Lauf, wenn es dunkel wird
ein ganz anderes Problem. Bald würde sie mit jedem Schritt einen Fußabdruck hinterlassen.
Und dann könnten die Männer sie ohne Probleme aufspüren.
Er kam mit jeder Sekunde näher
Cheyenne war vielleicht eine halbe Stunde alleine weitergelaufen, als sie hörte, wie sich hinter ihr etwas durch den Wald bewegte. Nicht gerade sehr leise. Und dieses Mal gab es keinen Zweifel daran, was es war.
Ein Mensch. Und er kam mit jeder Sekunde näher.
Panisch stolperte Cheyenne vor sich hin und suchte hektisch nach einem Versteck. Sie fand ein Gestrüpp, das trotz des Winters noch immer Blätter trug, irgendein niedriger Busch. Ohne darauf zu achten, dass ihr die Äste Gesicht und Nacken zerkratzten, zwängte sie sich in das Blätterdickicht hinein. Die Feuchtigkeit zog bis zu ihren Knien hoch. Als sie so tief reingekrabbelt war, wie sie konnte, hoffte sie inständig, dass ihr silberner Mantel nicht an einer Stelle durchschimmerte oder ein Schuh von ihr hinausragte und sie verraten würde.
Die Schritte kamen näher und verstummten. Sie hörte, wie jemand nicht weit von ihr schwer atmete. Ein Mann! Das war garantiert kein verirrter Jäger und bestimmt auch niemand, der sie retten wollte, sonst hätte er ja nach ihr gerufen. Das ließ genau drei Möglichkeiten. Aber welcher der drei Männer war es? Roy, TJ oder Jimbo? Und spielte das überhaupt eine Rolle? Wäre sie nicht ohnehin bald tot, ganz egal wer es war? Sie dachte an TJs stinkenden Atem, als er auf ihr gesessen hatte. Vielleicht sollte sie mehr Angst davor haben, wie lange sie noch leben würde, bevor sie starb.
Es war unglaublich schwer, vollkommen bewegungslos zu bleiben, wenn jede Faser in ihrem Körper nach Flucht schrie. Wie viel Schnee lag auf dem Boden? Führten ihre Fußabdrücke direkt zu ihr, so wie ein Pfeil? Sie hielt den Atem an.
Und dann fühlte sie ihn. Ihren Husten. Der sich seinen Weg aus ihrer Kehle kämpfte. Ihre Augen tränten. Sie biss sich auf die Lippe. Sie durfte nicht husten. Sie durfte einfach nicht. Wenn sie hustete, wäre das ihr Todesurteil. Sie biss fester und fester und dann bemerkte sie auf ihrer Zunge den metallischen Geschmack von Blut.
Schließlich bahnte sich der Husten einen Weg aus ihrer Brust, drängte durch ihren Hals und zerbrach die Stille.
Und dann stürmten die Schritte auf sie zu.
»Nein«, schrie Cheyenne. »Nein! Nein!« Starke Arme hoben sie hoch und eine schwielige Hand legte sich über ihren Mund. Cheyenne kämpfte, trat und schlug wild um sich, aber alles, was sie erreichte, war, dass sie sich selbst ihre Kräfte raubte. Dabei war sie doch schon so kraftlos.
«Cheyenne!«, sagte eine Stimme. »Sch, sch. Beruhig dich.«
Griffin?
Sie hustete wieder. Er senkte seine Arme, ging einen Schritt zurück und ließ sie dort stehen.
Cheyenne hustete so stark, dass sie zur Seite stolperte. »Du lebst noch«, keuchte sie schließlich hervor. Eigenartigerweise war sie erleichtert, dass sie ihn nicht getötet hatte.
»Und das habe ich ganz bestimmt nicht dir zu verdanken.« Seine Stimme klang nüchtern.
Langsam drang zu ihr durch, was passiert sein musste. »Oh«, sagte Cheyenne. »Ja. Also haben sie dich geschickt, oder?« Es hatte keinen Zweck mehr, wegzurennen, keinen Zweck, zu kämpfen. Sie hatte ihr Bestes gegeben, mehr als sie jemals für möglich gehalten hätte. Aber es war nicht genug gewesen. »Mach schon«, sagte sie. »Tu, was du tun musst.« Sie atmete tief ein und machte sich auf das gefasst, was nun kommen würde.
»Wovon redest du?«, fragte Griffin. »Was soll ich schon machen?«
Cheyenne verstand nicht, warum er das hier in die Länge zog. Das musste seine Rache für ihren Angriff sein. »Du wirst mich erschießen, oder? Bringen wir es einfach hinter uns.«
»Warum glaubst du, dass ich dich erschießen werde?«
»Ach komm, tu nicht so. TJ hat mir erzählt, dass ich sterben werde. Ihr müsst mich umbringen, damit ich die Polizei nicht zu euch führen kann.« Sie schluckte. Gleich würde sie zusammenbrechen und betteln. Und so würde sie dann sterben: bettelnd, während sie an ihrem eigenen Blut erstickte. Nein. So weit würde sie es nicht kommen lassen. Sie versuchte, dass ihre Stimme möglichst unbekümmert klang, so als würde das alles gar nicht wirklich passieren. Vielleicht könnte sie ja so tun, bis es vorbei war. »Also mach schon. Tu, was du tun musst. Aber bitte schnell.« Sie holte tief Luft und schloss die Augen. Jetzt war es vollkommen dunkel um sie. Sie versuchte sich das Gesicht
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