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Lauf, so schnell du kannst

Lauf, so schnell du kannst

Titel: Lauf, so schnell du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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eifrig seinen Weg über den durchweichten, unebenen Boden.
    Chad zog den Kopf ein; der Regen schlug ihm ins Gesicht. Er hatte noch nicht einmal einen Hut dabei. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich körperlich jemals so unwohl gefühlt zu haben. Zumindest hatte er seine Reitkünste im vergangenen Jahr so weit verbessert, dass er auch ohne Sattel auf dem Fuchs bleiben konnte, sonst hätte er durch diese Scheiße sogar laufen müssen.
    Dann sah er links ein Stück bergauf eine Ecke von etwas Orangefarbenem, und die plötzliche Aufregung überschwemmte ihn mit so viel Adrenalin, dass ihm übel wurde. Die Zelte waren von einem schmutzigen Orange, vermutlich aus Gründen der Sicherheit, damit niemand in diese Richtung schoss. Als er sich umschaute, glaubte er, das Gelände wiederzuerkennen.
    Er hätte es beinahe verfehlt. Hätte das Pferd nicht gescheut, wäre er an dem Camp vorbeigeritten, außerstande, es in dem strömenden Regen zu sehen. Vielleicht wusste das Pferd, wo es war und brachte das Lager mit Futter in Verbindung.
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Angie konnte in diesem Moment bewaffnet in einem der Zelte sein und darauf warten, dass er zurückkäme. Sie würde es trocken und gemütlich haben, während er die ganze Nacht unter einem Überhang mit vier Pferden festgesessen und deren Scheiße gerochen hatte. Vielleicht sollte er einfach hinter die Zelte gehen und in sie hineinschießen, nur um auf alles vorbereitet zu sein – das würde sie aufscheuchen.
    Nur, dass er keine andere Munition besaß als die, die in dem Ladestreifen steckte, daher wollte er lieber keine verschwenden. In seinem Zelt befand sich natürlich noch weitere Munition, aber solange er sie nicht hatte, musste er vorsichtig sein.
    Langsam saß er ab und versank bis zu den Knöcheln im Schlamm. Der Matsch zog an ihm, widersetzte sich jedem Schritt; wenn seine Stiefel nicht so fest geschnürt gewesen wären, hätte er sie ihm vielleicht von den Füßen gezogen. Kein Wunder, dass das Pferd so nervös gewesen war. Er band die Zügel an einen tief hängenden Ast, klopfte dem Pferd sogar den Hals und sprach leise einige beruhigende Worte.
    Jesus. Alles, was er hatte, war diese Pistole. Wenn Angie da war, verfügte sie über ein leistungsstarkes Gewehr, das ihn an Ort und Stelle abknallen konnte. Sie würde nur durch die schlechte Sicht behindert sein.
    Langsam schob er sich vorwärts, die Pistole in der Hand. Ein Teil von ihm wollte sich umdrehen und wegrennen, aber Wegrennen war keine Option; anstatt sich also auf seine Angst zu konzentrieren, konzentrierte er sich auf die Jagd. Sein Plan, Davis zu erledigen, hatte ihn in gewisser Weise in Erregung versetzt. Ständig wurde er von allen unterschätzt; niemand hätte ihn der sorgfältigen Strategie, der Schauspielerei, der Befriedigung, die sich eingestellt hatte, als er den Abzug zog, für fähig gehalten. Die Jagd auf Angie Powell war eine andere Art von Erregung, denn sie würde nicht so überrumpelt sein wie Davis.
    Er war jedoch nicht erregt genug, um sich zu früh zu zeigen und das Risiko einzugehen, dass sie ihn vielleicht erschoss, bevor er die Chance hatte, sie zu erschießen.
    Am Rande des dichten Waldes blieb er stehen und ließ den Blick über das Camp schweifen. Es sah nach nichts aus, aber die Lage war gut; das musste er ihm lassen. Weil die Zelte auf niedrigen Plattformen standen, waren sie immer noch trocken und gemütlich, so gut festgemacht, dass der Wind sie nicht umgerissen hatte. Das Lager wirkte jedoch verlassen. Es gab kein Anzeichen von Bewegung, keinen Geruch von Kaffee oder gekochtem Essen, aber das hatte nichts zu sagen. Angie wusste, was sie tat; sie würde sich nicht so leicht verraten.
    Es gab auch keine Spur von diesem verrückten Bären. Waren Bären nicht dafür berüchtigt, Camps auf der Suche nach Nahrung zu verwüsten? Die Zelte wirkten unversehrt. Angie hatte natürlich ein großes Aufhebens darum veranstaltet, die Lebensmittel weit vom Lager entfernt aufzubewahren, in einem Korb zwischen zwei Bäumen in etwa fünf Metern Höhe. Damit hatte sie vermutlich richtiggelegen.
    Lange stand er da, beobachtete, lauschte, obwohl er bezweifelte, dass er über dem unablässigen Trommeln des Regens irgendetwas würde hören können. Nichts regte sich. Bis auf Wind und Regen gab es keinen Laut. War es möglich, dass er das Glück gehabt hatte, sie mit diesem einen wilden Schuss zu treffen – und dass sie bereits tot war? Es war ihm egal, ob sie von einer Kugel oder

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