Lauf, so schnell du kannst
zurück in der Hütte, ehe sie wusste, wie ihr geschah.
Er stellte sie ab, damit er die schwere Tür verriegeln und sich aus dem tropfenden Regenmantel schälen konnte. Auf einem Fuß balancierend zog Angie ihre eigene Regenjacke aus, und er hängte beide über ein Geländer, damit sie abtropfen konnten. Sie sog die Luft ein, die von dem Geruch nach Heu, Pferd und Futter erfüllt war, was sie an ihre eigenen Pferde erinnerte. »Dieser Bastard«, platzte sie heraus. »Er hat mir alle vier Pferde gestohlen. Ich weiß, dass er sich nicht um sie kümmern wird; er kann kaum reiten.«
»Dann wird er vielleicht abgeworfen und bricht sich das Genick«, erwiderte Dare mit einer ruhigen Bestimmtheit, die ihr sagte, dass er die Bemerkung wörtlich meinte.
»Ich hoffe es«, murmelte sie und meinte es genauso wörtlich wie er.
»Wir werden deine Pferde zurückbekommen. Meins auch, wenn sich der Schwachkopf nicht totgerannt hat«, entgegnete er, während er ihr die Hände um die Taille legte. »Allez hop.« Ohne innezuhalten, warf er sie sich über die Schulter. Sie grunzte, als der Aufprall ihr den Atem aus den Lungen trieb, verschwendete aber keine Zeit damit, sich zu beklagen. Stattdessen hielt sie sich an ihm fest, während er nach oben kletterte; sie war mehr als froh darüber, sich von ihm tragen zu lassen, denn sie war völlig fertig, beinahe wieder am Nullpunkt angelangt. Sie war erschöpft, außerdem fror sie, aber zumindest war sie nicht nass.
Er drehte ihr den Rücken zu und gab ihr ein wenig Privatsphäre, während sie die Jogginghose auszog und sich wieder in seine Thermounterhose hineinzwängte, obwohl sie, um ehrlich zu sein, schon wieder so kurz davor war umzukippen, dass es ihr egal gewesen wäre, wenn er geguckt hätte; schließlich hatte er ihr die Unterhose beim ersten Mal angezogen. Als sie sich jetzt auf die Matratze legte, wäre sie beinahe eingedöst, während er ihr wieder den Knöchel verband. Vielleicht schlief sie tatsächlich ein, denn als Nächstes rutschte er wieder dicht an sie heran, deckte sie mit dem Schlafsack zu und hüllte sie beide in einen warmen Kokon.
Sie schmiegte sich erneut an ihn, seltsam zufrieden. Ihn so nahe zu spüren war zutiefst beruhigend, was sie jetzt, da sie sich dermaßen aus dem Gleichgewicht gebracht fühlte, dringend brauchte. Irgendwann würde alles wieder gut werden, und sie würde alles wieder im Griff haben, aber nicht jetzt. Für den Moment reichte es, warm zu sein und ihn dazuhaben.
Es gab so viel Wichtiges zu bedenken, aber jedes Mal, wenn ihr ein Gedanke, ein Einfall ins Bewusstsein kam, trieb er davon, ihr Geist war einfach zu müde, um ihn festzuhalten. Sie konnte den Schlaf kommen spüren, konnte spüren, wie sie immer näher an den köstlichen Rand der Bewusstlosigkeit sank, bis sie sie so fest einhüllte, wie seine Arme es taten, die sie umschlossen.
19
Als Angie das nächste Mal erwachte, hatte sie das Gefühl, dass mehrere Stunden vergangen waren und sie endlich, endlich so viel Schlaf bekommen hatte, dass es auf ihren erschöpften Körper wirkte. Äußerlich hatte sich nichts verändert; es regnete immer noch, das Licht war nach wie vor fahl und grau, und sie kuschelten sich noch immer unter den Schlafsack. Irgendwie wusste sie jedoch, dass es jetzt später Nachmittag war. Dare musste ebenfalls geschlafen haben, denn wenn er wieder aufgewacht wäre und sich bewegt hätte, hätte er sie sicher gestört. Sie war nicht daran gewöhnt, neben einem anderen Menschen zu schlafen, was zu ihrer Rastlosigkeit beigetragen hatte, und sie dachte, dass für ihn wahrscheinlich das Gleiche galt.
Er schlief jetzt immer noch, sein fester und warmer Körper an ihrem, vollkommen entspannt. Sie spürte seinen schweren Arm auf sich und seinen heißen Atem im Nacken, während sich seine Brust in einem langsamen, tiefen Rhythmus hob und senkte. Ihn dort so zu spüren weckte in ihr den Wunsch, sich in seinen Armen umzudrehen, das Gesicht an seine Brust zu legen und einfach den heißen Duft seiner Haut einzuatmen; für einen Moment war sie noch schläfrig genug, dass sie es beinahe getan und fast diesen Schritt gemacht hätte, dann aber traf sie die Realität wie ein Schlag. Und mit einem kleinen Ruck bremste sie sich.
Was ihn natürlich aufweckte. Er holte tief Luft und atmete langsam aus, dabei hielt er sie fester, sodass sie es fast eine Umarmung genannt hätte, wenn sie sich so gut verstanden hätten, dass sie sich zur Begrüßung umarmten. Die Lächerlichkeit ihrer
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