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Lauf, so weit du Kannst!

Lauf, so weit du Kannst!

Titel: Lauf, so weit du Kannst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Bowler
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hoffen, dass der alte Knabe nichts sagt. Und wenn er es doch meldet, sagt er vielleicht nur, dass ich runtergefahren bin, nicht rauf.
    Sie werden eh bald merken, dass ich weg bin. Wahrscheinlich wissen sie es bereits. Ich darf keine Zeit verlieren. Der Aufzug fährt weiter aufwärts. Gut so. Nicht anhalten. Er hält nicht an. Er steigt immer höher. Noch drei Stockwerke, noch zwei, noch eins.
    Pling!
    Das oberste Stockwerk. Die Türen gehen auf. Da ist niemand, Gott sei Dank. Leises Geplauder dringt von links um die Ecke. Ich schleiche raus. Die Türen schließen sich hinter mir. Der Aufzug surrt wieder nach unten. Ich blicke nach links und nach rechts.
    Wie ich gehofft habe, sind hier oben keine Krankenzimmer. Ich war noch nie hier. Aber ich weiß, was ich tun muss. In meinem Zustand ist das zwar gefährlich, aber ich habe keine andere Wahl. Und wenn ich sterben muss, sollen es nicht meine Feinde sein, die mir den Rest geben. Verstehst du, was ich meine?
    Aber ich bin noch nicht tot, Bigeyes.
    Ich habe noch eine Chance. Wenn ich nur die nötige Kraft aufbringe.
    Ich schaue mich um, checke die Lage. Von links höre ich immer noch leise Stimmen. Männer, die sich unterhalten. Es ist niemand zu sehen, aber am Ende des Flurs steht eine Tür halb offen. Wer ihr auch seid, solange ihr da drin bleibt, ist alles okay. Ich schleiche rechts um die Ecke. Ein schmaler Flur, Büros und so.
    Wo ist das, was ich suche?
    Da.
    Zutritt für Unbefugte verboten.
    Eine Tür nach draußen. Eine kleine Wendeltreppe nach oben. Noch ein Notausgang. Ich schaue mich um. Immer noch keine Spur von irgendwem. Das ist gut. Ich dachte, ich müsste mich mit eingezogenem Kopf hinschleichen. Ich husche zu der Tür rüber und schaue mich wieder um.
    Niemand da.
    Ich öffne die Tür und schließe sie hinter mir. Der Wind schlägt mir ins Gesicht wie eine Faust. Verdammt, es ist saukalt hier, Bigeyes. Mir wird vor Schmerz ganz schwummrig im Kopf. Ich kann nicht lange hier oben bleiben. Ich muss schnell machen. Herumtrödeln bringt nichts.
    Okay, es gibt zwei Wege runter. Einen schlechten und einen noch schlechteren.
    Aber bevor wir uns entscheiden, müssen wir die Lage checken. Hör zu, Bigeyes – ich werde dir was sagen. Ja, es gibt noch was, das ich dir nicht erzählt habe. Du wirst drüber wegkommen. Ich habe gesagt, dass ich noch nie in diesem Krankenhaus war. Das stimmt auch. Aber etwas habe ich dir nicht erzählt.
    Ich war schon auf dem Krankenhaus.
    Genau, ich war hier oben. Das Dach ist ein guter Platz, wenn es warm ist und man unsichtbar bleiben muss. Ich kam oft hier hoch, als ich neu in der Stadt war und meine Hütten noch nicht gefunden hatte.
    Aber ich war schon eine ganze Weile nicht mehr hier. Das war nicht nötig. Ich habe inzwischen genug andere Plätze zum Abhängen. Aber am Anfang war dieses Dach ein guter Platz. Und es gibt noch viele andere brauchbare Dächer. Es ist wie eine Stadt für sich hier oben. Und es ist sicherer als unten auf den Straßen.
    Wenn man sich erst auskennt, kommt man leicht überallhin. Denn ich sage dir noch was – ich kann zwar nicht schnell rennen, aber dafür gut klettern. Und ich weiß, wie ich von hier wegkomme. Wie gesagt, es gibt zwei Wege.
    Der eine wäre der Hammer, wenn ich gesund wäre. Aber das bin ich nicht, deshalb ist er schlecht. Nicht nur schlecht, sondern lebensgefährlich. Und was den anderen betrifft, tja, checken wir ihn ab. Aber ich weiß bereits, was ich sehen werde.
    Komm mit, Bigeyes. Ich zeige dir, wie viele Feinde ich habe. Rüber zum Rand des Daches. Hock dich hin und schau drüber. Check die Lage. Was siehst du da unten?
    Nichts?
    Schau noch mal runter. Ich weiß, es ist dunkel, aber schau genau hin. Was siehst du? Immer noch nichts? Bist du blind oder was? Dort, ganz links. Siehst du die Straße, die vom Parkplatz wegführt? Das ist die Whiteacre Lane. Wie viele Gestalten erkennst du?
    Mensch, Bigeyes, hast du Tomaten auf den Augen? Aber vielleicht habe ich einfach mehr Übung. Ich mache das ja schon mein Leben lang. Alles abchecken. Erkennen, wo Ärger droht.
    Dort, am Ende der Straße ist eine Gestalt. Eine zweite auf der Belton Avenue. Eine dritte weiter hinten. Eine vierte an der Ecke zum Nelson Drive. Und in einigen der Autos sitzen bestimmt noch mehr.
    Ja, ich weiß. Du denkst, das sind nur irgendwelche Gestalten. Harmlose kleine Leute, die ihr harmloses Leben

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