Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
Schein der Taschenlampen folgten sie dem abschüssigen Gang in die Tiefe. Er war verwinkelt und wurde immer enger, je weiter sie vordrangen. Der faulige Geruch nahm ihnen jetzt beinahe den Atem. Die Wände glänzten vor Nässe, es tropfte unentwegt von der Decke, und auf dem Boden hatten sich vereinzelte Pfützen gebildet. Sie mussten aufpassen, dass sie sich keine nassen Füße holten.
Wenig später war der Ausflug plötzlich zu Ende.
Albin Ellerking war wütend. Äußerst wütend sogar. Er kickte einen Stein vom Kiesweg, verkroch sich missmutig tiefer in seinen dicken Filzmantel und setzte den Kontrollgang durch den Park von Ravenstein schlurfend fort.
Groll saß auf seiner Schulter und spähte wie sein Herrchen nach allen Seiten. Doch alles war ruhig, und niemand war zu entdecken.
Kein Wunder!, ärgerte sich der Gärtner im Stillen. Wer war denn auch so unvernünftig und trieb sich in einer so ungemütlichen Nacht im Freien herum? Niemand - außer ihm natürlich. Dabei lag er doch sonst um diese Zeit längst in seinem warmen Bett. Dass er sich nun aber die Nacht um die Ohren schlagen musste, daran war nur diese Schlange schuld.
Rebekka Taxus.
Nach dem Abendessen hatte sie ihn beiseite genommen und ihn eindringlich gemahnt, von nun an doppelt wachsam zu sein. Nichts dürfe mehr schief gehen, und niemand dürfe ihre Pläne mehr stören. Deshalb hatte sie ihm auch aufgetragen, von nun nach Anbruch der Schlafenszeit regelmäßig eine Runde um die Burg und durch den Park zu drehen, um nach dem Rechten zu sehen und auf jede verdächtige Regung zu achten.
»Niemand darf unbemerkt in die Gruft gelangen, hörsst du!«, hatte sie ihn angezischt und ihn mit ihrem kalten Natternblick fixiert. »Und wenn dass trotzsdem gesschehen ssollte, dann möchte ich nicht in deiner Haut sstecken. Dann werde ich nämlich bösse werden - und Borboron auch. Ssehr, ssehr bösse!«
Albin Ellerking hatte schon zu einer Antwort ansetzen wollen, es dann aber doch lieber bleiben lassen. Zum einen, weil es sinnlos gewesen wäre, und zum anderen, weil er wusste, dass die Taxus sich unnötig sorgte.
Bisher war es noch niemandem gelungen, unbemerkt in die Gruft zu gelangen. Die Krähen hatten noch jeden unbefugten Eindringling erspäht und Alarm geschlagen. Kein Mensch konnte ihren Spähaugen entgehen. Nicht am Tag und auch nicht in der Nacht. Außerdem würde es ohnehin keiner der Schüler wagen, sich zu nächtlicher Stunde zur Gruft zu begeben. Dazu hatten sie viel zu viel Angst. Besonders seit sich das bedauerliche Schicksal von Alain Schmitt herumgesprochen hatte.
Albin Ellerking musste grinsen. Die Sache mit Alain Schmitt war seine Idee gewesen. Eine brillante Idee, wie er fand, aber die Schlange von Taxus hatte sich nicht einmal dafür bedankt. Und Quintus Schwartz natürlich auch nicht. So war das eben! Er musste die Drecksarbeit übernehmen und erntete dafür nicht die geringste Anerkennung.
Der Gärtner seufzte. Der Anblick des ehemaligen Stallgebäudes, in dem seine winzige Wohnung gelegen war, besänftigte sein aufgewühltes Gemüt und versöhnte ihn etwas mit dem fortwährenden Unrecht, das das Schicksal für ihn bereithielt. Endlich neigte sich der Kontrollgang dem Ende zu. Nur noch wenige Minuten, und er würde in seinem weichen Bett liegen und in den ersehnten Schlummer fallen.
Ellerking steuerte schon auf die Eingangstür zu, als Groll plötzlich laut fauchte. Und dann noch einmal. Überrascht blieb der Gärtner stehen, drehte sich um - und da erblickte er die Krähen. Weit in der Ferne kreisten sie am Nachthimmel über dem Henkerswald. Direkt über der Alten Gruft. Keine gab einen Laut von sich, aber Albin Ellerking war dennoch schlagartig klar, dass es einen Grund für dieses ungewöhnliche Verhalten geben musste.
Irgendetwas stimmte hier nicht - aber was?
Albin Ellerking fiel keine einleuchtende Erklärung ein, und so beschloss er, einfach nach dem Rechten zu sehen. Sicher ist sicher, dachte er. Mit Rebekka Taxus war schließlich nicht zu scherzen.
Und mit Borboron erst recht nicht.
Die Freunde standen ratlos vor einer Mauer, die das weitere Vordringen unmöglich machte.
»Eigenartig«, stellte Laura nachdenklich fest.
»Du sagst es«, pflichtete Kaja ihr bei. »Ich verstehe auch nicht, warum sie den Gang einfach zugemauert haben.«
Laura schüttelte den Kopf. »Ich meine nicht die Mauer.«
»Nein? Was meinst du denn?«
»Hat Magda neulich nicht erzählt, dass dieser Junge - er hieß Alain Schmitt, wenn ich
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