Laufen und Trainieren - Die besten Lauftrainings der Welt
Einseitigkeit. Wenn nicht verschiedene Tempi das Training bestimmen, wird der Dauerlauf schnell zur psychischen Dauerbelastung. Zwar hatte van Aaken mit dem Crescendo-Lauf einen Steigerungslauf mit unterschiedlichen Belastungen ins Training aufgenommen, aber seine Trainingsformen sind insgesamt eher eindimensional. Kollege Arthur Lydiard hat zur gleichen Zeit schon ein wenig mehr Abwechslung eingebaut.
Das Thema Ernährung ist bei der Trainerlegende stark vereinfacht. Nicht so sehr das Was, sondern das Wieviel sei entscheidend. Wichtig sei nur, dass Fett und Wasser nicht in überflüssiger Menge angesetzt würden, denn das hindere die einzelnen Zellen daran, sich optimal mit Sauerstoff zu versorgen. In seinem Buch „Programmiert für 100 Lebensjahre“ schreibt van Aaken: „Atmen ist wichtiger als essen. Neben dem Sauerstoff ist vor allem hochwertiges Eiweiß nötig – und zwar 30 Gramm pro Tag.“
Die speziellen Diäten, die van Aaken seinen Athleten empfahl, würden einigen Ärzten heutzutage den Schlaf rauben. Einer seiner Schüler, der Leistungssportler Meinrad Nägele, soll kurz vor einem Marathonlauf sogar 36 Stunden lang gefastet haben. Und apropos Schlaf – van Aaken war überzeugt, dass die meisten Menschen zu viel schlafen. Er glaubte, man könne mit drei bis fünf Stunden Schlaf pro Nacht auskommen. Das sehen inzwischen alle Experten anders.
Aus heutiger Sicht sind vor allem seine Aussagen zur Krankheitsprävention und -bekämpfung bedenklich. Van Aaken war allen Ernstes der Ansicht, man könne dem Krebs davonlaufen. Auch war er der Meinung, dass Lauftraining vor Herzinfarkt schütze. Als gefährlich ist seine eigenwillige Behandlungsmethode von grippalen Infekten, Bronchitis oder Fieber einzuschätzen. Van Aaken schlug vor, sich bei erhöhter Temperatur nicht ins Bett zu legen oder auszuruhen, sondern im Gegenteil, die Bakterien und Viren abzutöten, indem man das Fieber noch in die Höhe treibt. Wer trainiert ist, so van Aaken, solle sich also zu einem halbstündigen Dauerlauf in leichter Montur aufmachen und abschließend mit einem heißen Bad den Krankmachern den Rest geben. Wer mutig ist, schlägt diesen Therapieansatz mal seinem Hausarzt vor.
Zu seiner Verteidigung sei gesagt, dass van Aaken viele seiner eigenen Hypothesen im Laufe seines Schaffens selbst widerlegt hat.
Typische Trainingswoche
Läufertyp: 5000 Meter in 20 Minuten. Voraussetzung: fünfjähriges Laufstreckentraining.
• Montag:
Morgengymnastik, 8 bis 10 km traben, nachmittags oder abends 10 bis 15 km Wald- oder Straßenlauf. Abschließend auf der Bahn 6 x 600 m Steigerungen ohne Verkrampfungen. Anschließend 7 x 700 m unter Renntempo mit Gehpausen. 2 km austraben. Gesamt: 25 bis 30 km.
• Dienstag:
Morgengymnastik, 8 bis 10 km traben (gelegentlich 20 km traben), mittags flotter 10-km-Lauf, abends: 10 x 800 m eintraben mit 100 m Gehpausen, anschließend 25 x 400 m in 70 Sekunden. Gesamt: bis zu 40 km.
• Mittwoch:
Morgens 8 km traben, abends 25 km im Gelände, abschließend 10 x 60 m Steigerung. Gesamt: 35 km.
• Donnerstag:
Morgens 15 km traben, abends Bahn 8 km eintraben, 5 Steigerungen über 60 m, 5- oder 10-km Lauf mit 70 Prozent Einsatz. Gesamt: 28 bis 33 km.
• Freitag:
Morgens 8 km traben, mittags 10 km traben, abends einlaufen 5 km, 4 x 60 m Steigerungen, 2 km ziemlich scharf, 2 km. Gesamt: rund 27 km.
• Samstag:
40- bis 60-km-Lauf im Gelände (abwechslungsreich, Gehpausen, Trab, leichte Sprints).
• Sonntag:
10 km traben, 30 min Gymnastik, 20- bis 30-km-Spaziergang, 60 min schwimmen oder 60 bis 80 km Radfahren.
(Quelle: Ernst van Aaken: Programmiert für 100 Jahre – Wege zur Gesundheit und Leistungsfähigkeit.)
Wer machts?
Der bekannteste Athlet, den Ernst van Aaken trainierte, war Achilles-Idol Harold Norpoth. Der Mittelstreckenläufer, der nur rund 60 Kilo bei 1,85 Meter wog und lieber Fußballprofi geworden wäre, sorgte bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio für eine kleine Sensation, als er überraschend zur Silbermedaille im 5000-Meter-Rennen lief. Norpoth lief deutsche und europäische Rekorde und sogar Weltrekord über 2000 Meter. Die amerikanische Lauflegende Steve Prefontaine beklagte sich darüber, dass Norpoth nie das Feld anführte, sondern immer im Windschatten auf den Endspurt lauerte. Norpoth war gefürchtet für seine Ausdauer bis ins Ziel – da machte sich die Arbeit von van Aaken deutlich bemerkbar.
Ein weiterer Athlet, den van Aaken auf die richtige
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