Lauf, wenn du kannst
war, um zu überleben.
Und das verstand Bobby nur allzu gut.
Wenn einer seiner Kollegen Donnerstagnacht den Anruf entgegengenommen hätte, ein Scharfschütze, dessen Vater nie seine Mutter verprügelt hatte und der in seiner Kindheit nie hatte mit ansehen müssen, wie sich Hoffnungslosigkeit auf dem Gesicht eines anderen Menschen malte, wäre Jimmy Gagnon dann heute noch am Leben?
Wäre Catherine Gagnon nun tot?
Das würde nie jemand erfahren.
Bobby vergrub das Gesicht tiefer in den Armen und seufzte zittrig und erschöpft auf.
Er tat sein Bestes, um nicht zu träumen.
31
Mr Bosu gab sich große Mühe, ein besserer Mitarbeiter zu sein.
Im Moment war er damit beschäftigt, das schwach erleuchtete Haus eines Fünfzigtausend-Dollar-Mannes zu beobachten. Der Auftrag würde zweifellos ziemlich schwierig werden.
Erstens einmal stand das Haus mitten in einem dicht besiedelten Viertel. Zweitens wies ein Aufkleber auf dem Fenster auf das Vorhandensein einer Alarmanlage hin. Und drittens brannte im Haus Licht, was Mr Bosu erstaunte. Angesichts der späten Stunde hätte er damit gerechnet, dass der Bewohner bereits schlief.
Bei diesem Auftrag würde Mr Bosu Hilfe brauchen, daran gab es nichts zu rütteln.
Er betrachtete Trickster, der zusammengerollt auf dem Beifahrersitz des gestohlenen Wagens schlief. Im nächsten Moment öffnete der Welpe ein Auge und gähnte ausgiebig, als hätte er den Blick gespürt.
»Ich brauche einen Komplizen«, sagte Mr Bosu.
Wieder ein Welpengähnen.
»Glaubst du, du könntest dich tot stellen? Lieg einfach nur da, und tu so, als würdest du schlafen. Ja, genau so.« Trickster hatte bereits den Kopf wieder auf die Pfoten gesenkt und die Augen geschlossen. Mr Bosu kraulte nachdenklich die Ohren des Welpen. Seine Wurstfinger liebkosten zart das kleine Köpfchen.
Kurz schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Nur so zu tun, war zu unsicher. Als pflichtbewusster Mitarbeiter durfte er keine Risiken eingehen. Mit einer kurzen Handbewegung konnte er Trickster das Genick brechen. Es würde ein schneller und schmerzloser Tod sein, und der Hund würde nichts spüren. Für fünfzigtausend Dollar konnte er sich jede Menge neue Welpen kaufen.
Seine Hand lag noch immer auf Tricksters Hinterkopf, und seine Finger gruben sich in das Fell des Hundes. Weich. Seidig. Hilflos. Jeder musste einmal sterben.
Er zog die Hand zurück. Dann nahm er das Messer aus dem Halfter am Knöchel. Mit einem letzten Blick auf Trickster schob er seinen Hemdsärmel aus Leinen über den Ellenbogen und ritzte sich in den Arm.
Ein dunkelroter Blutstrom quoll hervor. Mr Bosu benetzte seine Finger mit Blut und schmierte es auf Tricksters weiße Flanken.
»Schon gut«, sagte Mr Bosu. »Ich bade dich, sobald wir zu Hause sind. Und jetzt warte hier. Gleich wird es interessant.«
Er legte den Rückwärtsgang ein und rollte mit ausgeschalteten Scheinwerfern leise die Straße entlang. Dann wanderte seine Hand zurück zu Tricksters Kopf, um den Hund und auch sich selbst zu beruhigen.
»Eins, zwei, drei!« Mr Bosu schaltete die Scheinwerfer ein und trat aufs Gas, sodass der Wagen vor das fragliche Haus auf den Bürgersteig raste. Mr Bosu fuhr geradewegs auf den Rasen, bremste mit quietschenden Reifen und stieß zur Abrundung noch ein weithin zu hörendes »Verdammter Mist!« hervor.
Dann packte er Trickster und sprang aus dem Wagen, den er mitten auf dem Rasen stehen ließ, sodass die Scheinwerfer in den Himmel leuchteten.
»O nein«, stöhnte er laut. »O nein, nein, nein.«
Mr Bosu hastete über den Rasen und hämmerte an die Tür des Fünfzigtausend-Dollar-Mannes. Er atmete schwer, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Den Ärmel hatte er zwar heruntergezogen, aber Blutstropfen sickerten durch den teuren Leinenstoff. Ausgezeichnet. Als er noch einmal laut und fordernd klopfte, ging plötzlich die Verandabeleuchtung an.
»Hilfe, Hilfe, Hilfe«, rief Mr Bosu. Er warf einen Blick auf Trickster und bemerkte zufrieden, dass das weiße Fell des Hundes mit verkrustetem Blut verklebt war.
Endlich öffnete sich die mit einer Kette gesicherte Tür einen Spalt weit. Der Mann war vorsichtig, das musste Mr Bosu ihm lassen.
»Sir, Sir, es tut mir ja so leid, Sie zu stören«, sprudelte Mr Bosu hervor. »Ich bin gerade hier vorbeigefahren, und da ist der Hund mitten auf die Straße gelaufen. Ich schwöre, dass ich versucht habe, ihm auszuweichen, aber ich habe ihn trotzdem erwischt. Bitte, ich glaube, er ist verletzt.«
Mr Bosu
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