Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
Vom Netzwerk:
Pistolen blitzten auf, und Befehle wurden gebrüllt, als die Horden die Suite stürmten. Bobby übergab D.D., die auch Catherines Neun-Millmeter sicherstellte, wortlos seine Pistole. Sanitäter kümmerten sich um den Richter. Ein Notarzt behandelte Bobbys Schulter. Mitarbeiter der Gerichtsmedizin transportierten Harris und Umbrio ab.
    Man war noch immer dabei, das Ausmaß der Schäden abzuschätzen, als ein uniformierter Polizist endlich Nathan entdeckte.
    Einen zerzausten Welpen an die Brust gedrückt, stand der kleine Junge plötzlich auf dem Flur.
    Er bemerkte Catherine, die man trotz ihres Flehens, nach ihrem Kind suchen zu dürfen, auf dem Sofa festgehalten hatte.
    »Mommy«, übertönte seine klare Stimme den immer lauter werdenden Geräuschpegel.
    Catherine stand auf, ging auf ihren Sohn zu und breitete die Arme aus. Nathan ließ den Welpen los und warf sich hinein. »Mommy«, sagte Nathan und schmiegte das Gesicht an ihre Schulter.
    Bobby betrachtete die beiden lächelnd. Dann war D.D. damit fertig, ihm seine Rechte vorzulesen.

Epilog
     
    Der Januar war ein scheußlicher Monat. Die Temperaturen verharrten um die zehn Grad unter dem Gefrierpunkt, und der eisig kalte Wind ging einem durch Mark und Bein.
    Doch Bobby störte das nicht sehr. Die Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, bis über die Ohren in einen Schal gemummt und außerdem mit einer warmen Daunenjacke bekleidet, marschierte er die Newbury Street entlang. Winzige weiße Lämpchen funkelten in den Bäumen, die die Straße säumten, und die Schaufenster strotzten noch immer von bunten Weihnachtsfarben und unverschämt günstigen Sonderangeboten.
    Die Menschen in Neuengland waren es gewohnt, der Witterung zu trotzen, und so waren selbst an einem Tag wie diesem viele Passanten unterwegs, die durch die Stadt bummelten und sich an dem frisch gefallenen Schnee erfreuten.
    Heute hatte Bobby einen Lebensabschnitt abgeschlossen. Er hatte seine letzte Sitzung bei Dr. Lane hinter sich. »Wie waren die Feiertage?«, hatte sie gefragt.
    »Schön. Ich habe sie bei meinem Vater verbracht. Wir sind essen gegangen. Für zwei Junggesellen lohnt sich die Kocherei nicht.«
    »Und Ihr Bruder?«
    »George hat nicht auf Pops Anruf reagiert.«
    »Das war sicher schwer für Ihren Vater.«
    »Er hat sich nicht gerade vor Begeisterung überschlagen, aber was soll man machen? George ist erwachsen. Irgendwann wird er zur Vernunft kommen.«
    »Und Sie?« Bobby zuckte die Achseln. »Ich kann nicht für George sprechen, doch Pop und ich kriegen das schon hin.«
    »Und das bringt uns natürlich zu Ihrer Mutter.«
    »Ständig wollen Sie über meine Mutter reden.«
    »Berufskrankheit.«
    Er seufzte auf und schüttelte wegen ihrer Beharrlichkeit den Kopf. Selbstverständlich würden sie über seine Mutter sprechen. Das taten sie nämlich immer. »Gut. Ich habe meinem Vater ein paar Fragen über sie gestellt, so wie Sie und ich das besprochen hatten. Pop hat geantwortet, so gut er konnte. Wir ... äh ... haben sogar über den besagten Abend geredet.«
    »War das schwierig?«
    Er breitete die Hände aus. »Eher ... zäh. Wollen Sie die Wahrheit hören, was in dieser wichtigen schicksalhaften Nacht tatsächlich los war? Wir beide erinnern uns nicht mehr sehr gut daran. Ehrlich. Ich war zu klein, und Pop war zu betrunken. Und vielleicht – aber das ist nur eine Vermutung – kommen wir im Gegensatz zu George deshalb inzwischen damit klar. George sieht noch genau vor sich, was passiert ist, während Pop und ich es vergessen haben, Ehrenwort, ganz gleich, wie viel Mühe wir uns auch geben.«
    »Hat Ihr Vater versucht, Kontakt zu Ihrer Mutter aufzunehmen?«
    »Er sagt, er hätte es schon vor Jahren im Rahmen des Entzugsprogramms getan und ihre Schwester in Florida erreicht. Sie meinte, sie werde es Mom ausrichten. Aber er hat nie etwas von ihr gehört.«
    »Also haben Sie eine Tante?«
    »Ich habe eine Tante«, erwiderte Bobby ruhig. »Und Großeltern, die noch beide am Leben sind.«
    Dr. Lane blinzelte. »Das ist aber eine gute Nachricht.«
    »Ja.«
    »Und was macht das mit Ihnen?« Bobby verdrehte die Augen und lachte wegen dieser abgedroschenen Phrase auf.
    »Ja«, gab er schließlich mit einem Seufzer zu. »Es war ziemlich hart, zu erfahren, dass ich Verwandtschaft habe, ohne dass jemand es für nötig gehalten hätte, Kontakt zu mir aufzunehmen. Es tut weh. Aber das ist wahrscheinlich ganz normal. Ich rede mir ein, dass sie es sind, die etwas verpasst haben. Ich rede mir eine

Weitere Kostenlose Bücher