Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
mich recht entsinne - von einer einstürzenden Wand erschlagen wurde?«
»Ja, und?«
»Das fragst du noch? Hast du etwa eine eingestürzte Wand gesehen?«
»Nein«, antwortete Kaja arglos, aber dann fiel endlich auch bei ihr der Groschen. »Aber - das würde ja bedeuten ...«
»Genau! Irgendjemand hat die Geschichte frei erfunden. Fragt sich nur, warum?«
Niemand antwortete, schließlich gab es dringendere Probleme zu lösen. Ratlos blickten die Freunde auf das Hindernis.
»Und jetzt?«, fragte Kaja und blickte Lukas erwartungsvoll
an.
Doch der Junge schwieg.
»Du hast doch sonst immer für alles eine Lösung!«, spöttelte Kaja. »Aber wenn's dann wirklich mal drauf ankommt, weißt du auch nicht weiter.«
Lukas wollte schon zurückgiften, aber da ging Laura dazwischen.
»Hey!«, fuhr sie die Freunde scharf an. »Lasst den Quatsch, ja?«
Die beiden schwiegen, und Laura wandte sich wieder der Mauer zu. Sie leuchtete sie mit der Taschenlampe von oben bis unten ab. Sie klopfte dagegen und fuhr mit den Fingerspitzen über die Oberfläche der Steine. Dann holte sie das Bruchstück, das sie in der Bibliothek gefunden hatte, aus der Tasche und hielt es zum Vergleich an die Wand. Es hatte die gleiche Farbe und die gleiche Maserung wie die Steine in der Mauer, und Laura machte ein zufriedenes Gesicht.
»Wenn ich mich nicht sehr täusche, dann besteht die Wand hier ebenfalls aus maltesischem Marmor. Und nach allem, was Percy uns erzählt hat, muss die Grabkammer direkt dahinter liegen.«
»Klingt logosibel«, antwortete Lukas. »Fragt sich nur, wie wir da reinkommen.«
Anstelle einer Antwort ließ Laura erneut den Lichtkegel der Lampe über die Mauer kriechen und leuchtete sorgfältig jedes Fleckchen ab. Doch es war nichts Auffälliges zu erkennen. Ein Stein glich dem anderen. Reihe für Reihe waren die Quader aufeinander geschichtet und bildeten ein unbezwingbares Hindernis.
Plötzlich entdeckte Laura ein kleines Relief, das in einen der Steinquader gemeißelt war. Es befand sich in Kniehöhe am äußersten rechten Rand der Wand. Sie ging davor in die Hocke und nahm es näher in Augenschein. Lukas und Kaja stellten sich hinter sie, beugten sich über ihre Schulter und richteten ihre Lampen ebenfalls auf das Relief. Nun konnte Laura erkennen, dass es sich lediglich um ein Fragment handelte, denn ausgerechnet an dieser Stelle war ein Stück aus dem Stein herausgebrochen. Dort, wo eigentlich die obere Hälfte des Reliefs sein sollte, klaffte ein kleines Loch in der Wand. Darunter war der Rumpf eines Pferdes mitsamt Beinen sowie die Beine von zwei Reitern in Rüstungen zu erkennen. Ein Halbkreis aus lateinischen Wörtern bildete den äußeren Rand der bruchstückhaften Gravur. Laura wusste dennoch sofort, worum es sich handelte.
»Das Siegel der Tempelritter«, flüsterte sie den Freunden überrascht zu.
Sie hielt das Fundstück aus der Bibliothek daneben - kein Zweifel, darauf befand sich eindeutig die fehlende obere Hälfte des Reliefs. Der Steinbrocken stammte also aus dieser Wand.
Was hat das zu bedeuten?, überlegte Laura. Warum hat Papa das Fragment mitgenommen und versteckt?
Da hatte sie eine Eingebung. Sie versuchte den Steinbrocken an seiner ursprünglichen Stelle einzufügen und drückte ihn in das Loch in der Mauer, was ohne Probleme gelang. Dann jedoch klemmte das Bruchstück. Es stand noch ungefähr einen halben Zentimeter aus der Mauer hervor, ließ sich aber selbst durch kräftiges Drücken nicht weiter bewegen. Kurzerhand drehte Laura ihre Taschenlampe um und verpasste dem Stein einen kräftigen Schlag mit dem Lampenstiel. Und siehe da: Der Stein rutschte vollends in die Wand, und das Siegel war damit komplett. Nichts deutete mehr darauf hin, dass kurz vorher noch ein Teil gefehlt hatte.
Augenblicklich erhob sich ein unheimliches Rumpeln und Rumoren aus der Tiefe der Gruft. Laura richtete sich hastig auf und schaute die anderen erschrocken an. Das Rumpeln kam immer näher und nahm stetig an Lautstärke zu. Plötzlich begann die Mauer vor ihnen zu beben.
Die drei sprangen zwei Schritte zurück, wechselten entsetzte Blicke und starrten dann wieder mit großen Augen auf die immer stärker vibrierende Wand. Staub rieselte von der Decke herab, und im Schein der Taschenlampen konnten sie unzählige Spinnen erkennen, die hastig davonkrabbelten. Dann fing der Boden unter ihnen an zu schwanken. Ganz leicht nur, aber es war trotzdem deutlich zu spüren.
Kaja packte Lauras Hand und klammerte sich daran
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