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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Erden vorstellen. Ein Grizzly-Weibchen, das seine Jungen beschützte, war so zerstörerisch wie eine Kreissäge; selbst männliche Grizzlys würden einen großen Bogen um sie machen.
    Verdammter Mitchell Davis. Warum konnte er keinen Rothirsch wollen oder ein Dickhornschaf oder einen Elch? Elche waren gefährlich, aber sie hatte keine Angst vor ihnen. Bären … Bären waren in dem allerersten Albtraum vorgekommen, an den sie sich erinnern konnte, damals war sie fünf oder sechs Jahre alt gewesen. Sie hatte keine Ahnung, was diesen Albtraum ausgelöst hatte, aber er war so lebendig und farbig gewesen, dass sie sich bis heute an fast jede Einzelheit erinnern konnte. Sie war gerannt, und ein schwarzer Bär war hinter ihr her gewesen. Verschiedene Leute hatten versucht, ihr zu helfen, und der Bär hatte sie alle getötet und war immer weiter auf sie zugekommen. Sie war wimmernd aufgewacht, bevor er sie erreicht hatte, und sie erinnerte sich daran, zusammengerollt im Bett gelegen zu haben, zitternd vor Entsetzen, die Decke über den Kopf gezogen, bis der Morgen kam.
    In diesem Licht betrachtet war die Entscheidung, Jagdführerin zu werden, nicht gerade die klügste, die sie je getroffen hatte. Dies hier war Bärenterritorium; jede geführte Tour, die sie machte, selbst wenn es eine Fotoexpedition war, führte sie praktisch vor ihre Haustür. Sie hatte nicht direkt eine Bärenphobie, aber sie hatte definitiv Angst, was hoffentlich bedeutete, dass eine gefährliche Begegnung der schlimmeren Art weniger wahrscheinlich war, da sie sich eher übervorsichtig verhielt.
    Bären waren nicht die einzigen großen Raubtiere in der Nähe; es gab auch Pumas. Komisch, dass sie vor ihnen nicht solche Angst hatte wie vor Bären, wobei sie auch auf eine Begegnung mit einem Puma gerne verzichten würde. Aber sie vermutete, dass auch ihr eine gewisse Unlogik erlaubt war. Sie wartete fünf Minuten, lauschte angestrengt und hörte nichts als ein sehr leises Rascheln – kein Grunzen, kein Husten, keine Geräusche von Zweigen, die barsten, oder Baumstämme, die aus dem Weg gerollt wurden. Dann wagte sie sich näher an den Wildpfad heran, den sie entdeckt hatte.
    Da war der Baum mit den Klauenspuren, das Dickicht von Apfelbeerbüschen, wo sich das schwarze Fell verfangen hatte. Im Geiste entwarf sie ein Raster und bewegte sich darin, ließ sich Zeit, untersuchte sorgfältig den Boden und hielt ständig ein Auge auf ihre Umgebung. Das silberne Band des Baches unten half ihr, die Orientierung zu behalten, daher wusste sie immer genau, wo sie sich im Verhältnis zu dem Camp befand. Das Gelände fiel rechts von ihr ab, durchsetzt von Felsgruppen und Bäumen. Etwas Metallisches zog ihren Blick an, drüben bei den Felsen, aber Bärenkot war nicht metallisch; wahrscheinlich hatte jemand Müll liegen lassen, was sie immer auf die Palme brachte. Sie würde ihn auf dem Weg zurück ins Camp aufsammeln.
    Kein Kot. Sie ging noch einmal hundert Meter nach oben und fand dort zwar etwas Bärenkot, doch er war nicht so frisch wie der, den sie vor einigen Tagen gefunden hatte. Nun ging sie in die entgegengesetzte Richtung und arbeitete sich nach unten auf den Bach zu. Wasser war ein Magnet. Irgendwann brauchte jedes Tier in den Bergen Wasser.
    Als sie den steilen Abhang erreichte, wo sie das Blinken von Metall gesehen hatte, verließ sie den Wildpfad und näherte sich vorsichtig der Stelle. Ein unvorsichtiger Schritt konnte einen verstauchten Knöchel bedeuten oder, was Gott verhüten möge, ein gebrochenes Bein oder eine Gehirnerschütterung – und sie vertraute nicht darauf, dass Chad Krugman oder Mitchell Davis ihr dann halfen. Sie hatte Chad zwar genau erklärt, wo sie hinging, aber so unfähig, wie er in der Wildnis war, glaubte sie nicht daran, dass er sie finden konnte. Davis war bei ihrem Aufbruch immer noch in seinem Zelt gewesen, daher hatte er keine Ahnung, wo sie hingegangen war. Wenn also irgendetwas passierte, würde sie auf sich allein gestellt sein, sonst war niemand da.
    Eine Kamera. Das metallische Blinken kam von einer Minidigitalkamera. Sie bückte sich und hob sie auf. Sie war verkratzt und schmutzig und würde wahrscheinlich nicht funktionieren, nachdem sie länger im Freien gelegen hatte. Sie untersuchte sie und sah an der Position des Schalters, dass sie eingeschaltet war. Als sie den Schalter betätigte, leuchtete das kleine Display auf. Aus Neugier drückte sie auf »Wiedergabe« und scrollte durch einige Landschaftsaufnahmen. Es

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