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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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berechnend. Wenn er ihr, was den Tod ihres Kindermädchens anging, nicht reinen Wein eingeschenkt hätte, hätte sie ihn sicher ans Messer geliefert. Vielleicht würde sie es irgendwann auch noch tun. Aber er brachte es nicht über sich, sie zu hassen. Ständig sah er das kleine Mädchen vor sich, und das war möglicherweise ihr bestes Täuschungsmanöver. Sie war in der Lage, das Opfer zu mimen, während sie schon den nächsten Zug plante.
    »Sie verstehen doch sicher ...« Sie gab es auf, sich zu entschuldigen, und machte stattdessen eine vage Handbewegung. »Ich darf Nathan nicht verlieren. Ich darf einfach nicht.«
    »Warum haben Sie die Haushälterin gefeuert, weil sie ihm etwas zu essen gegeben hat?«
    Es schien sie nicht zu wundern, dass er die Geschichte kannte. »Tony Rocco hatte ihn auf eine strenge Diät gesetzt – keinen Weizen, keine Milchprodukte. In sämtlichen Lebensmitteln, von Frühstücksflocken bis hin zu Thunfisch, befinden sich Spuren von Milcheiweiß. Also war es leichter, den Leuten zu verbieten, ihm etwas zuzustecken. Leider gab es auch Menschen, die das nicht so sahen.«
    »Und die schmutzigen Windeln, die im Kühlschrank lagen?«
    »Stuhlproben, um eine zystische Fibrose auszuschließen. Aber da Jimmy sie ständig weggeworfen hat, mussten wir die Prozedur öfter wiederholen.«
    »Manche behaupten, der Junge sei kränker, wenn Sie in seiner Nähe sind.«
    »Nathan ist immer krank, Bobby«, antwortete sie erschöpft. »Vielleicht fällt es den Leuten nur mehr auf, wenn sie einen Sündenbock dafür haben.«
    »Also leidet er wirklich an einer Erkrankung?«
    »Richtig.«
    »Aber Jimmy hat es nicht geglaubt.«
    »Nein. Seine Eltern haben ihm eingeredet, dass ich die Wurzel allen Übels bin. Und im Laufe der Zeit liebte Jimmy mich immer weniger und hat immer mehr auf sie gehört.«
    Bobby brauchte noch Zeit, um darüber nachzudenken. »Gut«, sagte er leise und machte sich auf die Suche nach einem Telefon.

26
     
    Natürlich war D.D. nicht erfreut, ihn wiederzusehen. Er hatte sie direkt angerufen, und zwanzig Minuten später erschien sie am Tatort. Sie trug eine Lederjacke, hochhackige Stiefel und eine finstere Miene im Gesicht. Die Spurensicherung folgte ihr auf den Fersen.
    »Du bist ein absoluter Volltrottel«, knurrte sie, als sie zur Tür hereingestürmt kam. »Ein absoluter Volltrottel mit Selbstmordneigung.«
    »Vorsicht, Kind.« Bobby wies mit dem Kopf auf den Empfangssalon, wo Catherine den fest schlafenden Nathan auf einen Kissenberg gebettet hatte. Bobby fragte sich, wie es der Junge nur schaffte, inmitten dieses Durcheinanders auch nur ein Auge zuzutun. Allerdings kannte er sich nicht gut mit Kindern aus.
    D.D. verzog das Gesicht und ging dann nach oben, um den Tatort selbst in Augenschein zu nehmen. Währenddessen wartete Bobby, geduldig an die Wand gelehnt, im Foyer. Inzwischen trafen weitere uniformierte Kollegen ein. Ein junger Beamter mit rosigen Wangen bezog diskret Posten an der Tür, um Bobby, der im Foyer stand, und Catherine, die schweigend im Wohnzimmer saß, zu beobachten. Hin und wieder warf Bobby dem Grünschnabel einen Blick zu und gähnte ausgiebig. Es war ein Spaß, zuzusehen, wie der junge Mann seinerseits ein Gähnen unterdrückte.
    Eine Viertelstunde später kehrte D.D. zurück und wies mit einer ruckartigen Kopfbewegung in eine ruhige Ecke. Bobby folgte ihr gehorsam. Sie beide wussten, dass sie ihr Gespräch so schnell wie möglich führen mussten, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis Copley, angelockt vom frischen Blutgeruch, am Tatort erschien.
    »Was zum Teufel hat das zu bedeuten, Bobby?«, fragte D.D., ohne sich mit Floskeln aufzuhalten.
    »Sie hat mich angerufen, gesagt, es sei ein Einbrecher im Haus, und mich gebeten, vorbeizukommen. Was hätte ich tun sollen?«
    »Die Polizei verständigen.«
    »Meinst du, die hätten sie ernst genommen? Dank Copley gilt sie doch bei den meisten Kollegen inzwischen als Mörderin.«
    »Das ist nicht dein Problem, Bobby. Du solltest dich lieber um deine berufliche Zukunft kümmern. Und falls du es noch nicht wissen solltest – Eigenmächtigkeiten wie diese sind da nicht sehr nützlich.«
    »Komisch, wie viele Leute sich in letzter Zeit für meine berufliche Zukunft interessieren«, murmelte er.
    »Bobby ...«
    »Ich habe nicht geglaubt, dass da wirklich ein Einbrecher war«, fügte er hinzu.
    Endlich hörte D.D. aufmerksam zu. Da er nun offenbar bereit war, ihre Fragen ernsthaft zu beantworten, wurde sie ebenfalls

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