Laugenweckle zum Frühstück
dreitau-sendsiebenhundertdreizehn, aber er kam nicht.
»Was für eine Sauerei«, er deutete auf das Tischtuch und den grauen Teppichboden, auf dem das Chili con carne sin carne zusammen mit den Tellerscherben eine Art Hundehaufen formte, wie man sie normalerweise auf Berliner Spielplätzen vorfand. »Tut mir wirklich leid. Ich nehme das Tischtuch mit rüber zum Waschen und kümmere mich dann um den Fußboden.«
»Ach, das olle Tischtusch, ist doch gar nicht schlimm«, sagte ich fröhlich und meinte es ernst. Au Mann, ich war schon ganz schön blau. Leon wickelte das stinkende Tischtuch ein.
»Möchtest du noch etwas essen?«, fragte ich. »Ich schätze mal, du hast nicht mehr viel im Magen, und mein Essen liegt auf dem Fuffboden. Aber ich habe noch einen grofen Topf Chili con carne fin carne in der Küche. Müffte man nur noch mal aufwärmen.«
Er grinste wieder und schien nicht zu bemerken, dass ich Artikulationsprobleme hatte.
»Chili klingt gut. Da sind bestimmt keine Gräten drin, oder?«
»Hattest du eine Gräte im Hals? Ich hätte auf Hühnerknochen getippt.« Daran war der Dackel von Herrn Tellerle gestorben.
Er schüttelte den Kopf. »Fisch.«
»Das muss aber ein großer Fisch gewesen sein«, sagte ich. Das wurde ja immer besser, der Kerl konnte auch noch Fisch kochen! Ich liebe Fisch! Sicherlich war er ein großartiger Koch! Eine großartige Partie! Bestimmt konnte er im Schlaf Langusten, Austern und Seeteufel zubereiten!
Er schüttelte wieder den Kopf. »Fischstäbchen.«
Ich starrte ihn ungläubig an. »Fischstäbchen???«
Er zuckte mit den Schultern. »Fischstäbchen. Hätte ich auch nicht geglaubt, wenn es mir jemand erzählt hätte.«
»Junge, Junge!« Einen Augenblick standen wir da und sannen darüber nach, welche Gefahren von einem gewöhnlichen Fischstäbchen ausgehen konnten. Eigentlich kein Wunder. Die meisten Unfälle passierten nun mal im Haushalt.
»Ich mache dir einen Vorschlag.« Hurra, ein Mann mit Initiative! »Ich mache mich ein bisschen sauber, du wärmst solange das Chili auf und dann stoßen wir mit einer Flasche Prosecco darauf an, dass ich den morgigen Tag noch erleben darf. Ich hab noch einen im Kühlschrank.«
»Großartiger Plan!«, rief ich aus. Ich hatte ja auch schon lange keinen Prosecco mehr getrunken! Leon verschwand mit der Tischdecke in der Hand aus der Wohnung und ich marschierte in die Küche. Nach zehn Sekunden klingelte es. Das war aber schnell gegangen. Ich öffnete. Leon hatte immer noch die Tischdecke in der Hand und die Essensreste an der Backe. Diesmal röchelte er nicht, guckte aber ziemlich betreten.
»Es gibt da ein kleines Problem«, sagte er. »Meine Wohnungstüre ist zugefallen. Der Schlüssel liegt drin.«
»Du bist ja vermutlich auch ziemlich plötzlich aufgebrochen«, sagte ich.
Er nickte. »Ich werde den Schlüsseldienst anrufen müssen.«
»Hast du nirgendwo einen Ersatzschlüssel deponiert?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin ja gerade erst eingezogen.«
Wenn ich mir’s genau überlegte, wohnte ich seit zwei Jahren in der Reinsburgstraße und hatte auch nirgends einen Wohnungsschlüssel deponiert. Vielleicht konnten wir ja einen Schlüsseltausch machen? Früher oder später würde es ja sowieso dazu kommen.
Ich drückte Leon die Gelben Seiten in die Hand und deutete auf mein Telefon.
»Äh, vielleicht könnte ich erst mal kurz dein Bad benutzen? Ich glaub, ich seh grad etwas unappetitlich aus. Außerdem könnte ich die eingesaute Tischdecke dort ablegen.«
»Klar, dahinten«, sagte ich und spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Leon sah nicht unappetitlich aus. Seit er meine Wohnung zum ersten Mal betreten hatte, hatte er sich vor meinen Augen schon mehrmals in ein Riesentiramisu auf zwei Beinen und dann wieder zurück in Leon verwandelt.
Ich wurschtelte in der Küche herum und bemühte mich, Geräusche zu machen, die verrieten, wie souverän ich mit meinem Kochtopf und meinen Suppentellern zurechtkam. Leon hatte das Bad verlassen und telefonierte mit dem Schlüsseldienst. Dann kam er in die Küche und sah schon wieder ziemlich zerknirscht aus. »Offensichtlich hat sich halb Stuttgart heute Abend ausgesperrt. Sie meinten, sie könnten erst in zwei Stunden kommen. Ich werde dir also noch eine Weile auf die Nerven gehen müssen.«
»Ach, das macht doch nichts! Ich hatte sowieso nichts vor heute Abend. Und einen Prosecco hab ich auch noch.«
Das sagte ich, aber innerlich führte ich einen Indianertanz auf und musste mich
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