Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
alarmieren?«
Erneut schüttelte Laura den Kopf. »Nein, werden sie nicht«, sagte sie bestimmt.
»Wie ... wie willst du das denn verhindern?«
»Ich nicht«, antwortete Laura, und ein kleines Lächeln trat in ihr Gesicht. »Aber unser Freund hier!«
Damit griff sie in die Tasche ihrer Winterjacke - der rote Stepp-Anorak, den sie Magda geliehen hatte, war bei dem Unglückssturz zerrissen und nicht mehr zu gebrauchen - und holte das Fläschchen mit dem Nebel hervor.
Erwartungsvoll starrten die Freunde auf das dunkelgrüne Glasgefäß.
»Macht die Lampen aus«, bat Laura. Kaja und Lukas löschten die Taschenlampen und ließen sie in ihre Jackentaschen gleiten. Nachdem Laura ihrem Beispiel gefolgt war, zog sie den Korken aus dem Flaschenhals. Zunächst tat sich überhaupt nichts.
Laura runzelte die Stirn. »Vielleicht ... schläft er?«, überlegte sie und klopfte mit ihrem Zeigefinger sachte gegen das Glas. Nur wenige Augenblicke später quoll weißer Rauch aus der Flasche, wurde dichter und dichter. Rauenhauch wuchs zu einer übermannsgroßen Nebelwolke und ließ ein herzhaftes Gähnen hören. Dann meldete er sich mit seiner heiseren Flüsterstimme zu Wort.
»Womit Euch dienen ich kann, Herrin - dienen ich kann?«
»Gib uns Schutz, Rauenhauch«, befahl Laura dem Flüsternden Nebel, »und hülle uns ein, damit wir nicht gesehen werden.«
»Euer Wunsch Befehl mir ist, Herrin - Befehl mir ist!«
Ein leises Zischen war zu hören, und dann ein Wehen, das wie der sanfte Hauch des Windes klang. Es kam Bewegung in die Nebelwolke. Sie begann sich zu verformen und auszudehnen und glitt langsam auf die Freunde zu. Sie schlängelte sich um die drei herum, bis sie vollständig von weißem Dunst eingehüllt waren.
»Es Euch recht so ist, Herrin - recht so ist?«, erkundigte sich Rauenhauch, nachdem er Lauras Befehl nachgekommen war.
»Alles super!«, tönte es aus dem Nebel. »Nichts wie los!«
Bald tauchten die schattenhaften Umrisse der Alten Gruft zwischen den mächtigen Bäumen auf. In ihren Wipfeln konnte Laura das Heer der Misteln entdecken, deren Gestalt die unheimlichen Krähen, die den Eingang zur Gruft bewachten, angenommen hatten, um über ihre Anwesenheit hinwegzutäuschen.
Kaum wurde die Nebelwolke zwischen den Bäumen sichtbar, als die Verwandlung auch schon einsetzte, und nur Augenblicke später waren aus den Misteln riesige Krähen geworden. Die Vögel schienen allerdings schläfrig zu sein. Träge dösten sie auf den Ästen vor sich hin. Ihr Gefieder schimmerte bläulich schwarz im fahlen Licht des Mondes.
Plötzlich wurden einige der Totenvögel von einer seltsamen Unruhe erfasst, und ihre Knopfaugen leuchteten auf wie kleine Lichtpunkte. Unruhig wippten die Krähen auf und ab und traten von einer Kralle auf die andere. Sie spreizten die Flügel, reckten die Hälse und starrten in die Tiefe, wo der Nebelhaufen auf die Gruft zu waberte. Einige von ihnen öffneten die Schnäbel, aber noch gab keine einen Laut von sich.
Im Schlafzimmer des Professors war es still. Aurelius Morgenstern lag in seinem Bett und war in einen fiebrigen Schlaf gesunken. Schweiß stand auf seiner Stirn, unruhig warf er den Kopf auf dem Kissen hin und her. Immer wieder bewegte er die Lippen und murmelte kaum verständliche Worte: »Laura ... aufpassen ... Laura ...«
»Was will er uns wo'l damit sagen?« Percy sah Miss Mary, die auf einem Hocker vor dem Bett saß, fragend an. »Vielleischt ... möschte er uns damit etwas andeuten?«
»Vielleicht«, antwortete Mary beklommen. »Aber vielleicht macht Aurelius sich einfach auch nur Sorgen um Laura. Es steht eine Menge auf dem Spiel, und es wäre nur zu verständlich, wenn das Wissen um ihre schwere Aufgabe ihn selbst noch im Fieber quälen würde.«
Percy kniff die Augen zusammen, seine Stirn legte sich in nachdenkliche Falten, während er die besorgte Lehrerin musterte. Ihr kastanienbraunes Haar schimmerte matt im Schein der Kerze, die auf dem Nachttisch brannte. Ein würziger Kräutergeruch stieg aus dem irdenen Becher auf, der neben dem Leuchter vor sich hin dampfte.
Da fuhr Aurelius Morgenstern plötzlich in seinem Bett hoch. Er riss die Augen weit auf und starrte mit wirrem Blick in eine unbestimmte Ferne. »Die Hunde!«, stieß er atemlos hervor. »Die Hunde der Nacht! Sie werden sie tö-«
Er brach ab und rang röchelnd nach Luft. Sein Gesicht war angstverzerrt. Percy und Mary sahen sich erschrocken an, aber da kamen auch schon weitere Worte über die Lippen des
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