Lauf, so schnell du kannst
immer feucht von dem Regen der vergangenen Nacht war. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass es nicht viel ändern würde, wenn er jetzt nass wurde, da er ohnehin nass werden würde, wenn er zum Camp zurückritt. Es war nicht so, als hätte er im Camp keine trockenen Sachen. Schließlich war er ein anständiger Mensch und konnte sie nicht verdursten lassen.
Also führte er sie eins nach dem anderen in den Regen hinaus und an Stellen heran, wo sie trinken konnten. Für sie gab es nicht viel zu grasen, aber wenn sie Interesse zeigten, an irgendetwas zu äsen, stand er mit hochgezogenen Schultern im Regen und ließ sie fressen, was sie an Futter bekommen konnten. Er wurde natürlich wieder nass bis auf die Haut. Als er auf einen Stein kletterte und sich auf den Rücken des Fuchses schwang, fühlte er sich geradezu tugendhaft.
Die drei anderen Pferde ließ er angebunden in ihrem felsigen Unterstand und hoffte, dass sie bleiben würden, wo sie waren, und nicht versuchten, sich zu befreien und wegzulaufen. Er musste genau wissen, wo die Pferde waren, damit er merkte, ob Angie eins von ihnen gefunden hatte oder nicht – und ob sie losritt, um Hilfe zu holen. Zumindest befanden sie sich nicht auf einem erkennbaren Pfad, und der schwere, andauernde Regen der Nacht hatte alle Spuren weggewaschen, die sie hinterlassen hatten. Er war sich ziemlich sicher, dass Angie sie nicht finden konnte, jedenfalls nicht ohne ein Maß an Glück, das an ein Wunder gegrenzt hätte.
Der Fuchs mochte den nassen, unsicheren Boden nicht; Chad musste ihn ständig vorwärtstreiben. Er zog die Schultern gegen den elenden, prasselnden Regen hoch; egal wo er landen würde, nachdem er dieser gottverlassenen Wildnis entkommen war, war er sich verdammt sicher, dass es ein Ort sein würde, an dem jeden Tag die Sonne schien und er wissen würde, wo die Himmelsrichtungen sind. Wenn die Sonne geschienen hätte, wäre er sich seiner Richtung relativ sicher gewesen, aber die Wolkendecke war so dicht, dass er keine helle Stelle entdecken konnte, daher musste er sich ganz auf seinen Orientierungssinn verlassen, und das war schwer, da ihm keine der Landmarken vertraut war – sofern man Felsen und Bäume und Sträucher als »Landmarken« bezeichnen konnte. Die einzigen Richtungen, die er zuverlässig erkennen konnte, waren bergauf und bergab, aber das half schon. Die Bergkette verlief von Norden nach Süden, daher war bergauf allgemein gesehen Westen und bergab Osten. Er wollte nach Süden, also hielt er sich links von dem ansteigenden Hang.
Davon abgesehen war das Beste, was er tun konnte, sich einen Punkt am Ende der Luftlinie zu suchen, der gerade noch erkennbar war, und darauf zuzureiten. Von dort aus würde er sich ein weiteres Ziel suchen und das anpeilen. Das Problem mit dieser Art der Navigation war: Er wusste, dass er während seiner panischen Flucht im Dunkeln nicht in einer geraden Linie geritten war. Aber sollte er sich bergauf oder bergab bewegen? Wer zum Teufel sollte das wissen? Er wusste ja nicht einmal, wie weit er in der vergangenen Nacht geritten war; er konnte nur schätzen.
Gott, wenn er doch bloß diese Schlüssel nicht bräuchte! Wenn dieser verdammte Bär nicht gewesen wäre, würde er nicht in dieser beschissenen Lage stecken. Er hätte Angie aufgespürt und die Sache erledigt, er hätte die Schlüssel, und er hätte sich ordentlich ausschlafen können. Gut, das Wetter wäre heute trotzdem schlecht gewesen, aber er hätte es sich leisten können, das Ende des Regens abzuwarten, wenn er sich um dieses kleine Detail gekümmert hätte.
Der Bär würde inzwischen natürlich längst über alle Berge sein, aber er hätte ihm für den ganzen Ärger, den er ihm eingebrockt hatte, liebend gern eine Kugel in den Arsch gejagt.
Schließlich fand er das Camp durch Zufall. Er kam an eine Stelle, die so aussah, als wäre der Berghang ausgewaschen worden, und er drängte das Pferd hügelaufwärts, um zu sehen, ob er über den Schlammrutsch gelangen konnte, der sich in einen tosenden Sturzbach verwandelt und einige Bäume mitgerissen hatte. Etwa siebzig Meter weiter erreichte er den oberen Rand des Schlammrutsches und wollte gerade vorbeireiten, doch der Fuchs scheute plötzlich, begann zurückzuweichen und ignorierte Chads Befehle vollkommen. Nachdem er eine Minute lang versucht hatte, das Pferd zum Vorwärtsgehen zu zwingen, sagte er sich: Scheiß drauf, und wendete das Pferd stattdessen bergauf; damit war es einverstanden und suchte sich
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