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Laugenweckle zum Frühstück

Laugenweckle zum Frühstück

Titel: Laugenweckle zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kabatek
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mich über das Geländer und schielte nach unten, konnte aber niemanden sehen. Ich ging zur Wohnungstür, weil es immer noch wie verrückt klingelte. Vielleicht war Frau Müller-Thurgau aus dem vierten Stock über einer Zigarette eingeschlafen und das Haus wurde evakuiert? Das würde bedeuten, dass ich Herrn Tellerles Aquarium retten musste.
    Ich riss die Tür auf. Vor mir stand ein Mann. Äußerst gutaussehend und genau mein Typ! Dunkelblondes, leicht lockiges Haar, groß und fast schlank! Total intensive blaue Augen! Bestimmt ein Künstler! Ich schnappte einen Moment nach Luft. Ich meine, da rennt man sich die Hacken ab, um seinen Traumtypen zu finden, und da steht er einfach vor der Tür! Da gab es doch sicher einen Haken. Wahrscheinlich war er von den Zeugen Jehovas oder Staubsaugervertreter von Vorwerk.
    Übrigens schnappte nicht nur ich nach Luft. Der Kerl an der Tür klammerte sich mit einer Hand am Türrahmen fest, keuchte (ogottogottogott), war puterrot im Gesicht und deutete mit der anderen Hand permanent auf seinen Hals.
    Ich war mir nicht so richtig sicher, was ich tun sollte. Ich erkannte aber innerhalb von blitzschnellen 25 Sekunden: Dieser Mann hatte ein Problem, und er schien ein gewisses Vertrauen dareinzusetzen, dass ich es lösen konnte, obwohl er mich gar nicht kannte. Und mal ganz ehrlich: Man lässt seinen soeben aus dem Nichts aufgetauchten Traummann nicht auf seiner Türschwelle krepieren. Während mir all diese Gedanken durch den Kopf schossen, röchelte der Kerl weiter. Es schien eine gewisse Dringlichkeit in diesem Röcheln zu liegen.
    Mit kühlem Kopf traf ich eine rasche Entscheidung. Ich zerrte ihn mit der einen Hand in die Wohnung und mit der anderen haute ich ihm kräftig auf den Rücken. Das brachte aber rein gar nichts, er keuchte und würgte völlig unbeeindruckt weiter. Mittlerweile war seine Gesichtsfarbe dunkelrot. Kurz-vor-dem-Tod-rot. Ich rannte zum Tisch und reichte ihm das volle Weinglas, er stürzte es in einem Zug hinunter, und weil ich so aufgeregt war, goss ich es gleich wieder voll und leerte es auch mit einem Schluck. Der Kerl japste immer noch! Jetzt halfen nur noch drastische Maßnahmen, sonst würde er hier in meiner Wohnung ersticken. Und ich musste dann seine Eltern anrufen! Ich baute mich hinter ihm auf, presste beide Arme an meinen Körper, ballte die Hände und rammte ihm so fest ich konnte meine beiden Fäuste zwischen die Schulterblätter.
    Er flog mit vollem Karacho mit dem Bauch gegen die Tischplatte und dann auf meinen Esstisch, fegte den Teller Chili con carne sin carne auf den Boden und kotzte eine Mischung aus Rotwein und breiartigen Substanzen in blassen Farben auf meine von Dande Dorle geerbte, frisch aufgelegte weiße Tischdecke.
    Dann richtete er sich schwer keuchend auf. Er hustete. Er lebte! Ganz schnell schenkte ich ihm ein Glas Wein ein, er kippte es hinunter, ich goss mir den Rest aus der Flasche ein und trank ebenfalls in einem Zug, dann standen wir beide da und grinsten erleichtert. Er zitterte und sah erschöpft aus, an seinen Mundwinkeln klebten undefinierbare Essensreste, sein Hemd war verschmiert, aber langsam wurde seine Gesichtsfarbe normal und sein Atem ging ruhiger.
    »Sie ... Sie haben mir das Leben gerettet«, brach es aus ihm heraus.
    »Du«, korrigierte ich automatisch. Man siezt keine Lebensretter. Ich konnte nicht aufhören zu grinsen, was nach zwei Gläsern Rotwein, die ich auf fast leeren Magen hinuntergestürzt hatte wie Wasser nach einer Wüstenwanderung, nicht wirklich verwunderlich war.
    »Ich bin übrigens Leon«, sagte er. »Dein neuer Nachbar. Eigentlich wollte ich mich auf konventionellere Weise bei dir vorstellen.«
    Meine Mundwinkel zogen sich jetzt vom linken bis zum rechten Ohrläppchen vor lauter Begeisterung. Nicht nur hatte ich diesem schnuckeligen Kerl das Leben gerettet, so dass er mir ewig dankbar sein und sich sofort in mich verlieben würde, er wohnte auch noch neben mir, so dass wir uns auch in Zukunft regelmäßig und total spontan und natürlich begegnen würden!
    »Line«, sagte ich. »Ich heiße Line.«
    »Line, freut mich sehr. Von Caroline?«
    »Äh, nein. Von Pipeline.« Er zog eine Augenbraue hoch und grinste. Das war die übliche Reaktion, wenn ich mich vorstellte. Bei ihm sah es nett aus. Irgendwie cool, ohne überheblich zu wirken. Normalerweise machten die Leute dann noch irgendeinen blöden Witz, den ich schon dreitausendsieben-hundertzwölfmal gehört hatte. Ich wartete auf Witz

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