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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Spielzeugen seien können? Oder womöglich sogar eines dieser schicken Feuerzeuge, die die Form eines Revolvers haben?«
    »Sir, ich habe im Laufe der letzten zehn Jahre Hunderte von Pistolen verschiedener Hersteller zu Gesicht bekommen und bin durchaus in der Lage, eine echte Pistole von einer falschen zu unterscheiden. Und hier handelte es sich um eine echte, und zwar um eine Beretta 9000, die von der Kriminaltechnik am Tatort sichergestellt wurde.«
    Offenbar unzufrieden mit dieser Antwort, runzelte der Richter die Stirn. Aber ihm fiel rasch etwas Neues ein. »Officer Dodge, hat mein Sohn in jener Donnerstagnacht eigentlich abgedrückt?«
    »Nein, ich habe ihn vorher erschossen.«
    Mit einem Aufstöhnen sank Maryanne tiefer in ihren Sessel.
    James hingegen schien sich ein Schmunzeln verkneifen zu müssen. Als er, mit dem Zeigefinger fuchtelnd, im Zimmer auf und ab ging, hallten seine Schritte auf dem Marmorboden.
    »In Wahrheit hatten Sie eigentlich gar keine Ahnung, was Donnerstagnacht in diesem Zimmer geschah, oder, Officer Dodge? Sie wissen nicht, ob Jimmys Pistole geladen war. Sie wissen nicht, ob er sie entsichert hatte oder nicht. Wer sagt Ihnen, dass nicht Catherine in jener Nacht den Streit vom Zaun gebrochen hat? Catherine könnte doch gedroht haben, Nathan etwas anzutun. Vielleicht hat Jimmy die Waffe ja aus dem Familiensafe geholt, weil er keine andere Möglichkeit mehr sah, das Leben seines Sohnes zu verteidigen. Hätte das nicht genauso gut der Fall sein können?«
    »Das müssen Sie schon Catherine fragen.«
    »Catherine fragen? Meiner Schwiegertochter die Gelegenheit zum Lügen geben? Wie häufig werden Sie pro Jahr zu Einsätzen gerufen, Officer Dodge?«
    »Ich bin nicht sicher. So etwa zwanzig Mal.«
    »Haben Sie früher schon geschossen?«
    »Nein.«
    »Und wie lange dauert so ein Einsatz im Durchschnitt?«
    »Drei Stunden.«
    »Ich verstehe. Also werden Sie etwa zwanzig Mal jährlich für jeweils drei Stunden eingesetzt und haben es in all dieser Zeit geschafft, noch nie Ihre Waffe abzufeuern. Aber in der Donnerstagnacht sind Sie erschienen und haben meinen Sohn nach nur knapp fünfzehn Minuten erschossen. Was war so anders an dieser Donnerstagnacht? Was hat Sie überzeugt, dass Sie keine andere Wahl hatten, als meinen Sohn zu töten?«
    »Er war im Begriff, abzudrücken.«
    »Woher wussten Sie das, Officer Dodge?«
    »Weil ich seinen Gesichtsausdruck gesehen habe. Er wollte seine Frau erschießen.«
    »Seinen Gesichtsausdruck, Officer Dodge? Haben Sie wirklich sein Gesicht gesehen oder das von jemand anderem?«
    In seiner Aufregung brauchte Bobby einen Moment, um zu verstehen. Und als der Groschen endlich fiel, war ihm, als wäre die Welt schlagartig stehen geblieben. Er fühlte sich, als hätte er kurz seinen Körper verlassen, kehre plötzlich zurück und beobachte die ganze schäbige Szene von außen. Sich selbst, wie er, halb vorgebeugt und die Fäuste auf den Knien, auf der Kante des mit Seide überzogenen Sofas saß. Maryanne, von Trauer erfüllt und in dem cremefarbenen Sessel zusammengesunken. Und Richter Gagnon, der immer noch, ein triumphierendes Funkeln in den Augen, mit dem Finger drohte wie ein Staatsanwalt im Gerichtssaal.
    Harris, schoss es Bobby durch den Kopf. Wo zum Teufel steckte Harris?
    Als er sich umwandte, sah er ihn auf einem dunklen Holzstuhl in der Vorhalle sitzen und ihm mit zwei Fingern salutieren. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sein selbstzufriedenes Grinsen zu verbergen. Natürlich hatte er die Informationen ausgegraben. So funktionierte das Spiel.
    Zum ersten Mal dämmerte Bobby, wie absolut hilflos Catherine Gagnon sich gefühlt haben musste.
    »In einem Prozess wird es ans Licht kommen«, sagte Richter Gagnon. »Das tut es nämlich immer.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Sie ist der Grund, warum Jimmy sterben musste«, erwiderte James. Wer sie war, musste nicht eigens erklärt werden. »Geben Sie es doch endlich zu. Sie hat Sie dazu verleitet, zu schießen.«
    »So etwas werde ich niemals aussagen.«
    »Also gut. Wir schreiben die Geschichte neu. Sie sind erschienen und haben gehört, wie mein Sohn und seine Frau stritten. Aber es war offensichtlich, dass sie es war, die angefangen hatte. Sie bedrohte Jimmy. Oder noch besser, sie hat endlich gestanden, was sie Nathan angetan hat. Und Jimmy konnte es einfach nicht länger ertragen.«
    »Kein Mensch, der noch bei Verstand ist, wird mir glauben, dass ich das alles von einem anderen Haus aus und aus

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