Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
und auf die Kraft des Liischts, dann wird dir alles gelingen, selbst wenn es dir im Augenblick noch völliisch unmögliisch erscheinen mag!«
Fragen über Fragen schwirrten Laura durch den Kopf. Aber sie sagte kein Wort. Sie schaute den blonden Wächter nur stumm an. Ein Gefühl von Kraft und Wärme durchströmte sie, und obwohl es ihr immer noch schwer fiel, Percys Zuversicht zu teilen, lächelte sie zaghaft.
»So gefälltst du mir schon viel besser, Laura!«, lobte der Lehrer. »Auch wenn iisch dir keine große ‘ilfe sein kann, so weiß iisch zumindest eine Lösung für dein dringendstes Problem – iisch kenne nämlisch jemanden, der eusch liebend gerne zum Kloster bringen wird!«
Attila Morduk drehte sich zu Laura um und grinste über das ganze Bowlingkugel-Gesicht. »Auf die Idee, mich zu fragen, hättest du ja auch von alleine kommen können.« Der vorwurfsvolle Ton in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Das Mädchen, das neben seinem Bruder im Fond von Morgensterns Limousine saß, verzog nur wortlos das Gesicht, während Lukas sich die Gelegenheit zu einem beißenden Kommentar natürlich nicht entgehen ließ. »Was kann man von einem Spar-Kiu schon anders erwarten«, sagte er und blinzelte dem Mann hinter dem Lenkrad verschwörerisch zu.
Laura schnitt ihm eine verärgerte Grimasse und starrte dann wieder hinaus in das Dunkel der Nacht, das wie ein unterbelichteter Film vor den Scheiben des Autos vorbeihuschte. Sie konnte kaum etwas erkennen. Kurz nach Hinterthur waren fette Wolken am Himmel aufgezogen und hatten den Mond verschluckt, sodass Laura die Landschaft draußen nur erahnen konnte. Wenn sie sich nicht täuschte, hatten sie soeben das Hochtal erreicht, an dessen Ende das Kloster »Zum Heiligen Stein« gelegen war.
Der Motor des museumsreifen Wagens – ein geräumiger Opel Kapitän, wie er schon seit Jahrzehnten nicht mehr gebaut wurde – schnurrte trotz seines hohen Alters sanft wie ein Kätzchen, während sie auf das Kloster zufuhren. Attila Morduk lehnte träge im Fahrersitz, hatte die Lippen gespitzt und pfiff ein leises Lied vor sich hin. Laura erinnerte sich sofort: Es war die gleiche Melodie, die der Hausmeister in jener Nacht zum Besten gegeben hatte, in der sie auf der Suche nach dem Bibliotheksschlüssel zum ersten Mal in seine Hütte eingedrungen war. Ihre damalige Begegnung mit Cleopatra, seiner Riesenboa, würde sie im ganzen Leben nicht mehr vergessen. Der Schreck war ihr so tief in die Glieder gefahren, dass er sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt hatte.
Verwundert beobachtete das Mädchen, wie Attila mit einem Mal zum Armaturenbrett griff und einen Schalter umlegte. Augenblicklich erloschen die Scheinwerfer, und die Welt vor dem Auto versank im Meer der Dunkelheit. »Hey!«, rief Laura besorgt aus. »Was soll das?«
»Eine reine Vorsichtsmaßnahme«, erklärte Attila mit sanfter Stimme. »Auch wenn die frommen Brüder wahrscheinlich schon schlafen, sollten wir lieber auf Nummer sicher gehen und so unauffällig wie möglich bleiben, findest du nicht?«
»Ja, schon.« Laura starrte ängstlich durch die Windschutzscheibe. »Aber – ohne Licht kannst du die Straße doch gar nicht sehen?«
»Keine Angst!« Der gutmütige Klotz grinste. »Weißt du denn nicht mehr, dass wir Zwergriesen uns im Dunklen fast ebenso gut zurechtfinden wie bei Tageslicht?«
So was Blödes aber auch! Wie hatte sie nur vergessen können, dass Attila Morduk der letzte noch lebende Zwergriese war? Dabei hatte er ihr erst kürzlich von seinen Vorfahren erzählt, die einstmals in großer Zahl die bewaldeten Regionen des Kontinents besiedelt hatten. Ein ebenso friedfertiges wie fleißiges Völkchen, das durch seine Schmiedekunst weithin berühmt war. Wie alle Schmiede in jenen längst vergangenen Zeiten verbrachten auch die Zwergriesen einen großen Teil ihres Lebens auf der Suche nach Erzen und Metallen in den Höhlen und weit verzweigten Ganglabyrinthen ihrer gebirgigen Heimat. Deshalb waren ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Natürlich verfügte auch Attila Morduk als der letzte seiner Gattung über diese außergewöhnliche Fähigkeit und konnte sich deshalb noch in der finstersten Nacht mühelos orientieren.
» S orry«, sagte Laura hastig. »War blöd von mir.«
»Kein Problem.« Morduks Shrek-Gesicht grinste ihr aus dem Rückspiegel breit entgegen. »So ganz Unrecht hast du ja auch nicht: Seit meinem hundertzweiundvierzigsten Geburtstag kann ich mich des Eindrucks nicht
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