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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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lehnte sich zurück. Doch ihre Miene war noch immer besorgt und ihr Blick forschend.
    »Bobby«, meinte D.D. nach einer Weile, und etwas in ihrem Tonfall ließ ihn innehalten. Diesen Gesichtsausdruck, eine zielgerichtete Neugier, hatte er bei ihr noch nie zuvor gesehen. Aber sie stellte die Frage trotzdem, weil sie es einfach wissen musste.
    »Als du geschossen hast ... war es schwierig, Bobby? Hast du gezögert?«
    Es wäre das Leichteste gewesen, gekränkt zu reagieren, sie empört anzusehen und die Flucht zu ergreifen. Aber D.D. war eine Freundin. Eine Kollegin, die er schon seit Jahren kannte. Und vielleicht verstand Bobby, wenn er gründlich darüber nachdachte, ihre Frage sogar noch besser, als sie selbst es tat. Denn es war die, die sich jeder Polizist stellte. Man verbrachte unzählige Stunden in der Ausbildung, aber wenn die Situation wirklich eintrat ...
    Er beschloss, ihr reinen Wein einzuschenken.
    »Ich schwöre bei Gott«, erwiderte er leise, »ich habe nichts gespürt.«
    D.D. senkte den Blick, und sie weigerte sich, ihn noch einmal anzusehen.
    Bobby nickte D.D. zu und ging zur Tür.

16
     
    Bobby hatte nach dem Verlassen des Diners gerade zwei Häuserblocks zurückgelegt, als ein windschnittiger Lincoln Towncar neben ihm hielt. Eine getönte Scheibe wurde surrend hinuntergelassen. Bobby warf einen Blick ins Wageninnere und stieß einen Fluch aus.
    »Haben Sie denn keine Hobbys?«, fragte er Harris Reed, der in seiner Limousine im Schritttempo neben ihm herfuhr, worauf die anderen Verkehrsteilnehmer hinter ihm prompt ein ärgerliches Hupkonzert anstimmten.
    »Steigen Sie ein«, befahl Harris.
    »Nein.«
    »Meine Auftraggeber würden gern mit Ihnen sprechen.«
    »Dann sagen Sie ihnen, sie sollen mich noch mal verklagen.«
    »Es sind sehr einflussreiche Leute, Officer Dodge. Nach einer konstruktiven Unterhaltung mit ihnen können sich alle Ihre Probleme in Luft auflösen.«
    »Wie überaus gnädig von ihnen.« Bobby beschleunigte seinen Schritt. »Ich gehe trotzdem lieber zu Fuß.«
    Harris versuchte es anders. »Kommen Sie schon, Officer Dodge. Immerhin haben Sie den Sohn dieser Leute erschossen. Ein paar Minuten können Sie wohl erübrigen.« Bobbys Schritte wurden langsamer. Harris stoppte den Wagen. »Das ging unter die Gürtellinie«, meinte Bobby mit finsterer Miene und öffnete widerstrebend die Wagentür. Harris grinste unverschämt.
     
    Die Gagnons hatten sich im Hotel LeRoux eingemietet, einer nagelneuen Luxusherberge gegenüber dem Public Garden, denn offenbar wimmelte es im Umkreis ihres millionenteuren Anwesens in Beacon Hill derart von Reportern, dass sie sich hierher hatten flüchten müssen. Mrs Gagnon konnte, wie man Bobby mitteilte, kaum essen oder schlafen. Also hatte Richter Gagnon die elegante Penthouse-Suite gemietet, wo eine Masseurin rund um die Uhr bereit stand, um ihre aufgewühlten Nerven zu beruhigen.
    Harris erzählte viel über seine Auftraggeber. Zum Beispiel, dass die Gagnons ursprünglich aus Georgia stammten, weshalb Bobby sich nicht über ihren Südstaatenakzent wundern solle. Mrs Gagnon sei eine waschechte Debütantin im Satinkleid und mit auftoupiertem Haar gewesen, als sie James Gagnon im Jahr 1962 begegnet sei. Das Geld komme aus ihrer Familie. Allerdings habe der Richter bereits als Jurastudent großen Ehrgeiz an den Tag gelegt. Die Familie habe sich mit der Verbindung einverstanden erklärt, worauf Mrs Gagnons Vater James bei der Gründung einer eigenen Kanzlei habe unter die Arme greifen wollen.
    Tragischerweise sei Maryannes gesamte Familie – Mutter, Vater und die jüngere Schwester – jedoch eine Woche vor der Hochzeit bei einem Autounfall in den Flammen ums Leben gekommen. Maryanne sei selbstverständlich am Boden zerstört gewesen, und um seine kurz vor dem Zusammenbruch stehende Verlobte aufzumuntern, habe Jimmy sie in einen anderen Bundesstaat entführt. Sie seien nach Boston gezogen und hätten nach einer Ziviltrauung im kleinen Kreis noch einmal von vorne angefangen.
    Das Glück wollte, dass Maryanne sofort schwanger wurde. Doch leider war das Baby, der erste James junior, von Geburt an kränklich und starb bereits nach wenigen Monaten. James und Maryanne kehrten, wieder einmal wegen einer Beerdigung, noch einmal nach Georgia zurück und ließen ihren Sohn im Familiengrab in Atlanta beisetzen.
    Zwei Jahre später war dann der kleine Jimmy zur Welt gekommen, und James und Maryanne hatten ihren Entschluss nie bereut.
    Bobby fand es ein wenig

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