Lauf, so schnell du kannst

auf die Hütte. »Hast du sie selber gebaut?«
    »Ich habe sie entworfen und jemand anderen angeheuert, um sie zu bauen. Ich war zu beschäftigt, um mich selbst darum zu kümmern, außerdem hasse ich es, Scheiße zusammenzuhämmern.« Er goss gerade Flaschenwasser in den Perkolator und unterbrach diese Tätigkeit, um sie mit blitzenden blauen Augen anzuschauen. »Ich schätze, das war wohl keine besonders diplomatische Bemerkung.«
    »Welcher Teil? Der, der darauf hinwies, dass dein Unternehmen boomte, während meins den Bach runterging, oder das interessante Bild, Scheiße mit dem Hammer zu bearbeiten?«
    Ihr Tonfall war trocken. Zu ihrer eigenen Überraschung war sie kein bisschen verärgert darüber, dass es mit ihrer Karriere bergab gegangen war. Es war nun mal geschehen, sie war dabei, es zu verarbeiten, und am Ende würde sie dafür sorgen, dass es wieder gut lief. Andererseits hatte seine Ausdrucksweise sie definitiv amüsiert.
    »Der erste Teil.«
    Ihr fiel auf, dass er Ärger nicht auswich, sondern sich ihm stellte und damit umging. Doch im Moment gab es gar keinen Ärger. Sie konnte nicht behaupten, dass es später auch keinen geben würde, aber was sie betraf, so hatte er sich in der vergangenen Nacht eine Menge Spielraum erkauft. Es ließ sich nicht sagen, wo die Grenze dieses Spielraums war, aber sie war sich sicher, dass sie nicht hier und jetzt verlief.
    »Ist schon gut. Jedenfalls, es gefällt mir, dass du es so entworfen hast, dass die Pferde vollkommen sicher und geschützt sind.«
    Er stellte den Perkolator auf die Flamme. »Ich würde lieber Quads nehmen; sie sind schneller und machen nicht so viel Arbeit, aber viele Kunden möchten die ganze Routine der Eingewöhnung an dieses Leben mit Pferden absolvieren, sodass ich das berücksichtigen musste. Auf diese Weise können unten sowohl Quads als auch Pferde sicher untergebracht werden.«
    »Bärensicher.« Als sie dieses Wort aussprach, blitzte eine lebhafte Erinnerung vor ihrem geistigen Auge auf, und ihr wurde flau im Magen. Galle stieg ihr die Kehle hoch und erstickte sie beinahe. Sie würde es nie vergessen, würde diese Bilder niemals aus dem Kopf bekommen.
    »Ja.« Er warf ihr einen scharfen Blick zu, der ihr sagte, dass er die Veränderung ihres Gesichtsausdrucks bemerkt hatte, vielleicht war da auch etwas in ihrer Stimme gewesen, das sie verraten hatte. »Was genau ist gestern Nacht passiert? Erzähl von Anfang an.«
    Sie stemmte sich mit dem linken Fuß zurück, sodass sie sich an die Wand lehnen und die Beine ausstrecken konnte. »Ich bin mir nicht sicher, wo der Anfang ist. Wahrscheinlich hat es schon Ärger zwischen meinen beiden Kunden gegeben, bevor sie hier angekommen sind. Es muss so gewesen sein.«
    »Haben sie sich gestritten?«
    »Nein, aber sie waren auch keine Freunde. Sie hießen Chad Krugman und Mitchell Davis. Ich habe Krugman schon einmal geführt. Er ist kein großer Outdoor-Mensch, aber im letzten Jahr ist er mit einem eigenen Kunden gekommen, und als er mich dieses Jahr wieder gebucht hat, dachte ich, dass es genauso sei, dass er es aus geschäftlichen Gründen täte.«
    Dare kippte Eintopfmix in zwei Wegwerfschalen, dann rutschte er zurück, um sich neben sie an die Wand zu lehnen. Sie spürte seinen harten, warmen Trizeps an der Schulter und seinen Oberschenkel an ihrem Bein. »Ich bekomme öfter Geschäftspartner, aber meistens verstehen sie sich gut.«
    Entschlossen konzentrierte sie sich auf das, was sie sagte, anstatt auf den großen Mann, der so dicht neben ihr saß und wieder seine Körperwärme mit ihr teilte. »Mitchell Davis war schlecht gelaunt, als sie bei mir ankamen, und er war mit nichts zufrieden, nicht mit mir, nicht mit der Unterbringung, dem Essen, später dem Camp oder irgendetwas sonst. Ich dachte, er sei einfach einer dieser Menschen, die als Bastard geboren werden und als Bastard sterben, verstehst du?«
    »Ich kenne die Sorte«, erwiderte er trocken.
    Sie seufzte. »Gestern habe ich sie im Camp gelassen, während ich selbst nach frischen Bärenspuren an einer Stelle gesucht habe, wo ich zuvor schon mal welche gesehen hatte. Ich dachte, ich würde etwas Abfall herumliegen sehen, aber als ich davorstand, war es eine Digitalkamera und das Stück eines karierten Hemdes.« Sie holte tief Luft. »Da waren Bärenspuren und eine Menge Blut und Schleifspuren, wo etwas über den Boden gezerrt worden war.«
    »Gott.« Er lehnte den Kopf an die Wand und sagte mit einer leidgeprüften, ungläubigen Stimme: