es tut mir leid, dass Sie mir nicht glauben. Falls Sie dann mehr Vertrauen zu mir haben, werde ich gern jemanden hier aus der Gegend anrufen, mit dem Sie reden können, um sich meine Referenzen bestätigen zu lassen.« Sie wartete einen Moment, dann nahm sie die Terrine hoch, die immer noch halb voll mit Eintopf war. »Nicht? Wenn das so ist, ich habe zu tun.«
Sie trug die Terrine in die Küche; als sie zurückkam, um den Tisch fertig abzuräumen, war das Esszimmer leer. Schnell lud sie das schmutzige Geschirr auf das Tablett, das sie zuvor im Esszimmer gelassen hatte. In der Küche, wo sie notfalls leichten Zugang zu einem Haufen großer Messer hatte, fühlte sie sich sicherer.
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