Lauf, wenn du kannst
im ... Dienst«, stieß Bobby mit schwerer Zunge hervor. Verdammt, war das kalt draußen. Die eisige Novemberluft schlug ihm ins Gesicht, sodass er wie eine Eule mit den Augen blinzelte.
»Jeden Moment wird ein Kamerateam hier sein. Jemand hat den gottverdammten Reportern verpetzt, dass Sie in einer Kneipe Hof halten. Aber offenbar haben Sie irgendwo einen Schutzengel, denn das Gespräch wurde über Polizeifunk mitgehört, und ich bin losgeschickt worden, um Sie da rauszuholen. Bobby, hören Sie mir zu.«
Ruckartig blieb Lieutenant Bruni stehen. Er keuchte, und sein Atem stand ihm in eisigen Wolken vor dem Mund, die an Bobbys Gesicht vorbeiwehten. Inzwischen umfasste er Bobbys Kragen mit beiden Händen und schüttelte ihn kräftig.
»Bobby, Sie stecken in Schwierigkeiten.«
»Wäre ich nie drauf gekommen!«
»Spitzen Sie die Ohren, Bobby. Heute war viel los in der Stadt. Richter Gagnon ist gar nicht erfreut über den Tod seines Sohnes und vernünftigen Einwänden oder Beweisen gegenüber taub. Er will sich rächen, Bobby, und er hat es auf Sie abgesehen.«
Bobby wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Alles drehte sich um ihn. Er spürte kalte Luft an den Wangen, und ihm hing noch der Biergestank in der Nase. Er wollte nur noch unter die Dusche. Und dann ins Bett.
Danke, hatte die Frau gesagt. Danke.
Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Dieses verdammte Miststück! Warum bedankte sie sich bei ihm? Sie hätte sich nicht bedanken, sondern ihren versoffenen Ehemann bereits vor Jahren verlassen sollen. Oder versuchen müssen, ihn zu beruhigen. Oder ihren Sohn nicht loslassen dürfen. Oder ihren Mann nicht so lange zu provozieren brauchen, bis sich ein kaltes, gnadenloses Lächeln auf seinem Gesicht malte. Schließlich war sie mit Jimmy in diesem Zimmer gewesen und hätte auf ihn einwirken können. Eine riesige Bandbreite möglicher Verhaltensweisen hätte ihr zur Verfügung gestanden, um zu verhindern, dass Bobby abdrücken musste. Dann wäre er nicht gezwungen gewesen, einen Mann zu töten und sich die Zukunft zu verbauen. Und er hätte jetzt auch nicht betrunken, völlig erledigt und erfüllt von Scham auf der Straße herumgestanden. Was war er bloß für ein Mensch, einen Mann in Gegenwart seines eigenen Kindes zu töten? Mein Gott, was hatte er nur getan? Bobby riss sich von seinem Lieutenant los und lief, außer sich vor Wut und wie irr, im Kreis herum. Am liebsten hätte er einen Knüppel genommen und bei jedem gottverdammten Auto in dieser Straße die Scheiben eingeschlagen, um anschließend jede Tür mit dem Wagenheber zu bearbeiten und sich zu guter Letzt mit einem Messer über jeden einzelnen Reifen herzumachen. Er wollte, er wollte, er wollte ...
Mein Gott, er bekam keine Luft mehr. Die Brust war ihm wie zugeschnürt. Seine Lippen öffneten sich keuchend, doch nichts geschah. Er konnte nicht atmen. Ganz sicher hatte er einen Herzinfarkt. Jetzt würde er hier in Südboston sterben, weil es November war und weil er schon immer gewusst hatte, dass es einmal so enden würde. Im Sommer konnte ihm nichts geschehen, der Herbst war auch in Ordnung, aber der November ... der November war ein mörderischer Monat. Mist, Mist, Mist. »Kopf zwischen die Knie. Los, Bobby, vorbeugen und tief durchatmen. Sie schaffen das. Konzentrieren Sie sich nur auf den Klang meiner Stimme.«
Bobby spürte Hände auf seinen Schultern. Sein Kopf wurde nach unten gedrückt. Er sah Sternchen vor den Augen, grelle weiße Funken, die in einem schwarzen Meer schwammen.
Bald würden die Sterne zerplatzen und verblassen. Und dann würde die Dunkelheit ihm entgegenstürzen, um ihn zu empfangen.
Aber im nächsten Moment, so plötzlich wie es angefangen hatte, löste sich die Blockade in seiner Brust; seine zusammengepressten Lungen erwachten wieder zum Leben und nahmen einen Schwall von Sauerstoff auf. Bobby taumelte mitten auf die Straße, wobei er fast mit einem vorbeifahrenden Auto zusammengestoßen wäre, und sog in tiefen Zügen die eisige Nachtluft ein.
Bruni stand noch immer neben ihm, zerrte ihn von der Fahrbahn und begann, leise und schnell auf ihn einzureden. »Passen Sie auf, Bobby. Reißen Sie sich zusammen, und hören Sie mir gut zu.«
Bobby fand eine Straßenlaterne, an der er sich festklammern konnte. Er schlang Arme und Beine um das kalte Metall. Dann ließ er den Kopf hängen und versuchte, sich zu beruhigen.
»Gut«, sagte er nach einer Weile. »Jetzt geht es wieder.«
Bruni beäugte ihn
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